Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
Vom Netzwerk:
Jahren hatten die Leute in und um Bear Valley den Danvers' ihre Privatsphäre gegönnt, nicht zuletzt dank der üppigen Schecks, die jedes Weihnachten eintrafen, für Schulmaterialien oder die neue Bücherei oder für was auch immer man gerade mühsam das Geld zusammenzubringen versuchte. Aber wenn eine Gefahr auftauchte, entsprach es der menschlichen Natur, sofort an den Außenseiter zu denken. Es würde nicht lange dauern, bis irgendjemand sich an Stonehaven und seine ebenso großzügigen wie geheimnisvollen Bewohner erinnerte und fragte: »Was wissen wir eigentlich wirklich über die Leute dort?«
    »Als Erstes müssen wir diesen Mutt finden«, sagte Jeremy. »Elena hat die beste Nase, also wird sie –«
    »Ich bleibe nicht«, sagte ich.
    Im Zimmer wurde es still. Alle drehten die Köpfe und sahen mich an. Jeremys Gesichtsausdruck war undurchdringlich, Clays Kiefermuskeln strafften sich, als bereitete er sich auf einen Streit vor, Antonio und Peter sahen schockiert aus, und Nick starrte mich verwirrt an. Ich verfluchte mich selbst dafür, dass ich es so weit hatte kommen lassen. Mitten in einem Treffen war nicht der beste Zeitpunkt, um meine Unabhängigkeit vom Rudel zu etablieren. Ich hatte versucht, es Jeremy am Abend zuvor zu sagen, aber er hatte offensichtlich vorgezogen, es zu ignorieren und zu hoffen, dass die Idee von allein verschwand, wenn ich darüber schlief. Ich hätte ihn gleich an diesem Morgen zur Seite nehmen und die Sache erklären sollen, statt mich an den Frühstückstisch zu setzen und die anderen glauben zu lassen, es sei wieder Normalität eingekehrt. Aber Stonehaven hatte diese Wirkung auf mich. Ich kam zurück, tauchte in das Leben hier ein – rannte mit Clay, stritt mit Jeremy, schlief in meinem Zimmer, traf die anderen wieder – und vergaß alles andere. Jetzt, als Jeremy Pläne für mich zu machen begann, wurde mein Gedächtnis rapide wieder besser.
    »Ich dachte, du bist zurückgekommen«, sagte Nick schließlich in das Schweigen hinein. »Du bist hier. Ich verstehe nicht ganz.«
    »Ich bin hier, weil Jeremy mich dringend gebeten hatte, ihn zurückzurufen. Ich habe es versucht, aber keiner ist drangegangen, also bin ich hergekommen, um nachzusehen, was los ist.«
    In dem Augenblick, in dem ich es aussprach, wurde mir klar, wie lahm das klang.
    »Ich habe angerufen«, fügte ich hinzu. »Und angerufen und angerufen und angerufen. Ich hab mir Sorgen gemacht, okay? Und irgendwann bin ich hergekommen, weil ich wissen wollte, was Jeremy will. Ich hab ihn gestern Abend gefragt, aber er hat es mir nicht sagen wollen.«
    »Und jetzt, nachdem du's weißt, gehst du also wieder«, sagte Clay. Seine Stimme klang leise und hart.
    Ich ging auf ihn los. »Ich hab dir gestern Abend schon gesagt –«
    »Jeremy hatte einen Grund, dich anzurufen, Elena«, sagte Antonio, während er zwischen Clay und mich trat. »Wir müssen rauskriegen, wer dieser Mutt ist. Du führst die Akten. Das ist dein Job.«
    »Das war mein Job.«
    Nick setzte sich auf; er wirkte jetzt nicht mehr nur verwirrt, sondern auch alarmiert. »Was soll das heißen?«
    Clay machte Anstalten aufzustehen.
    »Das soll heißen, dass Elena und ich etwas unter vier Augen zu besprechen haben«, sagte Jeremy. »Wir machen später weiter.«

Vermächtnis
    Peter und Antonio verließen rasch den Raum. Nick blieb noch und versuchte meinen Blick aufzufangen. Als ich wegsah, zögerte er und folgte dann seinem Vater. Clay plumpste wieder auf seinen Sitz.
    »Clayton«, sagte Jeremy.
    »Ich bleibe. Das geht mich genauso viel an wie dich. Wenn Elena sich einbildet, sie kann hier auftauchen und dann einfach wieder gehen, nachdem ich über ein Jahr gewartet habe –«
    »Dann was?«, fragte ich und machte einen Schritt auf ihn zu. »Dann wirst du mich kidnappen und in einem Hotelzimmer einsperren?«
    »Das war vor sechs Jahren. Und ich wollte dich bloß davon überzeugen, dass du mit mir reden solltest, bevor du weggehst.«
    »Überzeugen? Ha. Ich wäre wahrscheinlich jetzt noch da, wenn ich dich nicht überzeugt hätte, mich gehen zu lassen, indem ich dich an den Füßen vom Balkon habe hängen lassen. Wenn ich noch einen Rest Verstand gehabt hätte, hätte ich bei der Gelegenheit losgelassen.«
    »Hätte nichts genützt, Darling. Ich federe. So leicht wirst du mich nicht los.«
    »Ich werde dich jetzt los«, sagte Jeremy. »Raus. Das ist ein Befehl.«
    Clay zögerte; dann seufzte er, zog sich von seinem Stuhl hoch, verließ das Zimmer und schloss die

Weitere Kostenlose Bücher