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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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gemacht habe, so ist es doch?«
    »Das geht vorüber. Die Leute reden, und sie vergessen auch wieder.«
    »Nein, Blériot, weil sie nämlich recht haben. Herbier ist vor elf Tagen verschwunden, vor neun Tagen habe ich es erfahren. Ich hatte beschlossen, es zu ignorieren, weil ich gedacht habe, dass die Vendermots mir eine Falle stellen wollten. Du weißt es. Ich habe mich geschützt. Und als man seine Leiche fand, habe ich beschlossen, dass er sich umgebracht hat, denn das kam mir gelegen. Ich war verbohrt wie ein Stier und habe keinen Finger gerührt. Wenn sie sagen, dass ich für Léos Tod verantwortlich bin, haben sie recht. Als der Mord an Herbier gerade erst geschehen war, hätte man noch die Chance gehabt, die Spur zurückzuverfolgen.«
    »Man konnte es nicht ahnen.«
    »Du nicht. Ich schon. Und jetzt findet sich kein einziges Indiz mehr. Es ist immer das Gleiche. Je mehr man sich zu schützen sucht, desto verwundbarer wird man. Merk dir das.«
    Émeri reichte dem Brigadier eine Zigarette, und sie rauchten beide schweigend.
    »Und warum ist das so schwerwiegend, Capitaine? Was kann denn auf uns zukommen?«
    »Die Generalinspektion der Gendarmerie, nicht mehr und nicht weniger.«
    »Gegen Sie?«
    »Selbstverständlich. Du, du riskierst nichts, du trägst keine Verantwortung.«
    »Lassen Sie sich helfen, Capitaine. Man applaudiert nicht mit nur einer Hand.«
    »Helfen, von wem?«
    »Vom Grafen. Sein langer Arm reicht bis in die Hauptstadt. Und bis zur Generalinspektion.«
    »Hol die Karten raus, Blériot, wir werden ein, zwei Partien spielen, das wird uns guttun.«
    Blériot verteilte die Karten mit der Behäbigkeit, die er in alle seine Gesten legte, und Émeri fühlte sich ein wenig gestärkt.
    »Der Graf hängt sehr an Léo«, wandte er ein, während er sein Blatt auffächerte.
    »Man sagt, sie sei seine einzige Liebe gewesen.«
    »Er kann mit vollem Recht annehmen, dass ich verantwortlich bin für das, was ihr zugestoßen ist. Und mich folglich zum Teufel schicken.«
    »Den Namen sollte man nicht aussprechen, Capitaine.«
    »Warum?«, fragte Émeri und lachte auf. »Glaubst du, dass der Teufel in Ordebec ist?«
    »Immerhin. Der Seigneur Hellequin ist durchgeritten.«
    »Du glaubst daran, mein armer Blériot.«
    »Man kann nie wissen, Capitaine.«
    Émeri lächelte und spielte eine Karte aus. Blériot deckte sie mit einer Acht.
    »Du bist nicht bei der Sache.«
    »Das stimmt, Capitaine.«

13
    »Kommissar«, flehte Mo wieder.
    »Halt den Mund«, unterbrach ihn Adamsberg. »Du hast schon den Strick um den Hals und nicht mehr viel Zeit.«
    »Ich töte niemanden, ich töte nichts. Höchstens die Kakerlaken zu Hause.«
    »Halt den Mund, verdammt«, wiederholte Adamsberg mit einer gebieterischen Geste.
    Mo schwieg überrascht. Irgendwas am Kommissar war verändert.
    »So ist es schon besser«, sagte Adamsberg. »Wie du gehört hast, bin ich nicht in der Stimmung, Mörder laufenzulassen.«
    Das Bild von Léo zog an seinem Auge vorüber und löste ein Kribbeln in seinem Nacken aus. Er griff sich mit der Hand an den Hals und schleuderte die Kugel auf den Boden. Mo sah ihm zu, er hatte den Eindruck, er habe einen unsichtbaren Käfer zu fassen gekriegt. Instinktiv machte er die gleiche Bewegung, fasste sich in den Nacken.
    »Hast du da auch so eine Kugel?«, fragte Adamsberg.
    »Was für eine Kugel?«
    »Elektrizität. Du hättest sie schon längst haben müssen.« Mo schüttelte den Kopf, er verstand nicht.
    »In deinem Fall, Mo, haben wir es mit einem zynischen, berechnenden und überaus mächtigen Mörder zu tun. Das ganze Gegenteil von dem triebhaften, blindwütigen Wahnsinnigen, der in Ordebec sein Unwesen treibt.«
    »Kenne ich nicht«, murmelte Mo.
    »Unwichtig. Irgendjemand hat diesen Antoine Clermont-Brasseur sauber liquidiert. Ich werde dir nicht erklären, warumder alte Finanzier lästig wurde, dazu haben wir keine Zeit, und es ist nicht dein Problem. Was du wissen musst, ist, dass du die Rechnung bezahlen wirst. Das ist seit Beginn der Operation so vorgesehen. In zweiundzwanzig Jahren wirst du wegen guter Führung entlassen, vorausgesetzt, du zündest nicht zwischenzeitlich deine Zelle an.«
    »Zweiundzwanzig Jahre?«
    »Der Tote ist ein Clermont-Brasseur, nicht irgendein Kneipier. Die Justiz ist nicht blind.«
    »Aber wenn Sie wissen, dass ich es nicht war, können Sie es denen doch sagen, und ich gehe nicht in den Knast.«
    »Davon darfst du träumen, Mo. Der Clermont-Brasseur-Clan wird nie zulassen, dass

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