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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bereit.
    »Mündungsklappe auf!«
    »Ist auf!«
    »Rohr klar zum Schuß!«
    »Rohr klar!«
    Hansens Hand legte sich um den roten Abschußhebel. Im Sehrohr hatte er die hohe Bordwand des Schiffes vor sich, der elektronische Rechner hatte keine Mühe mehr. Die Werte waren an der Grenze der eigenen Gefahr. »Was ist?« stammelte Baumann. »Titus, was ist los?«
    »Noch zwei Grad. Ich will ihn mittschiffs haben! Entfernung dreihundert. Alles klar zum Nachfluten?«
    »Klar!«
    Augenblicke angespannten Wartens. Da greift Hansen zum Abschußhebel. »Jetzt!« Der Hebel klappt herunter. Zischend verläßt der Torpedo das Rohr. Das Boot zittert. In die Tanks flutet neues Wasser ein und hält das Boot nach dem Gewichtsverlust unter Wasser. Und dann zählen sie wieder, wie vor dreißig Jahren. Wann kommt die Detonation, wann trifft uns der Wasserdruck, wann bricht ein Vulkan mitten im Meer aus, ein Vulkan aus Feuer, Eisenfetzen, Deckplanken, Holz und zerspringendem Metall?
    Der Knall war ungeheuerlich. Hansen sah im Sehrohr, wie das Schiff sich aufbäumte und dann in zwei Hälften zerfiel. Eine hohe Fontäne aus Wasser und Trümmern hüllte es ein und regnete dann zurück auf ein Wrack, das im Meer schnell versank. Dann traf die Druckwelle sie und schüttelte sie durcheinander. Hansen zog das Sehrohr ein. Sein Gesicht war wie von einem schweren Schock gezeichnet.
    »Das muß ein Spezialtorpedo gewesen sein«, sagte er tonlos. »Eine solche Sprengkraft habe ich noch nie gesehen. Das … das war ein Sekundentod … Das habe ich nicht gewußt und nicht gewollt. Ich habe gedacht, sie hätten Zeit genug, noch in die Boote zu gehen.« Er lehnte die Stirn gegen das Okular des Sehrohres und schloß die Augen. Das Grauen hatte ihn gepackt.
    Sie fuhren unter Wasser zurück zur Insel Douceur und tauchten nach ungefähr zwei Stunden wieder auf. Der Himmel war fahl; was sie schon längere Zeit bemerkt hatten, war jetzt, bei Überwasserfahrt, ganz deutlich: ein Zittern im Meer, ein Beben aus der Tiefe heraus, als ziehe sich die Haut der Erde frierend zusammen. Zuerst hatten sie gedacht, dies sei die Nachwirkung der Detonation, aber jetzt, weit entfernt vom Wrack, grollte das Meer noch immer unter ihnen. Es schlug hohe Wellen bei völliger Windstille. Und je näher sie Douceur kamen – in langsamer Fahrt, um Treibstoff zu sparen – um so wilder tobte die See.
    Sie hatten wieder drei Tage vor sich, drei Tage Einsamkeit in diesem stählernen, langgestreckten und engen Behälter. Sie mußten auf den Sitzen schlafen und sich an den Instrumenten abwechseln. Drei Tage Sonne, drei Nächte Finsternis, nur unterbrochen vom Summen der Motoren und vom Klatschen des Meeres an die Bordwand. Und jetzt noch die immer wilder werdende See, als führe sie die Ausläufer eines Taifuns mit sich.
    Am zweiten Tag war es unmöglich, mit offener Luke zu fahren … Baumann und Hansen hockten in dem engen Turm. Sie hatten sich eingeschlossen.
    »Ein verdammtes Wetter!« sagte Hansen. »Es kommt uns entgegen. Hast du Funkverbindung mit Aimée?«
    »Noch nicht.« Baumann rief und rief auf der Frequenz Fred Dylon. Er versuchte es schon einen ganzen Tag, genauer, seit drei Stunden nach Versenkung des Waffenschiffes. Und Aimée schwieg. Dylon antwortete nicht. Der Ruf in den Äther blieb ohne Echo.
    »Wir sollten schnellere Fahrt machen!« sagte Baumann. Irgendein Gefühl in ihm signalisierte Gefahr.
    »Sing ein Loblied, wenn wir überhaupt so bis Douceur kommen.« Hansen zeigte auf die Dieseltanks.
    »Ich habe plötzlich Angst.« Baumann versuchte wieder, Fred Dylon zu erreichen. »Niemand meldet sich! Das ist nicht normal, Titus! Auf Aimée ist etwas passiert! Verdammt noch einmal, wieso meldet sich denn niemand? Dylon, hören Sie … Dylon!«

14
    Es war eine qualvolle Fahrt. Um Kraftstoff zu sparen, ließ Hansen die Maschine auf halber Kraft laufen. Als dann die Wellen immer höher wurden, als das Meer sich wie toll gebärdete und das U-Boot gegen haushohe Brecher ankämpfen mußte, in Abgründe stürzte und wie ein Ball herumgeschleudert wurde, da mußte Hansen schließlich die Fahrt völlig einstellen.
    Wesentlich war jetzt, das Boot überhaupt zu halten. Baumann hockte auf seinem Sitz und starrte auf die Armaturen. Um ihn herum krachte das Meer gegen die Bootshaut. »Das kommt von unten! Der Meeresgrund spielt wohl verrückt. Siehst du den Himmel? Die Sonne scheint, und sie hängt wie ein glühender Bleiklumpen in einem völlig farblosen Himmel! Titus, nun sag doch

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