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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Sie bitte eins heraus. Ob Armel im Vorbeifahren etwa die Pistole vom Großvater hat mitgehen lassen.«
    »Adamsberg sagte mir mal, dass er gar nicht schießen kann.«
    »Er kennt den Jungen nicht. Der schießt sehr gut.«
    »Mein Gott, Veyrenc«, sagte Danglard, die Spannung für einen Moment vergessend, die über dem Gespräch lag. »Ich wollte Adamsberg ja etwas sagen, es hat zwar nichts mit derErmittlung zu tun, ist aber trotzdem interessant. Können Sie ihm das ausrichten?«
    »Sagen Sie.«
    »Im Krankenhaus habe ich den Schal vom Boden aufgehoben, der Lina von den Schultern gerutscht war. Und wenn es noch so warm ist, sie hüllt sich immer in dieses Stück Stoff. Danach habe ich dem Arzt geholfen, den Grafen hinauszubringen, als er umgekippt ist. Wir haben ihm den Oberkörper frei gemacht, er sträubte sich mit aller Macht dagegen. Hier«, sagte Danglard, indem er den Mittelfinger auf sein linkes Schulterblatt legte, »hat er auf der Haut einen ziemlich hässlichen violetten Fleck, etwa wie eine Kellerassel von zwei Zentimetern Länge. Ja, und Lina hat den gleichen Fleck.«
    Die beiden Männer tauschten einen beinahe einverständigen Blick.
    »Lina Vendermot ist Vallerays Tochter«, sagte Danglard. »So wahr ich durch die Jauchegrube gegangen bin. Und da sie und ihr Bruder Hippo sich ähneln wie zwei Wassertropfen, beide blond wie ein Flachsfeld, gehören sie zusammen. Die beiden Dunkelhaarigen dagegen, Martin und Antonin, sind sicher vom Vater Vendermot.«
    »Scheiße. Und wissen sie es?«
    »Der Graf bestimmt. Darum hat er sich so dagegen gewehrt, dass wir ihm das Hemd auszogen. Die Kinder, das weiß ich nicht. Es sieht nicht so aus.«
    »Aber warum sollte Lina ihren Fleck verbergen?«
    »Sie ist eine Frau. Diese Assel ist sehr unschön.«
    »Ich überlege, was das an den Schachzügen von Hellequin ändern könnte.«
    »Noch keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken, Veyrenc. Ich überlasse Ihnen die Baustelle«, sagte er, ihm die Hand reichend. »Danke«, fügte er hinzu.
    Er hatte es getan. Er hatte es gesagt.
    Wie der Gewöhnlichste unter den Sterblichen. Wie derdurchschnittlichste aller Menschen nach einem ganz banalen Drama, sagte er sich, während er sich die Handflächen trocknete, bevor er sich ans Steuer setzte. Die Hand reichen, danke sagen, das war zweifellos leicht, abgedroschen, vielleicht mutig, aber es war getan, und Veyrenc hatte es verdient. Später würde er ihm mehr sagen, wenn er’s denn schaffte. In einer plötzlichen Anwandlung diebischer Freude richtete er sich auf bei dem Gedanken, dass Adamsberg die Mörder des alten Clermont überführt hatte. Dank Mortembots Jacke und nach Gott weiß welcher Methode, er war nicht sicher, ob er die Verknüpfung der einzelnen Dinge wirklich verstanden hatte. Aber der Sprengsatz war angebracht, und für den Augenblick tröstete ihn das sehr über die Schändlichkeiten dieser Welt und in bescheidenem Maße über die eigenen.
     
    Am Abend um neun traf er Retancourt auf der Terrasse eines kleine Restaurants im Erdgeschoss ihres Wohnblocks in Seine-Saint-Denis. Jedes Mal, wenn er Violette wiedersah, selbst nach drei Tagen, fand er sie größer und fülliger als in seiner Erinnerung, und das beeindruckte ihn. Sie saß auf einem Plastikstuhl, dessen Beine sich unter ihrem Gewicht spreizten.
    »Drei Dinge«, rekapitulierte Retancourt, die sich nur einen kurzen Moment für die seelischen Befindlichkeiten ihrer im Morast von Ordebec feststeckenden Kollegen interessiert hatte, denn Gefühlsschwingungen waren nicht ihre Stärke. »Der Wagen von Erlöser 1, Christian. Ich habe mich informiert, er steht in ihrer Privatgarage, zusammen mit dem des Bruders und der Gemahlinnen. Wenn ich ihn untersuchen will, werde ich ihn da rausholen müssen. Also Sicherheitscode knacken, Kabel kurzschließen. Das schafft Noël im Handumdrehen. Aber das Risiko, das Auto hinterher zurückzubringen, gehe ich nicht ein, die werden schon sehen, wie sie es wiederkriegen, das soll nicht unser Problem sein.«
    »Wir können die entnommenen Proben nicht verwenden, wenn wir nicht den offiziellen Weg gegangen sind.«
    »Aber die offizielle Genehmigung kriegen wir nie. Also gehen wir anders vor. Indizien illegal sammeln, Dossier anlegen, danach schlagen wir zu.«
    »Nehmen wir’s mal an«, sagte Danglard, der die ziemlich brutalen Manöver seiner Kollegin selten in Frage stellte.
    »Zweiter Punkt«, sagte sie, indem sie ihren mächtigen Finger auf den Tisch legte, »der Anzug. Der, der diskret

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