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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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schienen. Die Käfer krabbelten in seinen Mund und verschwanden wieder in der Kehle. Barnabas wand sich stärker unter seinen Fesseln und öffnete und schloss die Fäuste. Auch seine Finger hatten sich verändert. Von langen Klauen tropfte Blut, dass er sich durch seine unruhigen Bewegungen selbst aus dem Körper gepreßt hatte.
    "Die Zeiten sind vorbei ," höhnte der Dämon wieder mit seiner rissigen Stimme, "ihr wisst es hier noch nicht, aber die Zeiten sind vorbei, in denen ihr uns mit Bibelsprüchen beeindrucken konntet. Sie sind vorbei, das müßt ihr erst einmal verstehen lernen."
    Er brach in schrilles Gelächter aus und spuckte einen Schwall schwarze Flüssigkeit in Richtung seines Bruders.
    "Trink das ," rief er, "trink das und werde mein wahrer Bruder."
    Rüdiger, der zusammengekauert an der Wand gesessen hatte, bemüht, nichts von dem, was sich direkt vor seinen Augen tat, wirklich in sich aufzunehmen, konnte gerade noch ausweichen, bevor der schmutzige Sud des Dämons an die Wand hinter ihm klatschte und sich in einen Haufen fetter schwarzer Käfer verwandelte die die Wand herunter auf ihn zu krabbelten .
    "Meine Kinder, meine kleinen Kinder ," schrie der Dämon.
    Rüdiger sprang auf und trampelte, von Entsetzen getrieben, auf den Käfern herum, knackend gaben ihre harten Hüllen seinen Stiefeln nach und öffneten sich für Myriaden winziger weißer Maden die sich, als sie den Boden berührten, in gelblichen Schleim verwandelten. Sie waren noch zu schwach, um fest und lebendig zu sein.
    Während Rüdiger mit den Käfern kämpfte, schlug Carda den sich hin und her windenden Körper Barnabas mit ihrem geweihten Stock, um den Dämon aus ihm zu vertreiben, und murmelte weiter ihren Spruch. Barnabas Gesicht verzerrte sich. Er öffnete den Mund und Carda musste mit ansehen, wie seine Zunge an der Spitze auseinanderriß und sich in zwei Enden spaltete.
    Der Dämon zischelte wie eine Schlange und grinste Carda frech an.
    Carda murmelte weiter ihren Spruch und bemühte sich, nicht hinzusehen.
    Barnabas Körper bog sich heftiger.
    Rüdiger stand zitternd in der Ecke und starrte zu seinem Bruder hin, dessen Verwandlung er nicht begreifen wollte. Den Kampf mit den Maden hatte er aufgegeben. Mit ihren winzigen, glitschigen Körpern begannen sie, an seinen Stiefeln Halt findend, an ihm hochzuklettern.
    Plötzlich rissen die Seile, mit denen Barnabas gefesselt war . Carda erhielt einen Schlag auf die Brust, der ihr mit einem Mal die ganze Luft aus den Lungen presste.
    Sie sackte zusammen und blieb auf dem Boden liegen.
    Krampfhaft versuchte sie, wieder zu Atem zu kommen, aber ihr Brustkorb fühlte sich an wie eine leergesaugte Schweineblase.
    Sie bekam einfach keine Luft.
    Sie lag zusammengekrümmt da, riss den Mund auf und versuchte verzweifelt, ihre Kehle dazu zu bewegen, sich zu öffnen. Vor sich konnte sie nur ein Stück vom Bettpfosten und den Dreck auf dem Boden sehen.
    Ein Käfer krabbelte auf sie zu. Direkt in Richtung ihres weit offen stehenden Mundes.
    Eine Sekunde, bevor der Käfer ihren Mund erreichte, wurde er von einem riesigen, rotbehaarten Huf zermalmt. Eine grüne Masse quoll hervor.
    Mit letzter Anstrengung verdrehte Carda den Kopf nach oben, um zu sehen, wem der Huf gehörte. Von ganz weit hinten, wie aus einem anderen Raum, hörte sie Rüdiger schreien und schreien und nicht wieder aufhören.
    Über ihr erhob sich im Zwielicht der Kammer die Gestalt eines grauenvollen Pans. Der Unterleib des Pans war der eines Ziegenbockes, harte, rote Haare verdeckten nur ungenügend zwei verkrüppelte Beine und einen riesigen, steil nach oben zeigenden Penis. Der eine Fuß des Pans war der des Bockes, der andere der eines Menschen. Der Oberleib war kurz und kräftig, der Bauch straff und nackt, zwei starke Arme endeten in haarigen, klauenbewehrten Pfoten. Der Kopf des Pans war Carda zugeneigt. Ein rotes und ein gelbes Auge funkelten sie böse an. Anstatt des Mundes hatte der Pan ein Nest aus Schlangen im Gesicht und anstatt der Nase zwei Löcher, mit faltigen Häuten bedeckt. Die Schlangen wanden und drehten sich, schoben ihre flachen Köpfe nach vorn und wisperten vielstimmig Obszönitäten.
    Der grauenvolle Anblick rettete Carda das Leben.
    Von unsagbarem Entsetzen gepackt, presste sie den letzten Hauch Luft aus ihren Lungen und setzte so den blinden Willen, der seit ihrem ersten Schrei an der Mutterbrust in ihr wohnte, wieder in Gang. Aus und Ein, Aus und Ein. Schmerzhaft wie tausend Nadeln floß die Luft wieder

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