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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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auch deiner.«
    »Meiner?«
    »Von Anfang an, noch bevor es überhaupt ein Fall war. Als du den Weg von Bonneval gegangen bist, aber noch nicht die leiseste Ahnung hattest.«
    »Ich war da langgegangen, um Luft zu schnappen. Ich habe Brombeeren gegessen.«
    »Das kannst du anderen Leuten erzählen. Es ist deine Ermittlung«, bekräftigte Émeri. »Und wenn du sie leitest, kann ich dir unter der Hand behilflich sein, und du wirst nicht auf mir rumhacken. Während der Hurensohn von Lisieux mich zur Strecke bringen wird.«
    »Also deswegen?«
    »Deswegen und weil es dein Fall ist und der von niemand anderem. Das Wütende Heer ist dein Schicksal.«
    »Erzähl mir doch keine Geschichten, Émeri.«
    »Aber so ist es. Er kommt auf dich zugeritten.«
    »Wer?«
    »Der Seigneur Hellequin.«
    »Daran glaubst du doch keine Sekunde, du denkst nur daran, wie du deine Haut retten kannst.«
    »Ja.«
    »Tut mir leid, Émeri, du weißt, dass ich die Ermittlung nicht einfach übernehmen kann. Ich habe keinerlei Vorwand.«
    »Ich spreche nicht von Vorwand, ich spreche von Beziehungen. Ich kann meine zum Grafen von Ordebec spielen lassen. Sieh zu, dass du von deiner Seite eine nutzen kannst.«
    »Warum sollte ich das tun? Um mir Ärger mit den Bullen von Lisieux einzuhandeln? Ich habe hier schon massenhaft Ärger am Hals, Émeri.«
    »Aber du bist nicht kaltgestellt.«
    »Was weißt du davon? Ich sagte dir doch gerade, dass mir ein Tatverdächtiger abgehauen ist. Aus meinem eigenen Büro, mit der Waffe von einem meiner Beamten.«
    »Ein Grund mehr, dir woanders einen Erfolg zu verschaffen.«
    Nicht ganz falsch, dachte Adamsberg. Aber wer vermochte es mit dem Seigneur des Wütenden Heeres aufzunehmen?
    »Dein entflohener Verdächtiger, ist das der aus der Mordsache Clermont-Brasseur?«, begann Émeri wieder.
    »Genau der. Du siehst, das Schiff läuft voll Wasser, und ich werde aus dem Schöpfen nicht herauskommen.«
    »Die Clermont-Erben, interessieren die dich?«
    »Sehr. Aber sie sind unerreichbar.«
    »Nicht für den Grafen von Ordebec. Dem alten Antoine hat er seinerzeit seine Stahlhütten verkauft. In den fünfziger Jahren haben sie zusammen Afrika unsicher gemacht. Der Graf ist ein Freund. Als Léo mich am Hosenboden aus dem Teich gefischt hat, war sie noch mit ihm zusammen.«
    »Lass die Clermonts fallen. Wir kennen den Brandstifter.«
    »Umso besser. Man ist ja nur gelegentlich versucht, auch das Umfeld ein bisschen aufzuräumen, um einen besseren Durchblick zu bekommen. Reiner Reflex von Berufshygiene, der weiter keine Folgen haben muss.«
    Adamsberg nahm das Telefon vom Ohr und verschränkte die Arme. Seine Finger stießen auf das kleine Klümpchen Erde, das er in die Tasche seines Hemds gesteckt hatte. Heute Vormittag erst.
    »Lass mich darüber nachdenken«, sagte er.
    »Aber schnell.«
    »Ich denke nie schnell, Émeri.«
    Um nicht zu sagen, überhaupt nicht, ergänzte Danglard schweigend. Momos Flucht war der helle Wahnsinn.
    »Ordebec, was?«, sagte Danglard. »Schon morgen früh werden Sie die ganze Regierung gegen sich haben, und dem wollen Sie noch das Wütende Heer hinzufügen?«
    »Der Ururenkel des Marschalls Davout hat die Waffen gestreckt. Der Platz will besetzt werden. Er ist nicht ohne Prestige, was meinen Sie?«
    »Seit wann machen Sie sich etwas aus Prestige?«
    Adamsberg räumte schweigend seine Sachen ein.
    »Seit ich Léo versprochen habe, dass ich wiederkommen würde.«
    »Sie liegt im Koma, es ist ihr scheißegal, sie erinnert sich nicht mal an Sie.«
    »Ich aber wohl.«
    Und am Ende, dachte Adamsberg, als er sich zu Fuß auf den Weg nach Hause machte, hatte Émeri vielleicht sogar recht. Dass der Fall seiner war. Er machte einen Abstecher zum Seine-Ufer hinunter und warf Mercadets Telefon in den Fluss.

15
    Um 2 Uhr morgens war Danglard mit seinem Bericht fertig. Um 6 Uhr 30 erhielt Adamsberg den Anruf vom Generalsekretär des Direktors der Präfektur, darauf den des Direktors selbst, dann den vom Sekretär des Innenministers und um 9 Uhr 15 schließlich den des Ministers. Im selben Augenblick betrat der junge Mo seine Küche, bekleidet mit einem viel zu großen T-Shirt, das Zerk ihm geliehen hatte, und bat schüchtern um etwas zu essen. Zerk, mit der Taube auf einem Arm, stand auf, um den Kaffee aufzuwärmen. Die Fensterläden zur Gartenseite waren geschlossen geblieben, und vor die Fenstertür hatte Zerk ein Stück von einem ziemlich hässlichen geblümten Stoff gepinnt – wegen der Hitze, hatte er Lucio

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