Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)
er es überhaupt vorhätte, ihren Leib lebend zu verlassen. Er hatte sich nämlich im Laufe der letzten Wochen vor seiner Geburt so unglücklich bewegt, dass sich die Nabelschnur um seinen Hals gewickelt hatte und ihn zu ersticken drohte.
Die Ärzte waren damals etwas besorgt deshalb, auf so etwas war man zwar immer vorbereitet, aber die Röntgenbilder hatten doch Anlass zu Diskussionen auf der Station gegeben. Denn nicht nur die Sache mit der Nabelschnur stimmte nicht, dazu kam, dass die Plazenta der Mutter ungewöhnliche Veränderungen aufwies.
Innerhalb von zwei Wochen war sie auf die doppelte Größe angewachsen.
Und das war nicht allein dadurch zu erklären, dass die Mutter es nicht geschafft hatte, auf das Rauchen während der Schwangerschaft zu verzichten. Die Plazenta war fast so groß gewesen wie das Kind selbst. Eine über alle Maßen ungewöhnliche Entwicklung über die die Ärzte, die Eric berichtet hatten, immer noch nicht müde wurden zu staunen.
Der Stand war damals der gewesen, dass man hatte fürchten müssen, dass das Kind von der Plazenta an die Wand der Gebärmutter gedrückt würde, hätte man sich nicht zur sofortigen Einleitung der Geburt entschlossen.
Es hatte fast so ausgesehen, als ob all die Funktionen, die neun Monate lang für ein Überleben des Embryos verantwortlich waren, sich im letzten Moment dazu entschlossen hatten, die Geburt eines lebendigen Jungen zu verhindern.
Der Mutter hatte man damals die kritische Situation verschwiegen, so weit wie irgend möglich. Die arme Frau war auch so schon vom Unglück genug geschlagen. Ihr Ehemann, Chef-Steward eines Urlaubskreuzers, war vor ziemlich exakt neun Monaten, kurz nach der Zeugung des Kindes, bei einem Schiffsunglück ums Leben gekommen. Wie ein Sarkasmus wirkte es, dass das Schiff, durch eine Materialschwäche im Stahl des Rumpfes bereits zum Sinken verurteilt, aufgrund eines kleineren Maschinenschadens erst drei Tage später als geplant in See gestochen war.
Der Tod des armen Mannes war schon im großen Buch des Lebens bestimmt gewesen, aber er hatte die drei Tage, die ihm ein glücklicher Zufall noch gelassen hatte, genutzt um irgendwann während dieser Zeit einen Nachkommen zu zeugen.
Eric konnte dem Gedanken an eine Vorbestimmung zwar nicht zustimmen, aber er hatte zugeben müssen, dass es tatsächlich so aussah, als habe das Schicksal die Geburt dieses Jungen nicht gewollt.
Als die Ärzte das Kind dann mit dem Steiß voran aus der Mutter herausgeholt hatten, hatte die Plazenta bereits eine solche Größe erreicht, dass das Kind drohte, in dem schwammigen Organ zu versinken. Als sei es sich bewusst gewesen, dass einige weitere Tage in der Höhle des mütterlichen Uterus seinen vorgeburtlichen Tod bedeutet hätten, brauchte es keinen Klaps, der den ersten Atemzug provoziert hätte.
Es schrie aus vollen Lungen.
Noch während die Mutter ihr Kind zum ersten Mal hielt, untersuchte ein Team von Spezialisten die Ursachen für die unnatürliche Vergrößerung der Plazenta. Es stellte sich heraus, dass das Organ Bestandteile eines weiteren Embryos enthielt, der bei früheren Röntgenaufnahmen unbemerkt geblieben war. Allerfeinste Bestandteile des Rückenmarks und des Gehirns des unentdeckten Zwillings fanden sich eng verwoben mit der Struktur der Plazenta. Und das erstaunlichste war, dass diese Bestandteile in ihrer nährstoffreichen Umgebung durchaus als lebendig gelten konnten. Besonders der Teil des Gehirns, der später das motorische Zentrum beinhaltet hätte, war gut entwickelt.
Nach dieser Untersuchung hatten sich die beteiligten Ärzte das außerordentliche Wachstum der Plazenta nur dadurch erklären können, dass das fragmentarisch erhaltene Gehirn des verstorbenen Zwillings Wachstumshormone in die Umgebung abgegeben hatte.
"Das Kind wäre fast buchstäblich im Mutterleib von seinem unentwickelten Zwilling an die Wand gedrückt worden ," hatte ein Arzt zu Eric gesagt, und Eric hatte ihm den humorigen Unterton, den der Mann versucht hatte in seine Bemerkung zu legen, schon damals nicht ganz abgekauft.
Wieviel weniger lustig fand er jetzt diese Geschichte. Er wusste nichts von all den Dingen, die Elaine versucht hatte, ihm zu erklären. Er hatte zwar gewußt , dass Eckhardt eine Art Sektenführer war, aber er glaubte nicht an Magie und Zauberei. Wenn er nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass es tausend Gründe gab, diesen Eckhardt zu stoppen, dann hätte er vielleicht an dieser Stelle kehrt gemacht. Aber er wusste
Weitere Kostenlose Bücher