Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
Gelegenheit hatte zu dozieren, ja kraft seines Wissens zu widersprechen. Der Commandant war kein Mensch, der den ganzen Tag redete, aber das Schweigen bekam ihm nicht, da es seinen melancholischen Neigungen viel Handlungsspielraum ließ. So bedurfte es mitunter nur weniger Gegenfragen, um Danglard aus seiner Düsternis zu reißen. Adamsberg schob den Moment, wo er das Thema Momomèche-courte anschneiden musste, hinaus, und Danglard ebenfalls, was kein gutes Zeichen war.
    »Es gibt ja sicher mehrere Versionen von dieser Schmetterlingsgeschichte.«
    »Nein«, erwiderte Danglard entschieden. »Denn es ist kein erbauliches Märchen, es ist eine wissenschaftliche Theorie über die Vorhersagbarkeit. Sie wurde von Edward Lorenz 1972 in der Form fixiert, die ich Ihnen sagte. Der Schmetterling in Brasilien und der Tornado in Texas, daran ist nicht zu rütteln.«
    »Gut, Danglard, rühren wir nicht mehr daran. Was soll Momo in einem Verhör?«
    »Wir haben ihn heute Morgen festgenommen. Das verwendete Benzin könnte dem entsprechen, das er benutzt.«
    »Exakt?«
    »Nein, nicht genügend Öl. Aber es ist Mofa-Treibstoff. Momo hat kein Alibi für die Brandnacht, niemand hat ihn gesehen. Er hatte angeblich eine Verabredung mit einem Typen in einem Park, der mit ihm über seinen Bruder reden wollte. Momo will zwei Stunden vergeblich gewartet haben, dann sei er nach Hause gegangen.«
    »Das reicht nicht aus, um ihn zu verhaften, Danglard. Wer hat das entschieden?«
    »Retancourt.«
    »Ohne Ihren Rückhalt?«
    »Mit. Um den Wagen herum gibt es Spuren benzingetränkter Turnschuhsohlen. Die Sportschuhe wurden heute früh bei Momo gefunden, eingewickelt in einen Plastikbeutel. Kein Zweifel möglich, Kommissar. Momo wiederholt stupide, dass es nicht seine sind. Seine Verteidigung ist eine einzige Katastrophe.«
    »Sind seine Fingerabdrücke auf dem Beutel und den Schuhen?«
    »Das Resultat liegt noch nicht vor. Momo sagt, dass welche drauf sein werden, weil er sie angefasst hat. Angeblich, weil er diesen Beutel in seinem Wandschrank gefunden und nachgesehen hat, was drin ist.«
    »Haben sie seine Größe?«
    »Ja. Dreiundvierzig.«
    »Das will nichts heißen. Es ist die Durchschnittsgröße bei Männern.«
    Adamsberg griff sich wieder mit der Hand in den Nacken, um die knisternde Stromkugel zu fassen zu kriegen, die dort herumrollte.
    »Aber schlimmer noch«, fuhr Danglard fort. »Der alte Mann im Wagen war nicht zusammengesackt, als er schlief. Er saß noch sehr aufrecht auf seinem Sitz, als der Wagen Feuer fing. Also hat der Brandstifter ihn zwangsläufig gesehen. Damit sind wir schon weg von fahrlässiger Tötung.«
    »Neue?«, fragte Adamsberg.
    »Neue was?«
    »Die Turnschuhe.«
    »In der Tat, warum?«
    »Sagen Sie mir, Commandant, warum sollte sich Momo ein Paar neue Schuhe versauen, wenn er ein Auto abfackeln geht, und wenn er’s denn getan hätte, warum hat er dann hinterher nicht zugesehen, dass er sie loswird? Und seine Hände? Haben Sie überprüft, ob Benzinspuren dran sind?«
    »Der von der Spurensicherung wird jeden Augenblick hier sein. Wir haben Weisung erhalten, den Fall unter allerhöchster Dringlichkeit einzustufen. Ein Name genügt, um zu begreifen, wo wir da reingeraten sind. Der Alte, der verbrannt ist, war Antoine Clermont-Brasseur.«
    »Nichts weiter als das«, sagte Adamsberg nach längerem Schweigen.
    »Ja«, sagte Danglard ernst.
    »Und Momo sollte rein zufällig an ihn geraten sein?«
    »Wieso zufällig? Indem er einen Clermont-Brasseur umbringt, trifft er den Kapitalismus mitten ins Herz. Vielleicht war das Momos Ehrgeiz.«
    Adamsberg ließ Danglard eine Weile allein weiterreden, während er sich daranmachte, mit einer Hand seine Strümpfe und seine Schuhe wieder anzuziehen.
    »Der Richter ist noch nicht eingeschaltet?«
    »Wir warten die Analyse der Hände ab.«
    »Danglard, was auch immer diese Analyse ergibt, veranlassen Sie noch nicht die Anklageerhebung. Warten Sie auf mich.«
    »Ich sehe nicht, wie. Wenn der Richter erfährt, dass wir die Sache hinausgezögert haben, bei einem Namen wie Clermont-Brasseur, haben wir binnen einer Stunde den Minister auf dem Hals. Der persönliche Referent des Präfekten hat bereits angerufen, um erste Ergebnisse zu erfahren. Er will, dass der Mörder noch heute eingebuchtet wird.«
    »Wer hat bei der Clermont-Gruppe heute die Fäden in der Hand?«
    »Der Vater besaß noch immer zwei Drittel der Anteile. Er hat zwei Söhne, die sich den Rest teilen. Vereinfacht

Weitere Kostenlose Bücher