Die Nacht der Uebergaenge
ging ein wenig schwerer, bis ein leises Stöhnen ihren vollen
Lippen entglitt und sie ihre Hand über ihren Bauch legte, als hätte sie
Schmerzen. Romy war höchst alarmiert, sie dachte, es wären die Anzeichen für
die Verwandlung in die Raubkatze. Sie hatte eigentlich keine Angst davor, aber
sie war davon überzeugt, dass Cat nicht unbedingt ihr schönes Abendkleid
ruinieren wollte.
„Nathan?“,
rief Romy, bis ihr klar wurde, dass er sie auf die Distanz nicht hören konnte,
also konzentrierte sie sich darauf, ihn irgendwie gedanklich zu erreichen.
- Nathan? Würdest du bitte nach draußen kommen? Ich bin mit Cat auf der
Terrasse… Ich glaube, mit ihr stimmt etwas nicht… -
Sie legte
einen Arm um Cat und strich ihr über die glühende Wange, als die junge Frau
ihren Kopf kurz auf ihrer Schulter ablegte, als wäre er ihr schwer geworden.
„Wenn man vom Teufel spricht“, wisperte Cat leise und lachte wieder auf,
diesmal allerdings mit einem sinnlichen Unterton, der Romy Farbe in die Wangen
trieb, als sie bemerkte, wer da plötzlich vor ihnen stand.
„Rys…“, Romy
fehlten die Worte, weil sie nicht wusste, wie lange er schon hier in der Nähe
gestanden hatte.
Egal, sie hatten sich ja nicht laut unterhalten. Viel eher geflüstert.
Sie sah ihm in die Augen und fühlte sich mit einem Mal selbst schwach und
zittrig, so dass sie Cat gleich noch fester an sich drückte, ohne zu ahnen,
dass die Nähe der jungen Frau sie auch ziemlich anheizen würde.
Affectio
Ardentis war für Anfänger ein ziemlich unberechenbarer Zustand, vor allen
Dingen wenn man rein gar nichts darüber wusste und man gerade erst die
Umwandlung durchgemacht hatte… Der Vollmond hatte für die Immaculate eine sehr
wichtige Bedeutung, weil die Frauen nur während dieser Mondphase etwa zwei- bis
dreimal im Jahr fähig waren, ein Kind zu empfangen. So kurz nach der
Verwandlung würde es bei Cat noch nicht so weit sein, aber sie machte diese
Phase zum ersten Mal durch, weil das auch dazu gehörte, eine ausgewachsene
Immaculate-Frau zu werden.
Vielleicht
sollte sie Cat unauffällig nach oben bringen und könnte so Rys aus dem Weg
gehen? Das wäre ziemlich feige, weil sie ihm höchstwahrscheinlich noch die ein
oder andere Entschuldigung schuldig war.
Tut mir leid wegen meiner miesen Laune, meinen Ausrastern, dem Gekreisch,
das euch in den Ohren wehtut, wegen der Ohrfeige... wegen allem eben.
An den Kuss sollte sie besser nicht denken, sie hatte ihm vorhin nur bewiesen,
wie freigiebig sie damit war.
Im
Festsaal
Orsen und
Theron standen beisammen, wie so oft bei gesellschaftlichen Anlässen. Sie
hatten mit Champagner auf die beiden neuen Devenas und die neu ernannte Sophora
angestoßen, ohne später wie die anderen Krieger auf die harten Getränke
umzusteigen.
Orsen hatte sein Patenkind noch nicht einmal richtig begrüßt, weil sie sich
zuerst um Romy hatte kümmern müssen. Natürlich hatte niemand von ihnen wirklich
damit gerechnet, dass sie kommen würde. Es war, als würde sie ihre
Verpflichtung der Tri’Ora gegenüber vorschieben, um ihnen allen aus dem Weg zu
gehen. Verständlich.
Selbst nach so langer Zeit lastete die Schuld noch schwer auf ihren Schultern.
Die Selbstvorwürfe, das immerwährende Durchgehen der damaligen Tatsachen. Das
Verdammen der Familie Vijaya, der sie niemals eine Beteiligung an dem schrecklichen
Verbrechen hatten nachweisen können.
Orsens und
Devena Gwénaëlles Augen trafen sich über den Raum hinweg, als Catalina auf
Wendy zuging und sie so herzlich begrüßte, dass ihm ganz warm ums Herz wurde.
So jemanden konnten Vater und Tochter sehr gut in ihrem Leben brauchen.
Gwen hatte zu der Zeit, als die Sache mit Wendy passierte, gerade ihren Sitz im
Gericht der Immaculate eingenommen. Da sie die Leiden des Opfers am besten
nachvollziehen konnte, hatte sie sich sehr in diesem Fall eingesetzt, doch es
gelang auch ihr nicht, den Angeklagten stimmig nachzuweisen, dass sie Mitwisser
in dem schrecklichen Verbrechen gewesen waren.
- Nathan
hat es hoffentlich nicht mit Absicht zurückgehalten… -, sandte er einen
Gedanken zu Ron.
Orsen neigte kurz den Kopf in Gwens Richtung, die ihm dafür ein kleines Lächeln
schenkte. Es machte es für die Immaculates nicht leichter, dass sie immer noch
wie früher aussahen, so dass die Erinnerungen frischer denn je schienen. Die
Zeit heilt alle Wunden … Das galt sicherlich nur für die Sterblichen, die
davon einfach nicht genug hatten.
- Bestimmt
nicht mit böswilliger
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