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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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zu
viel getrunken, aber es war nur der Schwindel durch den Verlust ihres Blutes.
Danach verlor sie das Bewusstsein. Sie versank in eine Schwärze, die sie zu
verschlingen drohte. Ihr Körper war nicht auf der Höhe, sie hatte sehr lange
mit der Verwandlung gewartet und ihre Kräfte für das Überleben aufgebraucht.
Ihr Herzschlag verlangsamte sich, ihr Atem wurde schwächer, dann schmeckte sie
etwas auf ihrer Zunge, das sie erzittern ließ. Etwas, das ihre schwindenden
Sinne aufrüttelte und sie langsam zurückholte. Das war der einzige Grund, warum
sie überhaupt gezögert hatte. Es lag nicht mehr in ihrer Macht, sich einfach
zusammen zu reißen.
    Die
wohlschmeckende Wärme glitt über ihre Zunge in ihre Kehle und Romys Lider
flatterten, dann presste sie ihren Mund fester gegen Rys’ Puls, aus dem der
lebensspendende Saft floss, der sie immer weiter zum Leben erweckte, als wäre
sie gerade das schlafende Dornröschen und er der Prinz.
Ihre eigene Schwäche, seine Nähe, sein markanter Duft, der sie einhüllte, und
das Blut, das die Leere in ihrem Inneren stetig füllte... Das waren alles
Dinge, die sie mit offenem Herzen annahm, auch wenn ihre Glieder ihr noch nicht
recht gehorchen wollten. Sie spürte, wie der Schlag ihres Herzens kräftiger
wurde, als würde es endlich wieder genug Blut in ihren Körper pumpen können.
Ihre Haut überzog sich mit einer Gänsehaut und dann prickelte sie am ganzen
Körper. In ihrem Inneren breitete sich wohlige Wärme aus, die sie ein leises
Seufzen ausstoßen ließ, ohne sich von Rys’ Handgelenk zu lösen, das sie mit
ihrer Hand umfasst hielt, obwohl das kaum nötig war und sowieso keinen Effekt
hatte, weil sie es sowieso nicht umspannen konnte.
    Chryses
machte Romana zu seinem Besitz. Ob sie beide das nun gewollt hatten, oder
nicht. Niemals zuvor hatte sich sein Duft in dieser Heftigkeit mit dem einer
Partnerin vermischt. Es war beinahe schon unheimlich, wie sehr er genoss,
wenigstens in diesem Augenblick ohne Widerspruch von ihr über sie verfügen zu
dürfen. In diesem winzigen Moment, in der Romy an der Schwelle des Todes von
ihm zurückgeholt und wie in das Innere eines Strudels in die Umwandlung gezogen
wurde, war er ihr Herr und Meister. Er würde sie die ersten Schritte ihres
neuen, unsterblichen Lebens gehen lehren.
Er würde ihr zeigen, was es hieß, zu schmecken, zu fühlen und zu riechen.
Nichts, was sie in ihrer Sterblichkeit erfahren hatte, würde mit diesem
Erlebnis vergleichbar sein. Sie würde ihre zweite Geburt bei vollem Bewusstsein
erleben. Sie würde die Schmerzen ertragen und gleichzeitig wissen, dass jeder
Schmerz zuvor nichtig gewesen war. Danach war sie reingewaschen von allem. Von
jeder Sünde, jedem Makel auf ihrem Körper. Die alten Wunden in ihrer Seele
würden mit der Zeit heilen, jedoch auch neue hinzukommen, die vielleicht tiefer
bluteten als die vorherigen. Die Immaculates trugen eben eine andere Art von
Schmerz mit sich herum. Welche das für Romy war, würde sie selbst herausfinden.
Der Verlust der Schwester zum Beispiel. Wenn sich Rebeka nun, da der Tag für
Romy gekommen war, an dem sie die Seiten wechselte, doch trotz aller
Versprechen gegen sie stellte und sie verließ.
    „Ja, trink,
meine Schöne. Trink!“
Rys ertrug den wütenden Schmerz des Austausches in seinem Körper, ohne mit der
Wimper zu zucken, während Romy von seinem Handgelenk trank. Die Venen traten
unter der Haut deutlich sichtbar hervor, erinnerten ihn daran, ihr ja nicht
alles zu geben, damit sie nicht beide ihr Leben verloren. Ihr langsam
gewordenes Herz begann unter seiner Zuwendung wieder kräftiger zu schlagen. Er
lächelte zufrieden mit sich selbst. Romy war ganz schön gierig. Dabei hatte sie
doch so geduldig auf ihn gewartet. Sich ihm förmlich verweigert, bis ein
Machtwort gesprochen worden war. Ein nötiges Machtwort. Eines, das er an dieser
Stelle nicht mehr bedauerte.
     
    Einige Zeit
später brodelte eine glühende Lawine durch ihren Körper, die Romy veranlasste,
ihren Mund von ihm zu lösen und den Kopf schwer in den Nacken fallen zu lassen.
Ihre Lippen brannten von seinem Blut, das nun seine volle Wirkung in ihr
entfaltete und Prozesse in ihrem Körper auslöste, die sie nicht zu steuern
vermochte. Romy leckte sie die letzten Tropfen von den Lippen und wand sich
zappelnd in seinem Griff, der fest und doch nachgiebig geworden war.
Ihre Hand suchte Halt und krallte sich in den Stoff seines Hemdes, ohne ihn
anzusehen, ihre Augen waren geschlossen, weil sie die

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