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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
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Erich Foth, Filmproduktion. Der hatte mir gerade noch gefehlt! Diese ewigen Nazidokus; wissenschaftliche Beratung stets Professor Zeitz ... Was hatte Gerd denn mit diesen Leuten zu tun?
    »Was sollen wir schreiben, Frau Thorwart?«
    »Wie bitte?«
    »Was wir in unseren Bericht schreiben sollen?«
    »Na, was schon«, antwortete ich, »warum Sie nicht gleich erste Hilfe geleistet oder wenigstens welche gerufen haben. So wird es nämlich in meinem Bericht stehen.«
    »Ich dachte ja nur: Normalerweise stimmen wir so was ab ...«
    Ich ließ die Pfeifen stehen und brauchte noch ein paar Minuten Ruhe vor der Bürotür, bevor ich der alten Dame wieder halbwegs aufrecht gegenübertreten konnte.
    »Bitte, Frau von Jagemann, wir müssen sofort los. Hatten Sie noch irgendwelches Gepäck dabei?«
    »Nein.« Sie starrte ängstlich auf das blutige Bündel in meiner Hand: »Was ist denn passiert?«
    »Nichts. Erzähle ich später. Bitte kommen Sie jetzt!«
    Mit ihrer Handtasche vor der Brust wackelte sie mir hinterher. Wie waren schon auf der Treppe, als mir die Arztpapiere einfielen. Ich rannte noch einmal zurück und steckte die Einweisungsblätter von Doktor Worch bei den Kollegen von der Organisierten Kriminalität in ein Faxgerät. Es war das erstbeste Büro - nein, es war sogar ein paar Schritte weiter, aber ich scheute immer noch den offenen Verrat. Was hatte Gerd mit Foth zu schaffen? Egal. Auf der Karte stand eine Faxnummer. Niemand würde mich verdächtigen. Hauptsache, diese Schweinerei kam überhaupt an die Öffentlichkeit.
    Nachdem das Faxgerät alle Blätter verschluckt hatte, rannten wir über den Hof. Frau von Jagemann musste unter einer Schranke hindurchkriechen und beinahe hätte ich sie danach nicht wieder hochbekommen. Sie keuchte, aber sie klagte nicht. Erst als ich Gerds Auto nicht gleich fand, fragte sie, wohin ich überhaupt mit ihr wollte. Ich zuckte ehrlicherweise mit den Schultern. Ephraim musste ich füttern, aber bei mir zu Hause würden sie zuerst nach ihr suchen. Etwas Besseres als Hanka fiel mir auch nicht ein.
    Tolle Idee, Evelyn, wirklich: Ich kannte diese Frau ja gar nicht!
    Sie wartete vor Foths Haus, schaukelte einen Kinderwagen, und wenn ich in Gedanken nicht schon oben bei Fritz gewesen wäre, hätte ich sie von weitem für eine Polizistin in Zivil gehalten. Mütter dieser Art gab es in dieser Gegend einfach nicht. Mir fiel der Haustürschlüssel aus der Hand, als sie mich ansprach.
    »Herr Monse?«
    Es hatte keinen Zweck zu leugnen: »Ja?«
    »Ev schickt mich, Evelyn Thorwart.«
    »Okay. Und?«
    Sie wich meinen misstrauischen Blicken aus und schaute sich ihrerseits auf der Straße um. Offenbar legte sie es darauf an, mit ins Haus genommen zu werden. Aber ich dachte gar nicht dran. Schlimm genug, dass die Büttel schon die Adresse kannten. Wo war ihre Waffe? Unter dem Schlabberkleid? Saß ein SEK-Zwerg in ihrem Kinderwagen? Als sie die Decke zur Seite riss, zuckten meine Beine und versagten gleichzeitig den Dienst: Weglaufen, signalisierte das Gehirn, doch mein Rückenmark gab es nicht weiter. Ein eklig roter Lappen lag darin und bewegte sich wider Erwarten nicht.
    Mit spitzen Fingern faltete ihn die Frau auseinander. Unsere Bänder erkannte ich gleich - dann auch das Notizbuch und den Lappen. Es war eins von Gerds komischen Cowboyhemden, und als ich begriff, dass Blut daran klebte, hätte ich am liebsten alles hingeschmissen, die ganze Geschichte. Das war es nicht wert.
    Die Frau nahm das Päckchen aus dem Wagen, stieß die Haustür auf und zerrte mich resolut hinein. Wie ein trotziges Kind blieb ich im Hausflur stehen. Ich wollte es wissen - egal wie schlimm.
    »War sie es selbst? Hat sie ihn erschossen?«
    »Um Gottes Willen - nein«, sagte sie, »Evelyn hat das hier nur eingesammelt. Sie sollen Zusehen, dass sie es verstecken, kopieren oder - noch besser - endlich senden. Und ihre Schützlinge sollen bleiben, wo sie sind, das soll ich ausrichten, egal wo, wenigstens dieses Wochenende noch!«
    Das Haus schwankte wie ein Schiff. Mit beiden Händen hielt ich das Geländer fest und zog mich mehr die Treppe hinauf, als ich lief. Die Frau folgte mir, wusste aber weder, in welches Krankenhaus man Gerd gebracht hatte, noch, ob er bei Bewusstsein war. Sie sei keine Polizistin, beteuerte sie immer wieder, nur deine Freundin. Ich hielt auch das nicht für die beste aller Voraussetzungen, ihr gleich zwei SS-Männer vorzustellen, und blieb auf dem vorletzten Treppenabsatz stehen.
    »Und woher haben Sie

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