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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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gegriffen. Ich konnte nichts machen«, sagte Adamsberg, während er das Glas austrank und es nochmals hinstreckte, diesmal zu Danglards Flasche.
    »Wein empfiehlt sich in Ihrem Fall nicht.«
    »In Ihrem auch nicht, Danglard.«
    »Sie haben sich also wie in blutiger Laie reinlegen lassen?«
    »Im Grunde, ja.«
    Einer der Posten klopfte und trat unaufgefordert ein. Den kleinen Finger im Bügel, streckte er dem Kommissar eine Magnum entgegen.
    »Die lag im Rinnstein«, sagte er.
    »Kein Handy?«
    »Nein, Kommissar. Nach Aussage des Fleischers, der gerade seine Abrechnung machte, ist ein Wagen, der fünf Minuten vorher vor seinem Laden geparkt hatte, in hohem Tempo wieder davongebraust. Ein Mann sei eingestiegen.«
    »Mo«, seufzte Danglard.
    »Ja«, bestätigte der Posten. »Die Beschreibung trifft auf ihn zu.«
    »Das Nummernschild hat er nicht gesehen?«, fragte Adamsberg, ohne die geringste Erregung erkennen zu lassen.
    »Nein. Er ist nicht aus seinem Laden herausgekommen. Was sollen wir machen?«
    »Einen Bericht. Wir machen einen Bericht. Das ist immer die richtige Antwort.«
    Die Tür schloss sich wieder, und Danglard reichte dem Kommissar ein halbes Glas Weißwein.
    »In Ihrem Schockzustand«, bemerkte er etwas spitz, »kann ich Ihnen leider nicht mehr geben.«
    Adamsberg tastete nach der Brusttasche seines Hemds und zog eine zerdrückte Zigarette heraus, die er Zerk gestohlen hatte. Er zündete sie umständlich an und versuchte Danglards Blick auszuweichen, der sich in seinen Schädel zu bohren schien wie eine sehr feine, sehr lange Schraube. Was, zum Teufel, machte Danglard hier zu dieser Stunde? Mo hatte ihm tatsächlich weh getan mit seinem Schlag, er rieb sich sein schmerzendes und vermutlich gerötetes Kinn. Sehr gut. Er fühlte eine Schürfwunde und ein bisschen Blut unter seinen Fingern. Perfekt, alles in Ordnung. Außer Danglard und seiner langen Schraube, und genau das hatte er befürchtet. Die Ahnungslosigkeit des Commandant währte nie sehr lange.
    »Erzählen Sie«, sagte Danglard.
    »Nichts. Er hat einen Tobsuchtsanfall bekommen und mir die Waffe an den Hals gedrückt, ich konnte überhaupt nichts machen. Dann ist er durch die Seitenstraße weg.«
    »Wie hat er einen Komplizen kontaktieren können?«
    »Über Mercadets Telefon. Er hat ihm vor meinen Augen eine Nachricht geschickt. Was machen wir da im Bericht? Um nicht sagen zu müssen, dass Mercadet schlief?«
    »Ja richtig, was machen wir da im Bericht?«, wiederholte Danglard, indem er jedes einzelne Wort dehnte.
    »Wir werden die Uhrzeiten verändern. Wir werden schreiben, dass Momo um 9 Uhr abends noch im Vernehmungsraum war. Dass ein Beamter während einer Überstunde einnickt, das wird keine großen Konsequenzen haben. Und die Kollegen, denke ich, werden solidarisch sein.«
    »Mit wem?«, fragte Danglard. »Mit Mercadet oder mit Ihnen?«
    »Was hätte ich denn tun sollen, Danglard? Sollte ich mir ein paar Löcher in die Haut schießen lassen?«
    »Na, na, so heftig soll’s gewesen sein?«
    »Genau so. Mo ist geradezu tollwütig geworden.«
    »Ja sicher«, sagte Danglard und nahm einen Schluck.
    Und Adamsberg las seine Niederlage in dem allzu hellsichtigen Blick seines Stellvertreters.
    »Also gut«, sagte er.
    »Also gut«, bestätigte Danglard.
    »Aber zu spät. Sie kommen zu spät, und das Ding ist gelaufen. Ich fürchtete ja, Sie würden es schon vorher durchschauen. Sie waren ein bisschen langsam«, fügte er leicht enttäuscht hinzu.
    »Das stimmt. Sie haben mich drei Stunden lang verschaukelt.«
    »Nur eben so viel, wie ich brauchte.«
    »Sie sind wahnsinnig, Adamsberg.«
    Adamsberg nahm einen Schluck aus seinem halben Glas und ließ ihn von einer Wange in die andere rollen.
    »Das macht mir nichts aus«, sagte er, als er hinuntergeschluckt hatte.
    »Und Sie reißen mich in Ihren Sturz mit hinein.«
    »Durchaus nicht. Sie waren nicht verpflichtet, mich zu durchschauen. Sie haben selbst in diesem Moment noch die Möglichkeit, ein Idiot zu sein. Es ist Ihre Entscheidung, Commandant. Gehen Sie raus, oder bleiben Sie.«
    »Ich bleibe, wenn Sie mir auch nur ein Detail nennen können, das für ihn spricht. Etwas anderes als sein Blick.«
    »Kommt nicht in Frage. Wenn Sie bleiben, dann ohne Bedingungen.«
    »Sonst?«
    »Sonst ist das Leben nicht viel wert.«
    Danglard unterdrückte eine Regung des Unmuts und presste die Finger um sein Glas. Aber es war ein weit weniger schmerzlicher Zorn, so erinnerte er sich, als der Gedanke, den er noch

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