Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)
er, "ich komme gleich mit."
Durch ihren eindringlichen Ton war er neugierig geworden, was sie ihm an diesem Tag, der schon so grausam begonnen hatte, noch mitteilen würde. Er ahnte, dass Dinge im Gange waren, die keinen Aufschub duldeten.
***
Carda wohnte in einer Gasse nicht weit vom Markt entfernt, in einer Gegend, in der die ärmeren Leute der Stadt in kleinen Häusern lebten, und davon lebten, den Handwerkern und Händlern ihre Dienste als Hilfskräfte anzubieten.
Wessel hatte Carda während des Weges von der Seite angesehen. Sie war nicht schlecht im Saft, diese Carda . Ihr Mann hatte eine recht hübsche Frau zurückgelassen, der Dummkopf. Aber sie war mit Eigensinnigkeit geschlagen, eine Eigenschaft, die bei Männern eine Tugend, bei Frauen aber ein Laster war. Aber ihre Eigensinnigkeit war es auch, so musste Wessel vor sich selbst einräumen, die sie von anderen Frauen unterschied. Sie war schlauer als die meisten und wusste die überlieferten Heilkünste klug anzuwenden und neue Wirkungen zu erzielen.
Als sie vor Cardas Haus ankamen, tat es ihm bereits leid, dass er sie für dumm gescholten hatte. Er nahm sich vor, sie in Zukunft ernster zu nehmen.
Carda öffnete die Tür und ließ ihn hinein. Wessel ging schweigend an ihr vorbei und setzte sich auf eine Truhe in der Ecke des niedrigen Raumes. Es war kalt, kein Feuer brannte im Ofen.
"Nun ," fragte er, "was war es, das du mir sagen wolltest?"
Carda blickte ihn prüfend an. Gerade noch hatte sie jemanden gesucht, dem sie von ihrer Vorahnung hatte erzählen können, einen Verbündeten der ihre Angst teilen und ihr sagen könnte, was zu tun sei, aber jetzt, wo sie die Leichen auf dem Markt hatte liegen sehen, war sie nicht mehr so sicher, ob sie einen Mitwisser wollte. Es konnte gefährlich sein, von bösen Ahnungen zu reden. Würde Wessel sie nicht in eine Verbindung mit dem Tod der Männer bringen und bei der Gerichtsbarkeit anzeigen? Andererseits wusste sie, dass Wessel selbst in Gefahr stand, als Hexer verurteilt zu werden, wenn die Obrigkeit davon erfuhr, dass es sich bei den Toten um seine Kameraden handelte. Sie war nicht so dumm, wie manche glaubten und wusste sehr wohl, dass viele der Männer aus ihrer Stadt sich von Zeit zu Zeit zu geheimen Versammlungen trafen, und Wessel gehörte zu ihnen. In ihm hoffte sie deswegen einen Mitwisser zu finden, der im Notfall selbst schweigen musste.
Als hätte er ihre Gedanken erraten, sagte Wessel:
"Hör zu, Carda , es tut mir leid, dass ich so unfreundlich war, ich ..."
Es tat ihm wohl wirklich leid und Carda hatte nicht vor, sich an seiner Zerknirschung zu weiden. Es war nicht die Zeit für Tändeleien.
"Schon gut ," unterbrach sie ihn, "hör zu, ich weiß, dass du bewandert bist in Zauberdingen. Ich weiß auch, frag nicht woher, dass du einer Bruderschaft angehörst. Ich weiß nicht, was ihr treibt, aber ich glaube nicht, dass es unchristlich ist. Unchristliche Dinge gehen aber gerade jetzt unter unseren Augen vor. Ich hatte eine Begegnung mit einem Boten des Satans. Ich habe ihn gut erkannt, er traf mich in Gestalt eines Hundes. Ich habe in meiner Bibel nachgelesen, schau nicht so erstaunt, die Lutherbibel lese ich fast fließend und dort stand .... Warte."
Tatsächlich war Wessel erstaunt, aber nicht darüber, dass sie lesen konnte, sondern darüber, dass sie einen Hund erwähnte. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Er dachte an die Hunde in seinem Traum, die den Kampfplatz bewacht hatten und offensichtlich zu dem Dämonen gehörten, und an den Hund, an dem er einige Tage zuvor seine Tinktur ausprobiert hatte. Bisher war er nicht dazu gekommen, die Salbe herzustellen, die auszuprobieren er sich vorgenommen hatte. Was, wenn ...
Aber er kam nicht dazu, seinen Gedanken zu Ende zu denken.
Carda war aufgestanden und hatte von einem Brett an der Wand eine abgegriffene Bibel geholt. Jetzt baute sie sich vor Wessel auf und zeigte auf eine Stelle in dem Buch:
"Denn draußen sind die Hunde und die Totschläger und die Abgöttischen und alle, die tun Lüge. Die Hunde haben mich umgeben, des Bösen Rotte hat mich umringt. Sie künden das Ende an."
"Siehst du, Wessel ," sagte sie, "ich wusste es sofort, als dieser Hund mich berührte, dass es nicht mit rechten Dingen zugeht. Nein, warte, bevor du mich auslachst, ich würde es nicht sagen, wenn ich nicht nachts meine Stimmen wieder gehört hätte, die ich seit meiner Kindheit nicht mehr gehört habe."
Aber Wessel war nicht zum Lachen zumute.
"Was
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