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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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sagten denn diese Stimmen?" fragte Wessel, neugierig geworden.
    "Zuerst schwöre mir, dass du nie einem Menschen von dem erzählen wirst, was ich dir jetzt erzähle."
    "Nun, gut ," er atmete tief ein und wieder aus, und hoffte, dass er wusste, worauf er sich hier einließ "ich schwöre es."
    "Die Stimmen sagten mir, dass die Hunde die Boten eines Dämonen sind. Dass sie die Ankunft eines unbekannten Gottes vorbereiten, und dass das Ende der Welt gekommen ist. Der unbekannte Gott wird einer Jungfrau ein großes Leid antun und das Tor zur Hölle öffnen."

 
    ***

 
    Am Abend diesen Tages machte sich Wessel daran, die Ereignisse der letzten Zeit für seine Chronik zu bearbeiten. Alle wichtigen Ereignisse führte er gewissenhaft auf. Sterbefälle, Geburten, Unwetter, Unfälle und allerlei Merkwürdigkeiten wurden ebenso erfaßt wie Nachrichten aus der weiten Welt.
    In der letzten Woche hatte es verschiedene Raufereien in den Wirtshäusern gegeben. Der lange Winter setzte den Leuten zu, sie wurden Streitsüchtig und fielen wegen Kleinigkeiten übereinander her.
    Ein Fremder war erstochen worden und ein Einheimischer leicht verletzt.
    Dann hatte ein Blitz die große Ulme am Nordtor getroffen und das Feuer hatte zwei Häuser arg in Mitleidenschaft gezogen.
    Drei Kinder waren geboren und zwei bei der Geburt verstorben, in einem Falle waren sogar Mutter und Kind vom Tode eingeholt worden und der Ehemann hatte eine alte Witwe aus der Nachbarschaft des Schadenzaubers verdächtigt. Diese hatte aber guten Leumund gefunden und der Mann hatte eine Strafe an sie zahlen müssen.
    In der Nachbarstadt hatte man am Pranger dreizehn Frauen und vier Männer wegen Hexerei erwürgt.
    Aber das Schwierigste war für ihn, dass er nun die zwölf Männer in seine Chronik aufnehmen musste, die in der vergangenen Nacht in ihren Betten eines unerklärlichen Todes gestorben waren.
    Er wusste es besser.
    Das Geschrei der Frauen hallte immer noch durch die Gassen der Stadt. Für die Pest fanden sich weiterhin keinerlei Anzeichen. Nur einige seltsame Käfer, wie man sie hier nicht fand, kamen hervorgekrochen, als man die Betten der Verstorbenen aufschlug um die Leichen abzutransportieren.
    Er tauchte die Spitze seiner Feder in das Tintenfaß vor ihm und notierte mit seiner sorgfältigen Schrift:
    "Zwölf Mannen in der heutigen Nacht aus unerklärlichen Gründen verstorben. Ein unbekannt Fieber hat sie hinweggerafft."
    Und um seiner Aufzeichnung das Geheimnis der Wahrheit beizufügen, machte er ganz unten auf dem Papier ein Zeichen in einer Schrift, wie sie nur noch von den Bruderschaften verwendet wurde.
    Niemand außer ihnen sollte erkennen können, was der wahre Grund für die Epidemie gewesen war.
    Seufzend legte er Feder und Papier zur Seite.
    Die eingetretenen Ereignisse, das ahnte er, würden ihn für längere Zeit von seinen Forschungen abhalten. Die neu gewonnene Tinktur zu probieren, dafür würde keine Zeit sein. Den großen Tisch hatte er bereits leergeräumt, und wo vorher Schalen, Flaschen, Mörser und Waagen standen, lagen jetzt nur noch die Blätter, auf die er seine Chronik schrieb.
    Das Gespräch mit Carda hatte die Sache noch schlimmer für ihn gemacht. Dass das Ende der Welt bald kommen würde, dass wollte und konnte er nicht glauben. Verstieß die Rede Cardas nicht gegen das, an was er als Mitglied der Bruderschaft zu glauben hatte, dass allein ihre nächtlichen Kämpfe darüber entschieden, wie das Schicksal der Menschen aussehen würde? Ob es gute oder schlechte Zeiten würden, darüber entschieden die Menschen, aber keine andere Macht als die Göttin allein entschied über Anfang und Ende von Allem. Nicht die Katholiken und Protestanten waren es, die um den Himmel kämpften, sie waren es, die Bruderschaften der Nacht, die Soldaten der Wilden Horla . Nachts verließen ihre Seelen die Körper, um an fernen Orten um die Zukunft zu streiten. Sie waren die heimliche Kirche der Göttin, der alle Menschen angehörten. Bisher war der Kampf immer für beide Parteien glimpflich ausgegangen. Die Noiren wie die Albions waren zwar Angehörige anderer Bruderschaften, aber sie gehörten doch beide zum Heer der Wilden Horla , hatten eben nur jeweils das ihrige zum uralten Spiel um Gut und Böse beizutragen, beide ein Teil des undurchschaubaren Ganzen, beide aufeinander angewiesen, wie es die Göttin in ihrer Natur gewollt hatte.
    Aber die Ereignisse der letzten Nacht, das wusste Wessel, bedeuteten eine Bedrohung des Gleichgewichtes. Der

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