Die nachhaltige Pflege von Holzböden
einer Miene von zenmäÃigem Gleichmut ein Dielenbrett einsetzt. Allein schon das Buch in der Hand zu halten, wirkte ermutigend. So ein solides altes Handbuch wusste bestimmt, was zu tun war. Ich schlug es auf. Natürlich steckte ein Zettel von Oskar vorne drin â mehr als eine Notiz, ein richtiger Brief diesmal, der fast eine ganze DIN -A4-Seite füllte, in groÃzügigerer Schrift als auf den Notizzetteln, darüber eine Zeile in GroÃbuchstaben, die vielleicht hinterher angefügt worden war.
WENN NICHTS MIT DEM BODEN PASSIERT IST ,
DANN IGNORIERE BITTE DIESE BOTSCHAFT .
Darunter stand:
Mein lieber Freund,
WENN DU GERADE ETWAS VERSCHÃTTET HAST , WISCH ES SOFORT MIT EINEM NASSEN LAPPEN AUF ! LASS ES NICHT EINTROCKNEN !
Aber wenn Du diese Botschaft findest, hast Du auch das Buch gefunden, also ist es wahrscheinlich schon zu spät. Du hast es mit Wasser versucht, und es hat nicht funktioniert. Der Boden hat einen Fleck. Vielleicht kann dieses Buch Dir helfen, aber ich glaube nicht, dass Du den Schaden reparieren kannst.
Mein Magen krampfte sich zusammen, und mein Gesicht wurde heiÃ. Ich biss mir auf die Lippen. Hallo? Ich glaube nicht, dass Du den Schaden reparieren kannst? So eine Frechheit! Ich kannte Oskars Arroganz, sein hochmütiges Abqualifizieren, aber jede neue Kostprobe davon konnte noch immer verletzen. Am liebsten hätte ich zwei Flaschen Roten auf dem Boden zerschlagen und meinen Namen mit dem Flaschenhals in den Boden geritzt.
Aber das kam natürlich nicht infrage. Ich würde den Schaden beseitigen, spurlos, und ungeschoren davonkommen. Es würde ein geheimer Triumph werden, doch die Genugtuung wäre mir sicher. Und was die Katze betraf, würde ich standhaft lügen. Sie war eben einfach nicht zurückgekommen. Vielleicht wegen Oskars langer Abwesenheit, würde ich ihm noch ein bisschen schlechtes Gewissen machen. Wenn die Putzfrau mir widersprach, würde ich sie für verrückt erklären. Meine Geschichte war viel glaubwürdiger als die ihre. Keine Leiche, kein Verbrechen.
Der Brief ging weiter:
Der Boden war teuer. Die beste Art, so etwas zu pflegen, besteht darin, es nicht zu beschädigen. Wenn mit dem Boden etwas passiert ist, ruf mich bitte an und lass es mich wissen.
Wieso? Wozu wollte er es denn wissen, wenn alle Vorsicht nichts genützt hatte und der leider entstandene Schaden nicht mehr zu beheben war? Was konnte er mir dann noch raten, was nicht schon auf einem seiner zahllosen Zettel stand? Was wollte er dann tun? Nach Hause kommen, um das Desaster zu inspizieren und Vergeltung zu üben? Undenkbar war das nicht. Aber wahrscheinlich entsprang der Wunsch, angerufen zu werden, nur seiner üblichen Kontrollsucht. Abgesehen davon, dass er sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen würde, mal wieder wen abzukanzeln.
Ich las weiter, innerlich kochend, verwundert über die Länge der Botschaft.
Wenn es eine Chance auf Abhilfe gibt, findest Du sie in dem Buch, doch es könnte mehr Schaden als Nutzen bringen. Es ist wirklich wichtig, dass Du mich anrufst, bevor Du irgendwas versuchst. Ich könnte Dir vielleicht helfen.
Jetzt wiederholte er sich nur noch.
Der Boden bedeutet mir viel. Als ich die Wohnung kaufte, entschied ich als Erstes, den neuen Boden verlegen zu lassen. Dazu musste alles umgemodelt werden: neuer Boden, neue Küche, neue Möbel, alles nach meinen Vorgaben ausgeführt. Es gab alte Holzdielen, knarzig und abgetreten. Viele Leute mögen das, Du bestimmt auch, aber ich wollte neue Dielen. Alles sollte vollkommen sein, ich konnte eine Insel der Vollkommenheit schaffen, und von da an würde der Rest des Lebens auch vollkommen werden. Ich weiÃ, man sagt immer gern: »Nichts ist vollkommen.« Aber das ist nicht wahr. Der Boden ist, war, vollkommen. Die Wohnung ebenso. Und das Leben auch. Vollkommenheit zu schaffen, bedarf einiger Mühe und weiterer, sie zu erhalten. Ich erinnere mich an unser Gespräch damals im Pub â dass ich zu viel von den Menschen erwarte. Seitdem steckt es wie ein Pfeil in mir. Ich bin Enttäuschungen gewohnt und glaubte, ich würde irgendwann Leute treffen, die mich nicht enttäuschen, und die anderen würde ich mir schon in meinem Sinne erziehen. Du sagtest, ich solle meine Erwartungen an die Menschheit herabschrauben. Du sagtest, ich solle weniger gut von den Menschen denken! Dabei ist es so einfach, eine Beschädigung der Böden zu vermeiden.
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