Die Nacht der Uebergaenge
vielleicht unpassend erscheinen
mochte, aber ihr Herz flog Blake Aubrey dennoch zu. Anscheinend war es doch
nicht kaputt gegangen, auch wenn es sich zeitweise so angefühlt hatte.
"Danke, dass Sie mir geholfen haben, Blake! Damon ist wirklich um
seinen Vater zu beneiden... Ich vermisse meinen sehr... Meinetwegen sollten Sie
sich nicht mit ihm überwerfen, das möchte ich nicht! Ich bin nicht die erste
Frau, die sich in den falschen Mann verliebt hat...", gab Nico dann zu,
ohne seinem Blick auszuweichen.
Mehr wagte sie nicht zu sagen, aber sie sah Damon nicht im dunkelsten Licht,
also wollte sie auch nicht, dass sein Vater das tat. Er mochte seine Gründe
haben, sein Leben so zu gestalten, sie hatte kein Recht, über Damon zu
urteilen, auch wenn sie sich wünschte, er würde in diesem Punkt wie sie fühlen.
Aber das würde wohl ein Wunschtraum für sie
bleiben...
Wenn die Sache sich doch so einfach machen ließe, wie Nico sich das mit
ihren Worten für Aubrey zurecht legte. Das wäre wunderbar. Doch der Lord
seufzte leise vor sich hin. Nichts auf dieser Welt war leicht.
„Wie andere Frauen fühlen ist in Ihrem Fall vollkommen uninteressant, Nico.
Ihre Schuld mag zutreffen, jedoch waren Sie in der vergangenen Nacht nicht
annähernd in der Lage, dies zu beurteilen. Wir hatten Vollmond. Damon hätte
niemals zu Ihnen kommen dürfen oder hätte Sie zumindest in Sicherheit bringen
müssen. Vor ihm selbst und vor Ihnen.“
Blake beeilte sich damit, Nico zu erklären, was die Affectio bedeutete
und dass sie als fast vollkommen ausgereifte Breed sich wohl vom Mond und der
aufgeladenen Stimmung hatte anstecken lassen. Damon wusste das. Er hätte sie in
keinem Fall ausnutzen dürfen, sondern versuchen müssen, ihr zu helfen. Auf
andere Art und Weise.
Das sparte Aubrey allerdings aus. Er wäre nicht dazu in der Lage gewesen, die
erneute Verfehlung seines Sohnes sachlich und besonnen zu kommentieren. Er
wollte Damon den Hals umdrehen.
„…Somit erklärt sich Ihr aufgelöster, für Sie unnormaler Zustand in
einem einfachen, vollkommen natürlichem Prozess. Kein Grund, verwundert zu sein
oder sich schuldig zu fühlen. Sie haben nichts Unrechtes getan. Sie wussten es
nicht besser und keiner hat sich die Mühe gemacht, Sie aufzuklären. Manchmal
könnte ich diesen ganzen Verein samt seinen Kriegern dorthin schießen, wo sie alle
wahrscheinlich am glücklichsten wären.“
Aubrey erhob sich vom Stuhl und setzte sich zu ihr auf das große Bett. Er sah
in Richtung des Fensters, wo sich ein Stückchen Himmelblau abzeichnete.
Irgendwo dort war der Mond verschwunden und machte der Sonne Platz, die einen
neuen, wunderbaren Tag ankündigte. Wunderbar für diejenigen, die nichts weiter
als Rosinen im Kopf besaßen.
„Ihr Verantwortungsgefühl ehrt Sie, Nicolasa. Ganz besonders sogar. Sie
werden eine hervorragende Sophora sein. Allerdings nicht sehr lange, wenn Sie
so weitermachen wie bisher. Sie sollten sich nicht ständig fragen, was andere
von Ihnen denken oder ob Sie vielleicht etwas falsch gemacht haben könnten. Das
wird Sie über kurz oder lang krank machen oder schlimmer, in den Wahnsinn treiben.
Keiner erwartet von Ihnen Perfektion. Nicht einmal Ihre Patrona, könnte ich mir
vorstellen. Weder Catalina noch Romy wurden in diesen Kreis hier hineingeboren.
Natürlich weiß die eine mehr über uns als die andere und ganz bestimmt weniger
als Sie, doch keiner weiß von Anfang an alles. Sie sind berufen worden, um zu
lernen. Um sich die Dinge anzueignen, die Sie wissen müssen und aus diesem
Wissen heraus dann eines Tages weise Entscheidungen zu treffen. Ein Wort von
Ihnen und Sie bekommen jede Hilfe, die Sie benötigen. Jede. Niemand wird Sie
dafür schief ansehen oder sich über Sie lustig machen. Sie müssen es nur wollen
und sich für Ihre Unwissenheit nicht schämen. Ich wäre Ihnen gern behilflich,
soweit es für Sie keiner Zumutung gleichkommt, da ich Damons Vater bin und
Ihren selbstverständlich nicht ersetzen kann.“
Nico hörte zum ersten Mal im Detail über die Auswirkungen des Vollmondes
auf die Biologie einer Immaculate-Frau. Ihr wurde klar, warum sie gestern Nacht
so heftige Schwingungen gespürt hatte, die den Ballsaal und diesen anderen Raum aufgeheizt hatten. Und dann noch
Catalina, deren Gefühle beinahe schmerzhaft intensiv gewesen waren.
Sie klärte Damons Vater nicht darüber auf, dass sie mehr als ausgereift war,
weil sie in zwei Tagen 26 wurde, also schon seit einiger Zeit bereit für
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