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Die Nacht der Schakale

Die Nacht der Schakale

Titel: Die Nacht der Schakale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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der Kontakt genausogut im Osten herstellen«, warf Steve ein.
    »Richtig«, bestätigte der Mann aus der BND-Führungsspitze. »Wir haben uns auch auf diese Möglichkeit eingestellt. Und es ist ja bekannt, daß der Osten auch gegenüber seinen Luxusgenossen die Grenze sofort dichtmacht, wenn sie in einen noch so vagen Verdacht geraten.«
    Ritter brachte Herbert Brosam ins Bild.
    »Der Genosse Kammgarn«, spottete er. »Verheiratet, zwei Kinder, hat eine Freundin jenseits der Mauer, in deren Wohnung er fast bei jedem Westberlin-Ausflug nächtigt! Frau Lina Plaschke, Berlin-Charlottenburg, Kantstraße, hübsch, geschieden, siebzehn Jahre jünger als Brosam. Wir haben sie natürlich unter Kontrolle.«
    »Lupus hat das sicher auch«, versetzte Steve.
    »Darauf können Sie wetten.«
    »Und die kesse Dame ist eine rote Parteigängerin?« fragte ich.
    »Nicht die Bohne«, entgegnete Ritter. »Sie interessiert sich mehr für Klamotten, Kintopp und Kneipen. Sie hat etwas eigenes Vermögen und zwölfhundert Mark monatlich von ihrem Geschiedenen. Sicher wird sie auch vom Genossen Kammgarn alimentiert und zusätzlich noch beschenkt.«
    »Weltniveau«, versetzte ich und grinste.
    Ich wußte, daß Brosam aus einer gutbürgerlichen Familie stammte und seine Politlaufbahn als eine Art Salonbolschewist begonnen hatte. Normalerweise wurde die Funktionärsspitze dem Arbeiter-und-Bauern-Adel entnommen, aber es gab Ausnahmen, jedoch keine Erklärung dafür, warum Lupus einen Geheimnisträger, den er nicht in der Hand hatte, immer wieder durch die ›Gefestigte Stadtgrenze‹ schlüpfen ließ.
    Immerhin hatte der Genosse Kammgarn Kinder, die bei Konopka fehlten, dem zehnten und letzten, dessen Bild jetzt auf die Leinwand geworfen wurde. Die Freizügigkeit, die man ihm ließ, war nur durch ein besonderes Verhältnis zu General Lupus zu erklären. Konopkas Plissee-Gesicht erschien gleich mehrmals auf der Leinwand: lächelnd, in der Diskussion, nachdenklich und mit hämischem Ausdruck. »Dieser volkseigene Gigolo setzt den Parteikader nicht selten einer harten Belastungsprobe aus«, referierte Ritter. »Er wurde von Lupus immer gedeckt, er ist der einzige, der sich unter vier Augen mit dem General duzt. Die Querverbindung: Blaues Haus – Madeleine Dressler darf ich als bekannt voraussetzen. Gegen die Annahme, daß Max Konopka der Sperber ist, spricht eigentlich nur die Tatsache, daß wir ihn aufgrund seines Verhaltens dafür halten müssen. Eine halbe Million Dollar für ein Leben in der Sonne Floridas oder Kaliforniens paßt zu ihm wie die Faust aufs Auge.« Nach einer kurzen Pause fragte Ritter: »Soll ich die Aufnahmen noch einmal durchlaufen lassen?«
    »Nicht nötig«, entschied Steve, »vielen Dank, Peter.«
    »Lupus hat keine Repressalien gegen Konopka in der Hand, nicht einmal fragliche. Der Außenhandel-Spezialist könnte nur zufrieden sein, wenn er seine drei Verflossenen, die ihn ständig mit Wünschen traktieren, los würde und vielleicht auch die vierte nicht mehr heiraten müßte.«
    »Keine Erklärung also?« fragte ich.
    »Es sei denn die Auslegung, daß er im Auftrag des Generals handelt«, warf das CIA-As ein.
    »Auch erst die halbe Erklärung, Steve«, erwiderte ich. »Wer garantiert denn, daß Konopka den Auftrag nicht, sagen wir einmal, sehr privat auslegt und seine eigene Suppe kocht?«
    »Niemand«, versetzte Steve lapidar. »Aber das ist die Sorge von General Lupus und nicht die unsere.«
    Der BND-Mann machte wieder das Licht an, sammelte seine Sperber-Kollektion wieder ein und verwahrte sie pedantisch in seinem Aktenkoffer. »Waren neue Gesichter für Sie dabei?« fragte er mich.
    »Nein«, erwiderte ich. »Aber neue Aufnahmen – ich hoffe, daß Ihre Analyse zutrifft.«
    »Der Computer hat immer recht«, erwiderte Ritter mit einem Lächeln auf seine Kosten. »Außer, er irrt sich.«
    Vielleicht dachte er wie ich an die Sekretärin in Bonn, die ihrem Chef während des Büro-Nickerchens den Tresorschlüssel aus der Tasche entwendet und Geheimunterlagen fotokopiert hatte – über Jahre hinweg. Die elfte Möglichkeit – oder die dreizehnte Fee – in diesem verdammten Job.
    Der Panoramablick aus der Beletage war beendet. Ich mußte jetzt durch den Keller kriechen und mich von unten an den Sperber heranarbeiten, um festzustellen, ob zwischen ihm und der TRASCO, wie wir annahmen, eine Verbindung bestand, und das hieß, daß ich morgen in Süd-Nord-Richtung Forbach auf der Transitstrecke quer durch das

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