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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
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leichtfertig in Kauf genommen hätte. Ich war seine Chefin und damit vielleicht sogar für ihn verantwortlich, nicht umgekehrt - und ich erinnerte ihn daran.
    »Das ist nicht dein Ernst«, flüsterte er zurück, »bis die ihre alten Knochen sortiert haben ...«
    »Nein heißt nein. Das ist ein Befehl!«
    Er lehnte seine Stirn gegen den Türrahmen, aber rührte sich nicht. Das Licht auf dem Flur ging wieder aus.
    Wieso eigentlich drei? Das Mädchen musste sich verzählt haben. Außerdem hatten sie bisher jede Konfrontation gescheut. Wieso suchten sie auf einmal unsere Nähe?
    »Wir warten auf Verstärkung«, flüsterte ich und hörte Schiller unwirsch schnaufen. Keine zwei Sekunden später sprang das Licht wieder an. Meine Iris schaltete noch von dunkel auf hell, als ich Schiller schon in mein Zimmer fallen sah, beinahe lautlos. Erst innen polterte es laut. Auf ein gedämpftes Kommando folgte leises Gelächter. Und ich stand immer noch zitternd auf dem Flur, als jemand meinen Namen sagte, ganz ruhig und so vertraulich, wie das nur einer konnte.
    »Ev? Evelyn?«
    Wolf Jäger steckte seinen Kopf aus der Tür und lächelte.
    »Alles ist gut. Entschuldige! Ganz ruhig.«
    Er nahm mich in den Arm und führte mich in das Zimmer, wo Lars Schiller mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett lag. Einer von Wolfs Personenschützern war gerade dabei, ihm die Handschellen wieder abzunehmen. Ein anderer hob eine Stehlampe auf, die während des kurzen Handgemenges umgestürzt war. Wolf bugsierte mich zu einem Sessel und langsam fand ich meine Stimme wieder.
    »Was soll das? Was machst du hier?« Dann fiel mir ein, dass wir nicht allein waren, und ich korrigierte mich schnell: »Sie.«
    »Ich wollte dir zum Geburtstag gratulieren.«
    Tatsächlich zauberte er einen Strauß gelber Rosen hervor, den ihm einer der Bodyguards gereicht hatte.
    Was für ein eingespieltes Team, dachte ich, starrte auf die Blumen und zu Lars Schiller, der mit finsterem Blick auf meinem Bett saß und seine Schulter massierte. Gern hätte ich Wolf die Blumen aus der Hand gerissen und in eine Ecke gefeuert, aber meine Arme zitterten immer noch. Schließlich stopfte er sie eigenhändig und ziemlich lieblos zurück in die bereitstehende Vase.
    »Nun beruhig dich mal wieder«, sagte er beiläufig, »die Jungs können nicht anders, wenn vor der Tür jemand mit einer Waffe hantiert. Und bei dir - alles noch dran, Schiller?«
    Mein kleiner Held nickte beleidigt.
    »Na, bitte«, sagte Wolf Jäger, »alles wieder gut!«
    Gar nichts war gut. Er wusste das selbst, sonst hätte er es nicht ständig wiederholt. Seine Jungs konnten sich ihr Grinsen nur schwer verkneifen - aber sie konnten es. Niemand musste diese Spielchen verstehen: Warum hatten sie uns hier aufgelauert und nicht einfach unten gewartet? Warum mussten sie Schiller unbedingt den Arm auskugeln? Und warum - vor allem - musste Wolf vor Fremden mit mir reden wie mit einem kleinen Mädchen?
    »Und warum bist du wirklich hier?«
    »Weil ich mit dir reden muss.«
    Ohne dass er irgendein Zeichen geben musste, standen seine Leute auf. Einer zog Lars Schiller auf die Beine wie ein Fußballspieler nach einem Foul und gab ihm seine Waffe zurück. Schiller schüttelte die Hand erst ab, als sie sich auch noch kumpelhaft auf seine Schulter legen wollte, aber dann folgte er den beiden anstandslos nach draußen. Wolf schaltete schließlich sogar den Fernseher aus, in dem ein Mann mit Pistole gerade vom Dach eines Hauses zum nächsten sprang.
    Der feine Herr Staatssekretär hatte sich einen Actionfilm angesehen. Diese Vorstellung versöhnte mich etwas. Auch dass er offenbar wirklich an meinen Geburtstag gedacht hatte, hielt ich ihm beinahe zwanghaft zugute. Immerhin glaubte ich da noch, wir wären beide Vollwaisen. Das machte solche Tage nicht einfacher, aber verband eben auch. Er schob sich den anderen Sessel zurecht, beugte sich nach vorn, und wenn er mich in diesem Moment berührt hätte, hätte ich mir das wahrscheinlich auch sofort gefallen lassen - wahrscheinlich sogar mehr.
    »Was gibt es Neues von der Front?«
    »Was soll das«, antwortete ich, »das weißt du doch selbst am besten, besser als ich jedenfalls. Und wo wir gleich dabei sind: Was soll das ganze Theater überhaupt? Wieso jagen wir vier harmlose alte Männer, als wären es Terroristen? Was ...«
    »Weil es welche sind. Sie haben unsere Verbündeten auf der Autobahn angegriffen und damit auch uns den Krieg erklärt.«
    »Hör doch auf, Wolf! So ein Quatsch: Die

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