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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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die
Verwandlung war. Damon hatte es allerdings gewusst, sie hatte es ihm doch
erzählt. Wenn es nur der Mond gewesen war, warum hatte sie sich dann kein
bisschen zu Edward Sterling hingezogen gefühlt? Trotz der Schwäche, die sie in
seiner Nähe überkommen hatte, hatte sie ihn abstoßend gefunden. Sie konnte die
Verantwortung also nicht einfach auf den Mond schieben, weil sie Damon aus
freien Stücken erwählt hatte.
    Sie wollte Blakes Worte so gerne annehmen, aber es war schier unerträglich,
ständig um Hilfe bitten zu müssen. Sie war es einfach gewohnt, Entscheidungen
allein zu treffen. Ihr Vater hatte sie immer dazu ermutigt, ihren Weg alleine
zu finden, weil er ihren Fähigkeiten vertraute. In ihrer Welt klappte das ja
auch wunderbar.
Sich plötzlich wie ein hilfloses Kind vorzukommen, war für sie nicht leicht zu
akzeptieren. Die neue Aufgabe machte es ihr nicht leichter, weil sie Angst
hatte, Catalina zu schaden, wenn sie sich einen Fehler aus Unwissenheit
leistete. Nico hatte sich noch nie als sehr ehrgeizigen Menschen betrachtet,
tat es immer noch nicht, obwohl darin ihre größte Schwäche lag. Wenn sie bei
ihrer Berufung versagte, verlorenen Seelen zu helfen, dann geschah meist ein
weiteres Unglück, für dessen eintreffen sie sich die Schuld geben musste. Es
gab also nur den Weg, immer besser zu werden und mehr zu leisten.
    Blakes tröstende Gesten beschämten Nico, die sich am liebsten in seine
Umarmung hätte fallen lassen, damit sie sich endlich wieder irgendwo sicher und
geborgen fühlen konnte. Sie bezwang den Impuls jedoch sofort, da es wohl
ziemlich unangebracht wäre, das bei einem Mann zu tun, der zwar viel älter als
sie sein mochte, aber keineswegs wie eine väterliche Figur aussah. Im
Gegenteil. Außerdem war er ein verheirateter Mann, so dass sie sich in keinem
Fall solche Ausfälle leisten durfte, egal wie sehr sie sich danach sehnen
mochte. Er konnte ihr den Vater eben nicht ersetzen. Er hatte schon genug für
sie getan.
     
    Blake streckte eine Hand nach ihr aus und strich ihr damit in
väterlicher Geste über den zerzausten, verschnittenen Haarschopf. Nico wich
seinem Blick aus und sah auf die Decke. Die Hitze, die ihr zu Kopf schoss,
jedoch nicht in Farbe auf ihren blassen Wangen sichtbar wurde, ließ vermuten,
dass es ihr unangenehm sein könnte und sie dem Erröten nahe war, wenn sie dazu
geneigt hätte.
    „Fangen wir hiermit an!“
Liebevoll lächelnd ließ er sich eine, dann zwei ungleich lange Strähnen durch
die Finger gleiten.
    „Ich bin zwar auch der Meinung, dass man sich mindestens alle zwei
Monate einen neuen Haarschnitt leisten sollte, doch dann bitteschön von einem
Profi. Ich kenne jemanden, der macht Sie in fünfzehn Minuten ausgehfein und
keiner, der Ihnen begegnet, könnte behaupten, die kurzen Haare wären von Ihnen
nicht zum Vergnügen ausgewählt.“
    Dovie war sicher ebenfalls längst aus den Federn. In all den Jahren
hatte das Mädchen, das keines mehr war, nichts von Ihren guten, fleißigen
Eigenschaften verloren. Sie war zudem in allem, was sie tat, hervorragend. Wenn
Nico auf sie traf, würde sie noch besser verstehen, dass gewisse Fähigkeiten
nicht über Nacht kamen, sondern angeeignet werden mussten. Dovie war das beste
Beispiel dafür.
Aubrey gab der Lost Soul, die er in diesem Haus von allen am besten kannte und
hoch schätzte, weil sie nicht nur fleißig, sondern verschwiegen war, einen
mentalen Wink. Sie würde sich, so schnell sie konnte, zu ihnen begeben und
sehen, was sie für Nico tun konnte.
    „Danach nehmen Sie ein kurzes Bad und ich lasse uns etwas zum
Frühstücken kommen. Da wir die ersten sein werden, die etwas verlangen, denke
ich, dass Sie sich von der Küche wünschen können, was Sie am liebsten mögen.“
    Nico hob den Blick und sah aus, als wolle sie darüber protestieren und
keine Umstände machen, doch Aubrey schüttelte sachte den Kopf. Widerspruch
würde er in diesem Fall nicht dulden. Sofern dem Kind doch noch unangenehme
Minuten mit Salama bevorstanden, weil sie ohne Erlaubnis den Altarsaal benutzt
hatte, ohne zu wissen, was sich daraus ergeben konnte, brauchte es jede
Unterstützung und Stärkung, die es kriegen konnte.
Auf seinen Sohn konnte sie sich nicht verlassen. So gern sie das auch gewollt
hatte. Damon musste von allein auf den Gedanken kommen, was ihm mit ihr
verloren gehen konnte. In Aubreys Augen war Nico weder verträumt noch naiv.
Dafür steckte eindeutig das falsche Blut in ihren Adern. Sie wollte einfach

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