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Die Nacht des Schierlings

Die Nacht des Schierlings

Titel: Die Nacht des Schierlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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dabei immer unerträglich freundlichen Gehabe so oft bei Friedrich war, fühlte er sich wieder in seinem Anfangsverdacht bestärkt: Friedrich köchelte nicht, wie er behauptete, einen Theriak, damit müsste er längst fertig sein. Wenn er verschmitzt etwas vom Gold murmelte, das bald in der Kasse sein werde, meinte er keines aus dem ehrbaren Verkauf der Apotheke. Friedrich stritt es vehement und lachend ab, ob er dennoch dem alten Traum der Alchemisten folgte, dem Traum vom Goldmachen? Für gewöhnlich war das der sicherste Weg in den Ruin, in den Schuldturm oder Schlimmeres.
    Gerrit Leubold war ein kühl und vernünftig denkender Mann. Er glaubte nicht an Wundermittel, Zauberwurzeln und dergleichen. Andererseits – hieß es nicht, es gebe mehr zwischen Himmel und Erde, als wir uns erträumen können?
    Er hatte versprochen, auf Friedrich Acht zu geben, also musste er sich etwas einfallen lassen. In Schuldturm und Fronerei gab es weder Sonne noch Mond, nicht einmal als an die Decke gemalte Symbole der Hoffnung.
     
    R osina und Magnus Vinstedt blieben noch, als die Komödianten aufbrachen. Die meisten Bänke im Bremer Schlüssel waren nun besetzt, Jakobsen hatte keine Muße mehr, der Wirt wurde gebraucht. Rosina war nicht sicher, ob das von Vorteil oder von Nachteil war. Wenn Jakobsen etwas sagte, konnte sie sich darauf verlassen, dass es stimmte, er neigte nicht zu Übertreibungen, jedenfalls nicht zu maßlosen, die an pure Erfindung oder Lüge grenzten. Der schwatzhafte Knopfmacher hingegen saß noch bei ihnen, Servatius blickte melancholisch in sein längst geleertes Geneverglas. Magnus gab der Schankmagd einen Wink, blinzelte Rosina zu und lehnte sich gemütlich zurück, während Lineken ihre Gläser wieder füllte.
    «Auf dein Wohl, Servatius», sagte Magnus und hob sein Glas, während Rosina ungeduldig auf die vordere Sitzkante rutschte. «Nun erzähl doch mal, Servatius», sagte sie, «du hast vorhin gesagt, der Hofmann sei sich zum Rumkrakeelen zu fein gewesen. Jakobsen war anderer Meinung, oder?»
    «Ach, Jakobsen. Seit der hier ’ne Abteilung für feine Bürger hat, benimmt er sich bald selbst wie einer. Der soll mal aufpassen, sonst bleiben wir aus den Hinterhäusern weg aus seiner Schenke, und so ’ne Bürger bleiben nie lange, die wollen immer Abwechslung und suchen sich bald was Neues, immer à la mode , von Treue halten die feinen Pinkel nichts. Ich könnt’ da was erzählen …»
    «Klar», sagte Magnus rasch, er spürte Rosinas Ungeduld, «ganz sicher kannst du das, Servatius. Erzähl mir doch mal – also, ich hab gehört, der Hofmann hat sich neulich ordentlich geprügelt, und der Apothekermensch, wie heißt er? Genau, Momme Drifting, der soll auch ganz flinke Fäuste haben.»
    «Nee, der Drifting nicht. Der ist ein Weichei, Pillendreher eben. Der haut nie zu, der haut ab.» Servatius lachte meckernd. «Genau. Der haut lieber ab. Und der Hofmann», er blickte bedauernd schnalzend in sein leeres Glas, «tja, der Hofmann.»
    Gleich wurde das Glas nachgefüllt, und er fuhr fort: «Also, ’n echter Haudrauf war der auch nicht. Bestimmt nicht. Ich kannte den wenig, nur in letzter Zeit war der ab und zu hier. Wenn er in der richtigen Stimmung war, ich kann euch sagen!, dann hatte der ’ne Zunge – geschärft wie ’n Schlachtermesser. Der hat sich nicht die Fäuste verbogen, dabei kann einer, der alle Tage Teig kneten muss, kein Schwächling sein. War der auch nicht. Paar Tage bevor ihn einer ins Fleet gedückert hat – ich will ja nichts sagen, aber das waren wirklich nur ein oder zwei Tage –, da hat’s hier doch ’ne kleine Hauerei mit dem Konditor geben. Am Freitag? Ja, am Freitag. Jakobsen ist gleich dazwischengegangen, mit seinen Pranken kriegt der alle auseinander. Die Gäste hier haben gemault, so ’ne Hauerei ist mal ’ne Abwechslung. Wir dachten, es geht gleich weiter, wenn Jakobsen sich nur umdreht, war aber nicht so. Die sind dann einfach gegangen.»
    «Wer?» Rosina bemühte sich, Servatius’ Geplapper genau zu folgen, um nicht den richtigen Moment zu versäumen, an dem sie einhaken musste. «Wer ist gegangen? Hofmann? Und der Apotheker?»
    «Der ist nur der Geselle vom Apotheker beim Opernhof, an der Ecke am Gänsemarkt, wo der Durchgang ist. Du kennst dich da doch aus, also da, wo …»
    «Ja, Servatius! Ich kenn mich da aus. Also: Wer ist gegangen?»
    «Ich dachte, du weißt das längst. So ’ne kleine Prügelei ist nichts Schlimmes, kommt alle Tage vor. Solange alles

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