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Die Nacht der Wölfe

Die Nacht der Wölfe

Titel: Die Nacht der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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Millionärinnen!«
    Clarissa verankerte den Schlitten und gab Emmett einen freundschaftlichen Klaps. »Mir würden schon ein paar hundert Dollar reichen, damit ich meine Schulden bei dir bezahlen kann und einigermaßen über die Runden komme. Alex und ich haben kaum Geld gebraucht. Alle paar Jahre mal neue Fallen, Munition für das Gewehr und den Revolver, ein paar Lebensmittel, etwas zum Lesen … Zu essen hatten wir immer genug. Wenn Alex einen Elch erlegte, brauchte er den ganzen Winter nicht mehr auf die Jagd zu gehen.«
    Die Bank war geschlossen. An der Tür hing ein Zettel mit der Aufschrift »Bin beim Mittagessen. Gegen zwei Uhr zurück. William E. Flemming.«
    »Zwei Stunden Mittag?«, rief Dolly so laut, dass sich einige Passanten nach ihr umdrehten. »So einen Luxus können sich nur Banker leisten. Mein Roadhouse war durchgehend geöffnet … auch am Wochenende.« Sie blickte sich suchend um. »Wenn ich wüsste, wo er sich den Bauch vollschlägt, würde ich ihm schon zeigen, was es heißt, seine Kunden so lange warten zu lassen.«
    »Sprechen Sie von Mister Flemming?«, erklang eine Stimme.
    Sie drehten sich um und sahen sich einem Hünen von Mann gegenüber. Er war wie ein Holzfäller gebaut, breite Schultern und schlanke Hüften, ein kantiges Gesicht mit vorgestrecktem Kinn, schmale Lippen, blaue, fast grüne Augen, in denen der Schalk blitzte, und rötliche Haare, die ihm bis auf die Schultern hingen. Er trug Nietenhosen, eine karierte Wolljacke und eine Schiebermütze mit dicken Ohrenschützern.
    »Oh, Verzeihung«, fügte der Mann rasch hinzu und riss seine Schiebermütze vom Kopf, »ich habe mich gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Jeremias O’Rourke, und ich komme aus dem wunderschönen Irland.« Er strahlte über beide Backen. »Es ist mir eine außerordentliche Ehre, zwei so wunderschönen Damen auf meinem Spaziergang zu begegnen. Mit wem habe ich die Ehre?«
    Dolly war bereits rot angelaufen. »Sie haben die Ehre mit Clarissa Carmack, die gerade ihren Mann verloren hat und nicht die geringste Lust verspürt, sich mit einem Mann zu unterhalten, und mit Dolly Kinkaid, die aus dem wunderschönen England kommt und mit Iren so ihre Erfahrungen hat.«
    »Oh … das tut mir leid«, entschuldigte sich der Mann zum zweiten Mal. Er drehte seine Mütze in beiden Händen und wirkte ehrlich betroffen. »Das habe ich nicht gewusst, sonst hätte ich doch nicht … Mein herzliches Beileid, Ma’am. Und wenn ich mir noch eine Bemerkung erlauben darf …« Er blickte wieder Dolly an, und der Schalk kehrte in seine Augen zurück. »Es soll Iren und Engländer geben, die ganz hervorragend miteinander auskommen. Nicht besonders viele, das gebe ich zu, aber Ausnahmen bestätigen nur die Regel.«
    »Ich weiß«, konnte sich Dolly nicht verkneifen zu sagen. Anscheinend mochte sie den Iren. »Ich war selbst eine … ich war mit einem Iren verheiratet, und wer weiß … vielleicht hätte unsere Ehe sogar ewig gehalten. Er ist leider tot.«
    »Sorry, Ma’am … Ich wollte Sie beide wirklich nicht …«
    »Schon gut, Jeremias O’Rourke. Oder sollte ich Sie Jerry nennen? Nun machen Sie sich mal nicht gleich in die Hose! Das ist eine ganze Weile her, und ich bin inzwischen so abgehärtet, dass mich ein weiterer Ire nicht aus den Schuhen kippen lässt.« Sie grinste schelmisch. »Was wollten Sie uns sagen?«
    »Nun … äh … ich wollte …« Der Ire war es anscheinend nicht gewöhnt, so locker von einer Frau angeredet zu werden, und brauchte eine Weile, um sich zu fangen. Er deutete auf den Zettel an der Tür. »Ich wollte Ihnen eigentlich nur sagen, dass ich weiß, wo Mister Flemming sich aufhält.«
    »Und warum rücken Sie dann nicht damit heraus?«
    »Weil Sie mich dauernd aus der Fassung bringen!«, erwiderte er lauter als beabsichtigt. Wieder drehten sich Passanten nach ihnen um. Er senkte seine Stimme. »Gewöhnlich isst er bei der Witwe Bowles in ihrem Café.« Er deutete nach Westen. »Das neue Holzhaus an der Ecke. Sie kocht das beste Irish Stew der ganzen Stadt.« Er grinste verschmitzt und setzte seine Schiebermütze auf. »Sie sind wirklich eine außergewöhnliche Frau, Mrs Kinkaid.«
    »Dolly«, verbesserte sie ihn. »Dolly und nichts weiter.«
    Der Mann war bereits weitergegangen, als Dolly etwas einfiel und sie lautstark seinen Namen rief. Er blieb erschrocken stehen, wohl darauf gefasst, erneut von ihr angegangen zu werden, doch ihr war nicht nach neuen Neckereien zumute. »Können Sie mit Holz umgehen,

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