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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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am Tag nach meiner Ankunft im
Ordebequer Kurier
erschienen. Der Mörder konnte mich nicht mit Danglard verwechseln. Also hat einer sehr wohl
ihn
auf den Schienen töten wollen, nicht mich. Warum? Weil er die Kellerasseln gesehen hatte. Eine andere Lösung gibt es nicht.«
    »Und wer konnte wissen, dass er sie gesehen hat?«
    »Du müsstest doch am besten wissen, dass Danglard schwer etwas verbergen kann. Er wird durch Ordebec spaziert sein, hat mit Leuten geredet, sie zum Reden gebracht. Dabei hat er sich möglicherweise verraten. Also gäbe es durchaus eine Verbindung zwischen den Morden und den Asseln. Der Mörder will um jeden Preis verhindern, dass man erfährt, wer die Vendermot-Kinder wirklich sind.«
    »Verbirg die Nachkommen dein, die Früchte deiner Lenden, /Denn kehr’n sie erst zurück, wird Rache sich vollenden«
, murmelte Veyrenc und warf einen weiteren Apfel.
    »Es sei denn, der Graf will sie nun nicht mehr verbergen. Es ist jetzt ein Jahr her, dass der alte Valleray das Haupt erhoben hat mit seinem Entschluss, Léo zu heiraten. Wieder zu verbinden, was er aus Schwäche einst gelöst hatte. Er hat sein ganzes Leben lang gehorcht, er weiß das, er will es wiedergutmachen.Was vermuten ließe, dass er auch das mit den Kindern wiedergutmachen will.«
    »Und wie?«, fragte Veyrenc und nahm sich einen siebten Apfel vor.
    »Indem er sie in sein Testament aufnimmt. Teilung durch drei. So sicher, wie die Seeanemone keine Molluske ist, denke ich, dass Valleray sie in seinem Testament bedacht hat und dass man Hippolyte und Lina nach seinem Tod anerkennen wird.«
    »Den Mut, es vorher zu tun, hat er nicht.«
    »Anscheinend nicht. Was machst du da bloß mit den Äpfeln?«
    »Ich ziele auf die Löcher der Feldmäuse. Warum bist du dir dieses Testaments so sicher?«
    »Heute Nacht im Wald bin ich mir sicher geworden.«
    Als wenn der Wald sozusagen ihm Wahrheiten vermitteln könnte. Veyrenc ging über die typische Nebelhaftigkeit dieser Adamsberg’schen Antwort lieber hinweg.
    »Was hattest du denn im Wald verloren?«
    »Ich habe einige Stunden der Nacht auf dem Weg von Bonneval verbracht. Ich habe Wildschweine gehört, das Röhren eines Hirschs und eine Schleiereule. Die doch wohl hoffentlich ein Vogel ist, nicht wahr? Kein Krustentier, keine Spinne.«
    »Ein Vogel. Die Eule, die so schnauft wie ein Mensch.«
    »Genau die. Warum zielst du auf den Bau der Feldmäuse?«
    »Es ist wie Golfspielen.«
    »Du verfehlst aber sämtliche Löcher.«
    »Ja. Du meinst also, wenn Valleray die drei Kinder in sein Testament aufgenommen hat, würde das alles ändern. Doch nur, wenn jemand es weiß.«
    »Jemand weiß es. Denis de Valleray liebt seinen Stiefvater nicht. Er wird ihn schon seit längerem belauern. Man darf vermuten, dass seine Mutter ihn gewarnt hat, damit er nicht zwei Drittel seines Vermögens an diese Bastarde von Bauernlümmelnverliert. Es würde mich wundern, wenn er das Testament seines Vaters nicht kennt.«
    Veyrenc legte seine Handvoll Äpfel ab, goss sich eine zweite Tasse Kaffee ein und streckte Adamsberg, um ein Stück Zucker bittend, die Hand hin.
    »Ich kann diese ganzen Zuckergeschichten nicht mehr hören«, sagte der Kommissar, indem er ihm ein Stück reichte.
    »Du hast es doch hinter dir. Der Zucker von Flem hat dich auf den Zucker von Christian Clermont gebracht, damit schließt sich die Dose.«
    »Hoffen wir’s«, meinte Adamsberg und drückte kräftig auf den Deckel, der schwer einrastete. »Wir müssen wieder das Gummi drummachen. Das macht Léo auch so, wir müssen ihre Eigenheiten respektieren. Sie muss alles unversehrt vorfinden, wenn sie zurückkommt. Danglard hat sich schon von ihrem Calvados bedient, das reicht. Ich halte es also für sicher, dass Denis keine Molluske ist und dass er das Testament seines Vaters kennt. Vielleicht schon seit einem Jahr, seit es mit der Meuterei des Grafen angefangen hat. Wenn sein Vater stirbt, steht er vor dem finanziellen und gesellschaftlichen Ruin. Der Vicomte Denis de Valleray, Auktionator in Rouen, wird der Bruder von zwei Bauern, der Bruder des Verrückten mit den sechs Fingern, der Bruder der Wahnsinnigen mit ihren Visionen und der Stiefsohn eines sittenlosen Grafen.«
    »Es sei denn, er beseitigt die Vendermot-Kinder. Keine leichte Entscheidung.«
    »Aus einem bestimmten Blickwinkel schon. Der Vicomte sieht die Vendermots zweifellos als etwas sehr Geringes an. Ich könnte mir vorstellen, er verachtet sie ganz spontan, instinktiv. Ihr Verschwinden mag

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