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Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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die offensichtliche Frage. Die einzige Frage. Auf einmal verspürte Balthasar so etwas wie Mitleid mit dem Zimmermann. Musste er ihn wirklich darauf hinweisen?
    »Sie wird vor eurer Hochzeit schwanger, und du hältst das für eine Art … Wunder?«
    Josef starrte Balthasar wütend an. Der gelbe Bluterguss unter seinem Auge verfärbte sich bereits blau.
    »Ich weiß, was ich gesehen habe«, sagte er.
    »Ich finde, das einzige Wunder ist, dass du ihr geglaubt hast«, sagte Caspar.
    Balthasar konnte nicht anders. Er musste lachen. Melchyor fiel mit ein, auch wenn er den Witz nicht so ganz verstand. Doch er verstand die Art, wie Josef aufstand und auf sie zukam – und sie gefiel ihm nicht. Er und die anderen Weisen erhoben sich und standen mitten im Stall Josef gegenüber. Balthasar sah jenen Blick in den Augen des Zimmermanns. Den Blick eines Mannes, dessen Ehre gerade verletzt worden war, und der etwas dagegen unternehmen wollte. Komm schon, kleiner Zimmermann. Diesmal verpass ich dir mehr als eine blutige Nase …
    Maria erhob sich hinter Josef, das Baby immer noch wiegend. Sie packte ihn am Arm. »Es ist sinnlos«, sagte sie.
    »Ich weiß, was ich gesehen habe«, versicherte Josef, wobei er Balthasar direkt in die Augen sah. »Ich erwarte nicht, dass ein Mann wie du mir Glauben schenkt.«
    »Gut«, sagte Caspar. »Denn man könnte nur von einem Narren erwarten, dass er eine derart absurde Geschichte glaubt.«
    Nun wurde Maria wütend, und Josef musste sie zurückhalten.
    »Ihr könnt mich beleidigen«, rief sie, »aber ich werde es nicht zulassen, dass ihr meinen Ehemann beleidigt!«
    Sie kam immer weiter auf sie zu, deutete mit der freien Hand auf ihre Gesichter und schrie sie an. Josef tat, was er konnte, um sie zurückzuhalten, ohne dem Baby wehzutun – das, trotz des Lärms und der Unruhe, keinen Laut von sich gab.
    »Ich werde nicht zulassen, dass ihr euch über das lustig macht, was wir gesehen haben!«, rief sie. »Und ich werde nicht zulassen, dass ihr den Namen Gottes beleidigt!«
    »Schön«, sagte Balthasar. »Beruhige dich einf…«
    »Ich werde mich nicht beruhigen! Ihr kommt hier herein und greift uns an! Beleidigt uns!«
    »Bring dein Weib zum Schweigen!«, herrschte Caspar Josef an. »Es wird noch die ganze Stadt aufwecken!«
    »Ich werde nicht still sein!«, schrie Maria.
    »Schreib mir gefälligst nicht vor, was ich tun soll!«, schrie Josef Caspar an.
    »Hey, hey, hey, HEY !«, rief Balthasar.
    Die Kraft der letzten Silbe reichte aus, dass alle den Mund hielten. Es herrschte wieder Stille im Stall. Selbst die Tiere schienen zu begreifen.
    »Genug …«
    Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und massierte sich die Kopfhaut darunter. Sein Kopf tat immer noch höllisch weh, und das hier half nicht gerade. Er wollte bloß eine Minute lang die Augen zumachen.
    »Seht mal, ich bin mir sicher, dass alles wahr ist, was ihr sagt. Ich bin mir sicher, die Engel sind vom Himmel herabgestiegen und haben euch erzählt, was immer sie euch erzählt haben. Was auch immer ihr sagt, wir glauben es, okay? Aber wir drei? Wir haben Besseres zu tun, als zwei Fanatikern beim Geschichtenerzählen zuzuhören. Nämlich ein paar Stunden zu schlafen.«
    Da war wieder jener Blick in den Augen des Zimmermanns. Doch weil Balthasar zu einem Ende des Disputs kommen und sich ausruhen wollte, ignorierte er ihn.
    »Tja … leider können wir euch nicht gehen lassen«, sagte Balthasar.
    Josef ergriff das Wort. »Aber die Männer des Herodes sind …«
    »Das ist mir egal. Ich kann nicht riskieren, euch ziehen zu lassen, damit ihr irgendeinem Soldaten erzählt, wo drei schlafende entflohene Verbrecher zu finden sind.«
    »Warum würden wir zu eben den Soldaten gehen, die nach unserem Baby suchen?«, fragte Maria.
    »Sobald wir fort sind, seid ihr frei. Aber wenn ich die Augen aufmache und sehe, wie ihr versucht, euch hier rauszuschleichen, oder wenn ich sehe, wie er wieder nach dieser Mistgabel greift, passiert hier drinnen etwas richtig Übles. Und damit Schluss.«
    Balthasar wartete keine Antwort ab. Es war ihm egal. Er wollte nur die Augen schließen. Er setzte sich. Caspar und Melchyor folgten seinem Beispiel. Josef führte seine Frau zurück zu ihrer Stallseite und half ihr, sieh auf dem Boden niederzulassen.
    »Ihr solltet euch schämen«, sagte sie.
    »Du hast bestimmt recht.« Balthasar rollte sich auf die Seite. »Und jetzt sei still.«
    »Ihr alle solltet euch schämen. Jeder Mensch, der sich nicht um …«
    » GENUG

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