Die Nacht der Uebergaenge
Besorgnis nur zu gut. Sie hatte selbst einige ihrer
Kinder nicht zu Ende austragen dürfen. Bei aller Macht, über die sie verfügten,
war eine Schwangerschaft etwas, das sie kaum zu kontrollieren vermochten. Sie
betete im Stillen, dass alles gut gehen mochte. Auch wenn ihr Sohn und seine
liebreizende Frau schon fünf Kinder hatten, konnte das den Verlust eines neuen
Lebens eben nicht ausgleichen.
Flavia
runzelte die Stirn und sah sich im Raum um, weil sie einige Schwingungen
auffing, die sie irritierten. Sie war sehr erdverbunden und in früheren Zeiten
schon als Göttin der Fruchtbarkeit verehrt worden. Es gehörte zu ihrer Person,
sich mit dem Leben verbunden zu fühlen.
„Nathan hat gut gewählt!“, sprach sie leise, damit niemand zuhören konnte.
Theron zog
daraufhin eine Augenbraue spöttisch nach oben.
„Ich hatte eher den Eindruck, dass er erwählt wurde, verehrte Flavia. Catalina
ist eine Patrona“, bemerkte er trocken.
Flavia nahm
einen Champagnerkelch von einem eiligst gereichten Tablett und warf dann den
Kopf lachend zurück, so dass einige der Umstehenden sich nach ihr umdrehten,
weil sie für eine Frau eine ziemlich tiefe Stimme hatte, was ihrem Lachen etwas
Kehliges aber auch sehr Warmes verlieh.
„Unsinn! Das Kind wusste doch gar nicht, wie ihr geschah! So wie heute Abend
auch!“
Sie grinste spitzbübisch in ihr Glas hinein und schenkte ihrem vorlauten
Patensohn einen spöttischen Blick aus ihren kupferfarbenen Augen.
Nur Theron
und ihr kleiner Bär durften es wagen, so formlos mit ihr umzugehen. Kein
anderer Mann der Gesellschaft hätte sich das getraut. Sie war keine der feinen
Damen in diesem erlauchten Kreis und sehr stolz darauf.
Flavia gefiel es, dass mit Catalina eine weitere Patrona in ihren Kreis
gestoßen war, der sich nicht nur um Diplomatie kümmern würde. Ihr fehlten schon
seit Jahren die kämpferischen Frauen in der Riege der Patronas. Mal sehen, was
Romana Kiss zu bieten hatte, wenn sie eine der ihren geworden war. Die
Auflösung auf diese Frage wurde wirklich gespannt erwartet, deren Antwort
bisher vermutlich nur das Orakel selbst kannte.
„Was meinst
du…? Oh!“, Theron schüttelte den Kopf und neigte dann das Haupt vor Flavia, die
ihn dabei ertappt hatte, etwas Wichtiges übersehen zu haben. Vollmond. Jetzt
verstand er auch, warum Catalina vorhin so heftig und territorial reagiert
hatte. Manasses konnte von Glück reden, dass es das erste Mal für seine Tochter
gewesen war. Und für Nathan konnte er wohl nur noch beten!
„Ich sehe schon, dass die Mutter der Erde das sehr amüsant finden wird“,
schloss Theron und stieß mit seiner Patentante darauf an, so dass ihre Gläser
ein elegantes Klingen von sich gaben.
Flavia
schürzte ihre vollen Lippen und ihre Augen blitzten belustigt auf, so dass sie
Therons Unterstellungen gleich bestätigte.
- Natürlich! Ich begrüße es immer, wenn neues Leben entsteht! Und auch wenn
neue Bande geknüpft werden, die im Feuer geschmiedet wurden. Das zwingt selbst
den Unbezwingbaren auf die Knie! -
Draußen...
Rys Gesicht
zeigte keinerlei verräterische Reaktion, als Cat ihn mit einem Seitenblick
wahrnahm. Er hatte gelauscht. Das war richtig, aber er würde zum Gehörten weder
jetzt noch gleich einen Kommentar abgeben. Romy hatte an diesem Abend schon
genug durchgemacht. Falls es zu einer Aussprache mit ihrer Schwester gekommen
war, die er eben in Dovies Schlepptau hatte hineinkommen sehen, dann
hoffentlich eine im Guten. Nichts wäre schlimmer für die neue Devena gewesen,
als sich schon jetzt von einem geliebten Familienmitglied, von der sie so wenig
hatte, trennen zu müssen. Von seinem Hiersein versprach er sich nichts. Er
hatte nur sehen wollen, ob es Romy zu diesem Zeitpunkt nach Wendys Behandlung
immer noch gut ging. Sie würde bald mehr Blut brauchen. Nein, nicht nur Blut,
sondern alles was nötig war, um sie durch die Transformation zu bringen. Er
würde ihr nicht noch einmal seine Hilfe anbieten.
Sie machte
sich falsche Hoffnungen, wenn sie sich ein Leben an seiner Seite ausmalte. Er
war einfach der Erste, der ihr über den Weg gelaufen war. Ein Nachtgespenst,
nicht mehr als ein Traum und nicht mehr als das lichte, unwirkliche
Versprechen, das sich hinter einem solchen verbarg.
Die Nähe, die Catalina zu Romana suchte und das sinnliche Lachen, das von ihrem
hübschen Mund perlte, hatte keinerlei Wirkung auf ihn. Sie war in guten Händen.
Sie würde heute Nacht jemanden haben, der sich um sie kümmerte. Ihr
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