Die Nacht des schwarzen Zaubers
Technik, in dem sie sich erst zurechtfinden mußten. Wo war die Anzeige für das Fluten? Wo die Kontrolle der Regelzellen? Wo die Hebel für die Trimmzellen? Wo liegen die Abgasventile? Funktioniert der Motor für das kleine Sehrohr? Welche Lampe muß aufleuchten, um zu sagen: Torpedo startklar! Wo ist die Anzeige, daß das Rohr bewässert ist? Nur eins war unmißverständlich: Der rotlackierte Abschußhebel.
Draußen rappelte der Stromerzeuger. Da und dort auf der Instrumententafel im U-Boot flackerten rote und grüne Lämpchen auf. Die E-Maschine nahm den Strom an.
»Jetzt wird es kritisch, Alex!« sagte Hansen mit trockenen Lippen. Seine Zunge schien dick und pelzig. »Wenn irgendwo etwas durch Korrosion beschädigt ist, wenn die Jungs damals, ehe sie das Boot verließen, irgendeine Zündung scharf gemacht haben, dann …« Er schwieg und sah Baumann an.
Baumann nickte. »Dann sind wir in wenigen Minuten Gulasch.«
»Nicht einmal das.« Hansen lehnte sich zurück. Sie hatten jetzt sechs Stunden ohne Unterbrechung gearbeitet. Am Horizont wuchs zusehends der Tag. Sie hatten die Wartungsklappen aufgeschraubt und waren ins Heiligtum des Bootes vorgedrungen. Überall Kabel und eine verwirrende Vielfalt von Geräten, so blank, als wären sie gestern erst eingebaut worden. Sie klopften den Bootskörper mit Hämmern ab. Ob es vielleicht doch Roststellen gab? Aber die Stahlplatten hatten wahrhaftig dreißig Jahre heil überstanden. Und dann knieten sie vor der verschlossenen Mündungsklappe des Torpedorohres und sahen einander fragend an. Hinter dieser Klappe aus Stahl lag der Tod. Ein schlankes, elegantes Geschoß, mit einem hochempfindlichen Zünder, der die Hölle entfachen konnte.
»Ich gebe zu, ich spüre einen gewissen Druck im Hintern!« sagte Hansen nach geraumer Zeit.
»Ist ein Torpedo drin, ist er scharf gemacht!« Baumann kletterte in den Turm. »Es gibt hier nicht, wie im großen Boot, die Möglichkeit, ihn vor dem Laden scharf zu machen. Er ist abschußfertig eingeschoben worden.«
»Ich weiß. Prost, Alex.« Jetzt, im Morgengrauen, waren sie müde und warteten nur noch, daß die E-Maschine sich auflud. Ein Zirpen aus dem Funkgerät schreckte sie hoch. Baumann kletterte aus dem Turm. Vor ihm, auf dem runden glatten Deck des Zwei-Mann-U-Bootes, stand der Apparat. Das Ruflämpchen flackerte. Fred Dylon rief von seinem Beobachtungssitz oberhalb des Höllenloches. Baumann stellte auf Empfang.
»Sie sind da!« Dylons Stimme klang etwas verzerrt. »Ein Frachtkahn kommt in die Bucht. Weiß Gott, die verstehen wirklich was von Navigation! Sie kommen in dieses Teufelsloch, als machten sie eine Spazierfahrt. Ich sehe sie erst jetzt. Sie sind in der Nacht ohne Lichter gekommen. Wie steht's bei euch?«
»Beschissen!« sagte Baumann ehrlich. »Wir sitzen auf einem Klotz voll Sprengstoff und warten, daß er hochgeht.«
»Bekommt ihr das Boot klar?«
»Auf jeden Fall.« Baumann nickte Hansen zu, der aus dem Turm kletterte. Irgendwo im U-Boot hatte ein lautes Summen begonnen. Eine Maschine schien vollgeladen zu sein und arbeitete jetzt, weil irgendein Hebel auf Einschalten gestellt war. Aber welcher Hebel? Hansen suchte an den Schalttafeln herum und beobachtete die verschiedenen Anzeigen, Uhren und Zeiger.
»Das Boot reagiert bereits«, sagte Baumann mit belegter Stimme. »Nur wissen wir noch nicht, in welcher Richtung. Ich lasse das Gerät an. Wenn's knallt, müssen Sie sich um meine Familie kümmern, Fred.«
»Wird sich machen lassen, Sir.« Dylons Stimme klang fest. »Ich liebe Claudia.«
»Danke. Einmalig, sollte dies wirklich der Antrag eines Schwiegersohnes sein. Aber … er tröstet mich. Mach's gut, mein Junge!« Baumann ließ das Funkgerät an und kletterte hinüber zu Hansen. Die Morgensonne stand jetzt gleißend an einem farblosen, fast weißen Himmel, ihr grelles Licht war so unwirklich, als beschiene es eine andere Welt.
Die Eingeborenen füllten aus den Kanistern die Dieseltanks voll. Sie standen an den beiden kleinen Handpumpen und sangen leise dabei im Rhythmus, wie sie eigentlich immer sangen, wenn sie arbeiteten. Ein glückliches Volk …
»Was summt da so?« fragte Baumann. »Hast du's?«
»Noch nicht.« Hansen hockte auf dem Turmluk. »Wenn's etwas Gefährliches wäre, schwebten wir schon in den Wolken. Ich nehme an, irgendein Pumpenaggregat arbeitet und saugt Luft in die leeren Fluttanks. Genauso hört sich's an. Flpflpflp … da … rotes Licht. Scheiße!« Hansen verschwand im Turm. Er
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