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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Kater über den Kopf und entnahm die Magnum, ohne ein Geräusch zu verursachen. Sehr viel behutsamer musste er vorgehen, um das Telefon aus der vorderen Hosentasche zu fädeln. Zwei Minuten später verabschiedete er Estalère und schloss sich erneut mit Momo ein.
    »Wo soll ich mich verstecken?«, fragte Mo.
    »An einem Ort, wo die Bullen dich nie suchen werden. Nämlich bei einem Bullen.«
    »Das heißt?«
    »Bei mir zu Hause.«
    »Scheiße«, sagte Mo.
    »Es ist nun mal so, wir müssen mit den Mitteln auskommen, die wir haben. Ich hatte keine Zeit, mich vorzubereiten.«
    Adamsberg sandte eine eilige Nachricht an Zerk, der ihm zurückschrieb, Hellebaud habe seine Flügel ausgebreitet, er sei bereit zu fliegen.
    »Es ist so weit«, sagte Adamsberg und stand auf.
    Mit Handschellen an den Gelenken, bedrängt von Mo, der ihm die Waffe an den Hals hielt, schloss Adamsberg die beiden Gittertore auf, die auf den großen Hof hinausgingen, wo der Wagenpark der Brigade stand. Während sie auf das Ausgangstor zugingen, legte Mo Adamsberg eine Hand auf die Schulter.
    »Kommissar«, sagte er, »ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Heb es dir für später auf, konzentrier dich.«
    »Ich werde meinem ersten Sohn Ihren Vornamen geben, das schwör ich bei Gott.«
    »Geh weiter, verdammt. Geh bloß weiter, und sei hart.«
    »Nur eins noch, Kommissar.«
    »Dein Jo-Jo?«
    »Nein, meine Mutter.«
    »Man wird ihr Bescheid geben.«

14
    Danglard hatte das Geschirr vom Abendessen abgespült und sich auf seinem alten braunen Sofa ausgestreckt, ein Glas Weißwein in Reichweite der Hand, während die Kinder ihre Hausaufgaben beendeten. Fünf Kinder, die heranwuchsen, fünf Kinder, die aus dem Haus gehen würden, besser, er dachte heute Abend nicht daran. Der letzte Kleine, der nicht von ihm war und ihm unaufhörlich das Rätsel seiner von einem anderen Vater geerbten blauen Augen aufgab, war der einzige noch Kindliche unter ihnen, und Danglard hielt ihn auf diesem Stand. Er hatte seine Niedergeschlagenheit den ganzen Abend über nicht verbergen können, und der älteste der Zwillinge hatte ihn beharrlich ausgefragt. Danglard, der sich selten lange sperrte, hatte die Szene geschildert, in der er und der Kommissar aneinandergeraten waren, Adamsbergs beißenden Ton und wie plötzlich er auf dieses erbärmliche Niveau herabgesunken war. Sein Sohn hatte das Gesicht zu einer Grimasse des Zweifels verzogen, sekundiert von seinem Bruder, und diese zweifache Grimasse geisterte noch immer durch das gramvolle Gemüt des Commandant.
    Er hörte, wie eines seiner Zwillingsmädchen seine Lektion über Voltaire wiederholte, den Mann, der die Leute verlacht, die auf Illusion und Lüge hereinfallen. Plötzlich richtete er sich auf, auf einen Arm gestützt. Eine Inszenierung, genau das war’s, was er miterlebt hatte. Eine Lüge, eine Illusion. Er fühlte, wie sein Denken an Tempo zulegte, mithin auf die Gleise der Exaktheit zurückkehrte. Er stand auf und schob sein Glas weg. Wenn er sich nicht täuschte, brauchte Adamsberg ihn, jetzt in diesem Augenblick.
    Zwanzig Minuten später betrat er keuchend die Brigade. Nichts Auffälliges, der Nachtdienst döste unter den noch immer rotierenden Ventilatoren. Er eilte zu Adamsbergs Büro, fand die Gitter offen und rannte, so schnell seine Konstitution es ihm erlaubte, zum Hinterausgang. Auf der dunklen Straße kamen die beiden Wachen mit dem Kommissar in ihrer Mitte an. Adamsberg schien angeschlagen, er stützte sich beim Gehen auf die Schultern der beiden Brigadiers. Danglard übernahm ihn auf der Stelle.
    »Holt mir diesen Dreckskerl wieder ein«, befahl Adamsberg den Brigadiers. »Ich glaube, er ist in einem Wagen auf und davon. Ich schicke euch gleich Verstärkung.«
    Danglard stützte Adamsberg wortlos bis zu seinem Büro, schloss die beiden Gitter hinter ihm. Der Kommissar lehnte es ab, sich zu setzen, und ließ sich auf den Boden fallen, zwischen seine beiden Geweihstangen, den Kopf gegen die Wand gelehnt.
    »Arzt?«, fragte Danglard schroff.
    Adamsberg schüttelte den Kopf.
    »Dann also einen Schluck Wasser. So was brauchen Verletzte.«
    Danglard forderte die Verstärkung an, gab Befehl, das Territorium, Straßen, Bahnhöfe, Flughäfen großräumig zu überwachen, und kam mit einem Glas Wasser, einem leeren Glas und seiner Weißweinflasche zurück.
    »Wie hat er Sie überwältigt?«, fragte er, indem er ihm das Glas reichte und den Korken aus der Flasche zog.
    »Er hat sich die Knarre von Mercadet

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