Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)
den grauen Haaren, der etwas von seiner Sprache verstehen konnte, ging immer dicht bei ihm und redete auf ihn ein. Er fragte Wessel nach Dingen, die ihm selbstverständlich schienen, bei dem alten Mann aber Begeisterung auslösten. Als er dem Mann zu erklären versuchte, dass er sich natürlich in Zauberdingen gut auskannte, dass er wohl nicht an diesen Ort hätte gelangen können, wenn er nicht ein Auserwählter der Göttin gewesen wäre, schien der alte Mann in einen Taumel aus Überraschung und Glück zu geraten. Er begann, wild zu gestikulieren und redete auf die hübsche junge Frau ein, die Carda so ähnlich sah. Auch sie schien erfreut über das, was sie hörte, nickte und lächelte ihm zu.
Wessel wurde das Gefühl nicht los, dass die Fremden ihn kannten, nur der junge Mann, der immer besorgt um die junge Frau herumstrich und sie offensichtlich beschützen wollte, blickte ihn misstrauisch an.
Er bereute schon, dass er die Göttin erwähnt hatte, schließlich wusste er nicht, ob die Menschen in der Welt, aus der diese Leute kamen, überhaupt schon von der Göttin gehört hatte und ob sie ihn nicht für einen Ketzer hielten, aber der alte Mann schien nur neugierig. Also versuchte Wessel ihm zu erklären, warum die Albions und die Noiren zwar gegeneinander kämpften, aber trotzdem Brüder waren, als er aus der Ferne ein Heulen vernahm.
Sofort blieben alle stehen.
Zweifellos waren die Hunde des Dämons in der Nähe.
***
Das Kreischen der Platte hallte langsam wieder leiser durch die Katakomben, aber weder Tanners Gruppe noch Eckhardt und seine Gefolgsleute verlangsamten ihren Lauf. Ohne voneinander zu wissen, liefen sie auf die Halle zu, in der vor einigen Minuten noch Elaine und ihre Freunde gewesen waren.
***
Eckhardt lief mit langen Schritten voran. Der Grieche und der Archivar konnten kaum folgen, nur die Bornsens hielten mühelos mit.
Vor sich konnte Eckhardt schon das hellere Licht in der Halle erkennen, in der er schon so oft gestanden und nach einem Mechanismus gesucht hatte, um die Platte zu bewegen. Bisher umsonst. Das Geräusch hatte ihm klargemacht, dass es jemandem vor ihm gelungen war, den Mechanismus zu finden.
Und er wusste auch, wer das war.
Als bei der Auseinandersetzung mit Elaine der Schutzwall in ihrem Bewusstsein für einen Moment zusammengebrochen war, hatte er sehen können, dass sie es sein würde, die ihm den Weg in die Unterwelt ebnen würde. Sie war die Wiedergeborene. Er hatte aber auch gesehen, dass NICHT sie es war, mit der der letzte Akt eingeleitet würde. Es war diese andere Frau, die, die den Schutzwall in Elaines Bewußtsein gebildet hatte und deren Kraft er in dem Tritt gespürt hatte.
Sie war die Mutter der kommenden Dunkelheit.
Die Weissagungen erfüllten sich.
Mit einem Satz war er aus dem Gang hinaus und auf der Platte, die gerade wieder in ihrer Ausgangsposition einrastete.
Gottverdammt, er war zu spät gekommen, er hatte nicht einmal ansatzweise erkennen können, was sich unter der Platte befand, geschweige denn, wie sie in Bewegung zu setzen war.
Das entsprach ganz und gar nicht dem, was er erwartet hatte.
Das Embryo in seinem Inneren begann nervös zu rotieren.
Eine fremde Macht spielte in ihrem Spiel mit, und er wusste nicht einzuschätzen, welche Rolle sie spielte. Er glaubte nicht, dass es diese andere Frau war. Da war noch etwas. Etwas, was ihm entgangen war. Etwas Größeres, etwas was die Karten gemischt hatte, BEVOR die Spieler sich an den Tisch gesetzt hatten.
Hinter ihm erreichten die anderen die Platte.
Er kümmerte sich nicht um sie und warf sich sofort auf die Knie, um den Spalt zwischen Wand und Platte zu untersuchen, vielleicht hatte sich seit dem letzten Mal etwas geändert, etwas, was ihm Aufschluss darüber geben konnte, wie man das verdammte Ding bewegen konnte.
Er spürte die Hand des Griechen auf seiner Schulter.
Verflucht, was wollte dieser Kretin jetzt? Er würde ihm ...
Aber er kam nicht mehr dazu, den Gedanken zu beenden.
Auf der anderen Seite der Halle standen Menschen.
Menschen mit Gewehren.
***
Tanner bemerkte sofort, dass die anderen weder Gasmasken noch Nachtsichtgeräte trugen. Aber im Moment war nicht die Zeit, sich über das Warum Gedanken zu machen.
Zwei von denen hatten Gewehre, und nur weil er nicht mehr sehen konnte, hieß das noch lange nicht, dass die anderen nicht auch bewaffnet waren.
Er kannte alle von den Fotos, die seine Leute in den letzten Tagen gemacht hatten. Es
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