Die Nacht Der Jaegerin
gefragt, was Ben wohl sagen würde, wenn er Bescheid wüsste.»
«Also haben Sie sich mit Mr. Largo verabredet.»
«Ich habe ihn in dem Wohnmobil getroffen.»
«Aha.»
«Das Wohnmobil war meine Zuflucht.»
«Ich dachte, Sie haben es an diese Biologen verkauft.»
«Nur verliehen. Ich habe gesagt, dass ich es vielleicht irgendwann wieder brauche.»
«Oh.»
«In meiner Situation ist so eine Zuflucht auf Rädern manchmal sehr nützlich.»
«Also haben Sie Mr. Largo zum Tête-à-tête in das Wohnmobil eingeladen, obwohl ...»
«Weil ich mich nicht getraut habe, ihn an einem öffentlichen Ort zu treffen, und weil ich ihn nicht auf
The Nant
haben wollte. Und ich habe ihn nicht
zum Tête-à-tête eingeladen.
»
«Sie wissen doch, wie die Leute denken – ein Mann und eine Frau in einem Wohnmobil auf einer einsamen Felsenkuppe. Und nach allem, was wir von seinen privaten Vorlieben wissen ...»
«Das war bei seinem zweiten Besuch, vermute ich. Beim ersten hat er angefragt, ob ich bei einem einfühlsam gemachten Dokumentarfilm mit ihm zusammenarbeiten will. Beim zweiten Mal hat er mir eine Beteiligung angeboten. Er meinte, ich könnte damit leicht über hunderttausend kommen, inklusive der Rechte für die USA .»
Bliss lehnte sich mit hochgezogenen Augenbrauen zurück. «Und? War das ein verlockendes Angebot?»
«Nicht für mich. Das verstehen Sie vielleicht nicht, aber Geld bedeutet Jeremy und mir nicht so viel, solange wir genug verdienen, um durchzukommen.»
«Geld bedeutet jedem etwas, Brigid.»
«Fragen Sie Merrily, was wichtiger ist.»
«Seinen Seelenfrieden zu haben», sagte Merrily. «In einem ganz bestimmten Sinn.»
«Mochten Sie Mr. Largo?», fragte Bliss.
«Ich habe mich mit ihm allein nicht besonders wohl gefühlt, wenn es das ist, was Sie wissen wollen.»
«In welcher Hinsicht?»
«Sehen Sie sich mal die Videos auf dieser Internetseite an, Frannie», sagte Merrily.
Brigid lächelte und zog noch eine Zigarette aus der Packung.
«Sie haben ihm einen Korb gegeben?», frage Bliss.
«Ich habe ihn hingehalten. Verstehen Sie, das Heikle war, dass er einer der wenigen Menschen war, die wussten, wie ich als Erwachsene aussehe. Allerdings hatten sich die Dinge in den letzten Monaten sehr geändert. Ich hatte einen Mann gefunden, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen wollte, und dieser Mann wohnte an einem Ort, an dem er den Rest
seines
Lebens verbringen musste.»
«Sie im Haus zu haben, könnte für einen in sich gekehrten Menschen eine Menge Druck bedeuten», sagte Merrily. «Er hätte ein ziemlich großes Geheimnis bewahren müssen.»
«Ich glaube, wir hätten es den Leuten hier irgendwann erzählt – jedenfalls denen, die damit hätten umgehen können. Leuten wie Danny Thomas und Greta. Wenn man so eine Gruppe hat, die Bescheid weiß, gibt einem das eine gewisse Sicherheit, die man in einer dichter bewohnten Gegend vermutlich nicht hätte.»
«Stimmt. Sie wollen alles über einen wissen, aber wenn sie es erst einmal tun, können sie sehr loyal sein. Und sie können natürlich auch sehr gut Geheimnisse bewahren.»
«Manchmal sogar zu gut.» Brigid zündete ihre Zigarette an. «Ich kaufe Ihnen ein Päckchen, bevor sie mich wegbringen.»
Merrily lächelte. Sie spürte wieder dieses Kribbeln an der Wirbelsäule.
«Sie haben ihn reingelegt?», fragte Bliss.
«Ich habe gesagt, ich müsste absolut sicher sein, dass mein Aussehen unkenntlich gemacht würde und mein Aufenthaltsort nicht erkennbar wäre, und ich ging davon aus, dass er mir das nicht würde versprechen können. Außerdem habe ich gesagt, dass ich kein Geld wollte, aber ein Vetorecht, oder wie das heißt. Wissen Sie, ich habe
Mitternachtsfrauen
nie gesehen. So etwas schaue ich mir nicht an, auch wenn es merkwürdig klingt. Er sagte, eine seriöse, einfühlsame Sendung, wie er sie plane, würde die Sensationsgier beenden und mir Gelegenheit geben, Stellung zu nehmen. Na ja, ich wollte gar nicht Stellung nehmen, aber ich wollte auch nicht, dass er meine neue Identität an die große Glocke hängt.»
Bliss sagte: «Können wir jetzt über Sebbie Dacre sprechen?»
«Wenn es sein muss.»
«Er hat Sie erpresst, oder?»
Brigid lachte.
«Was ist daran so lustig?»
«Dazu hätte er nicht die ... ich weiß auch nicht, aber das hätte er nicht getan. Es tut mir leid, ich wollte nicht, dass er stirbt.»
«Sie haben ihn umgebracht, Brigid.»
«Ich wollte ...» Brigid blies den Zigarettenrauch aus und wandte den Blick ab.
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