Die Nacht der Wölfin
Tür. Das hieß allerdings nicht, dass er fort war. Keinerlei Schritte entfernten sich den Gang entlang. Stattdessen hörte ich einen dumpfen Plumps, als er sich draußen auf den Boden setzte, um zuzuhören. Jeremy beschloss es zu ignorieren.
»Wir brauchen deine Hilfe«, sagte er, während er sich wieder mir zuwandte. »Du hast die Mutts recherchiert. Du hast diese Aufgabe übernommen. Du weißt mehr über sie als irgendwer sonst.«
»Ich habe die Aufgabe übernommen, weil ich zum Rudel gehört habe. Ich hab dir gesagt –«
»Wir brauchen deine Nase, um ihn zu finden, und deine Kenntnisse, um ihn zu identifizieren. Dann brauchen wir deine Hilfe, um ihn loszuwerden. Es ist eine schwierige Situation, Elena. Clay ist nicht der Richtige dafür. Wir müssen mit der allergrößten Vorsicht vorgehen. Der Mutt hat auf unserem Territorium getötet, und er ist in unserer Stadt untergekommen. Wir müssen ihn rauslocken, ohne Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen oder ihn in Panik zu versetzen. Du kannst das. Und nur du.«
»Es tut mir Leid, Jer, aber das ist nicht mein Problem. Ich lebe nicht mehr hier. Es ist nicht meine Aufgabe, nach Mutts Ausschau zu halten. Es ist nicht mein Job.«
»Es ist meiner. Ich weiß. Es hätte nie passieren sollen. Ich habe einfach nicht aufgepasst. Aber das ändert nichts daran, dass es passiert ist und dass wir deshalb alle in Gefahr sind – sogar du. Wenn der Mutt weiterhin Ärger macht, riskiert er, erwischt zu werden. Wenn er erwischt wird, was hindert ihn dann daran, den Behörden von uns zu erzählen?«
»Aber ich –«
»Alles, was ich von dir will, ist deine Hilfe bei diesem Problem. Sobald es behoben ist, kannst du tun, was du willst.«
»Und wenn ich das Rudel verlassen will? Hast du das ernst gemeint, was du gestern Abend gesagt hast? Dass es meine Entscheidung ist?«
Etwas glitt über Jeremys Gesicht. Er schob sich das Haar aus der Stirn, und der Ausdruck war verschwunden. »Ich war ärgerlich gestern Abend. Es gibt keinen Grund, die Entscheidung so übereilt zu treffen, Elena. Ich habe gesagt, ich würde dich gehen und dein eigenes Leben leben lassen und ich würde dich nur zurückrufen, wenn es wichtig ist. Dies hier ist wichtig. Ich habe dich wegen nichts anderem je angerufen. Ich habe Clay nicht erlaubt, mit dir Kontakt aufzunehmen. Ich habe nicht verlangt, dass du zu den anderen Treffen zurückkommst. Ich habe nicht erwartet, dass du die Akten weiterführst oder irgendwas von den Dingen tust, die du normalerweise für uns erledigt hast. Niemand außer dir würde so viel Freiraum bekommen. Ich lasse ihn dir, weil ich möchte, dass du die nötige Freiheit hast, um die richtige Entscheidung zu treffen.«
»Du hoffst, ich werde da rauswachsen.«
»Dich an all das zu gewöhnen war schwerer für dich als für irgendjemanden sonst. Du bist nicht mit dem Wissen aufgewachsen, dass du ein Werwolf werden würdest. Gebissen zu werden wäre schlimm genug gewesen, aber die Umstände, unter denen es passiert ist, machen es zehnmal schlimmer. Es liegt in deiner Natur, gegen etwas anzukämpfen, das du dir nicht ausgesucht hast. Wenn du deine Entscheidung triffst, dann möchte ich, dass du sie triffst, weil du genug Zeit da draußen verbracht hast, um zu wissen, was du willst, und nicht, weil du bockig bist und hier und jetzt dein Recht auf Selbstbestimmung etablieren willst.«
»Mit anderen Worten, du hoffst, ich werde da rauswachsen.«
»Ich bitte um deine Hilfe, Elena. Ich bitte darum, ich verlange sie nicht. Hilf mir dieses Problem lösen, und du kannst zurückgehen nach Toronto. Niemand wird dich aufhalten.« Er sah zur Tür, horchte auf Clays Protest, aber es kam nur Schweigen zurück. »Ich gebe dir ein bisschen Zeit zum Nachdenken. Komm zu mir, wenn du so weit bist.«
Ich blieb über eine Stunde lang im Arbeitszimmer. Ein Teil von mir verfluchte mich selbst dafür, dass ich überhaupt zurückgekommen war, verfluchte Jeremy dafür, dass er mir dies auferlegte, verfluchte Clay dafür, dass … na, für alles andere eben. Ich hätte mit den Füßen stampfen können wie ein zweijähriges Kind bei einem Wutanfall und brüllen, es sei nicht fair. Aber es war fair. Jeremys Argumente waren absolut vernünftig. Das war ja das Schlimme daran.
Ich stand in der Schuld des Rudels; ich hatte sie noch nicht vollständig abbezahlt. Ich stand in Antonios und Peters und Nicks und Logans Schuld für ihre Freundschaft und ihren Schutz, und obwohl sie dazu neigten, mich wie eine kleine Schwester zu
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