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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
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»also in ihren Augen auch ein Verräter. Und dann?«
    »Dann hat ihm Hitler alle Ämter entzogen. Meine Güte, Monse, was lernt ihr eigentlich in der Schule?«
    »Hat er sich nicht vorher noch auf irgend so einem alten Schloss versteckt? So kenne ich das von Wolfenstein.«
    »Woher?«
    »Von so einem Ballerspiel: Return to Castle Wolfenstein.«
    »Also wirklich, Monse! Langsam wundert mich gar nichts mehr. Und da, ich meine am Computer, spielst du dann Himmler?«
    »Nicht direkt. In der deutschen Version heißt er Heinrich Höller. Anders als im englischen Original sind auch alle Symbole retuschiert. Du knallst im Grunde die ganze Zeit Nazis und andere Zombies ab - aber Grafik und Animation sind echt nicht schlecht.«
    »Das ist ja ungeheuerlich!«
    Fritz stand plötzlich hinter mir, hatte sich umgezogen und wahrscheinlich meine letzten Sätze mitgehört. Sie schienen ihm fast den Atem zu nehmen. Und auch ich zuckte zunächst peinlich berührt zusammen. Da steht man vor einem Regal voller historischer Wahrheit, grübelt und kann sich ewig nicht entscheiden, wie man ihm das alles beibringen soll. Und dann ist es so einfach, Nazis abknallen, ein blödes Computerspiel...
    Wenigstens war es nun raus. Fritz wusste endgültig, woran er mit mir war, auch wenn er vermutlich weder das eine noch das andere verstand. Er suchte immer noch nach Worten, als ihm Gerd den Rest gab, jedenfalls glaubte ich das.
    »Halten Sie einfach den Mund«, fuhr er ihn an, »einem Haufen Feiglinge seid ihr nachgerannt, ohne Ehre und Gewissen - alle. Feige Mörder, zu feige für die Verantwortung, der letzte Dreck!«
    Fritz schloss einen Moment die Augen, dann setzte er seine verbeulte Mütze wieder auf und drehte an der Tür noch mal um.
    »Meine Herren, ich habe Ihnen für einiges zu danken, aber das muss ich mir nicht länger anhören. Auf Wiedersehen!«
    Er nahm kurz Haltung an, nickte förmlich und griff nach der Türklinke. »Stahl, wir gehen. Stahl?«
    »Jawohl!« Josef schreckte auf. Er hatte sich offenbar unbeobachtet gefühlt und gerade seine Schläfen mit der sicher sinnlos teuren Schuhcreme von Herrn Foth nachgefärbt. Sein Blick streifte noch einmal zärtlich den Spiegel in seinem Schoß, danach uns und blieb schließlich bei Fritz hängen: »Aber wohin denn?«
    »Schon gut, Leute«, sagte Gerd, »wir müssen selber los. Hier habt ihr erstmal Ruhe. Morgen sehen wir weiter.«
    Fritz stand mit verschränkten Armen im Flur. Der Vorteil von einem Unterschlupf schien aber selbst ihm einzuleuchten. Eher wahllos griff ich nun in das Regal und legte einen Stapel Bücher auf den Couchtisch neben eine halbe Handgranate, in der Foth seine Visitenkarten aufbewahrte. Irgendein Video, ich glaube Hitlers letzte Schlacht oder so, schob ich in den Rekorder und drückte auf Play. Dann lauschten wir noch zwei Minuten an der Tür. Aber bis auf das Heulen von Tieffliegern war nichts mehr zu hören.
    Vor dem Haus öffnete Gerd zielstrebig seine Autotür, dann das Handschuhfach und trank hastig eine halbe Flasche leer. Erstmals bot er mir von sich aus einen Schluck an, aber ich lehnte ab. Einer musste nüchtern bleiben. Schließlich war das hier kein Computerspiel. Und Gerd redete so schon wirr genug:
    »Ist doch nur Cola drin«, behauptete er zum Beispiel und kurz darauf: »Übrigens, deine Tante ist verschwunden.«
    »Meine Tante? Welche Tante?«
    »Na die aus Wiesbaden. Liesbeth. Es lebt nur noch eine von beiden. Strakka hat mich eben angerufen. Ich war gerade beim Bettenmachen und wollte vor Jagemann nicht auch noch davon anfangen. Strakka war heute dort, nur sie war nicht da. Verschwunden, hieß es - mehr wollten die vom Stift auch nicht sagen. Allerdings, so Strakkas Eindruck, werde auch nicht groß nach ihr gesucht.«
    »Ist doch klar, die will zu ihrem Bruder.«
    »Die Frage ist nur: zu welchem - und ob sie überhaupt weiß, dass Fritz von den Toten auferstanden ist. Die Frage ist sogar, ob sie es jemals erfahren wird. Strakka wollte seine Story über Jägers Lebenslüge nämlich morgen veröffentlichen, aber Jäger hat es per einstweiliger Verfügung verbieten lassen. Vorab. Der Richter ließ sogar die Druckmaschinen stoppen.«
    »Wieso das denn? Kennen die sich etwa auch, Jäger und dieser Richter - aus irgendeiner Kommune, wie ihr alle?«
    Busch schüttelte ungeduldig den Kopf. »Das Problem ist: Strakka hat keine Beweise, Papiere oder so. Elisabeth von Jagemann wäre seine einzige Zeugin gewesen. Bei Jäger dagegen reichte der Ausweis, um in dem

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