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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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einer der Seinen verdächtigt wird. Man kriegt sie nicht mal für eine simple Befragung. Und was auch immer geschehen ist, unsere Regierenden werden den Clan schützen. Dass du nicht zählst, und ich auch nicht, wäre schwach ausgedrückt. Du bist nichts, sie sind alles. So kann man es eher nennen. Und dich haben sie sich ausgesucht.«
    »Sie haben keine Beweise«, flüsterte Mo. »Ich kann nicht ohne Beweis verurteilt werden.«
    »Aber sicher kannst du das, Mo. Hör auf, wir verlieren nur Zeit. Ich kann dir zwei Jahre Gefängnis anbieten statt zweiundzwanzig. Nimmst du an?«
    »Wie das?«
    »Du wirst von hier abhauen und dich verstecken. Aber du verstehst, dass ich mich, wenn man dich morgen hier nicht mehr antrifft, werde erklären müssen.«
    »Ja.«
    »Du hast dem Lieutenant Mercadet – das ist der mit dem Seitenscheitel und den ganz kleinen Händen – die Dienstwaffe und das Handy gestohlen, als er im Vernehmungsraum eingeschlafen ist. Er schläft immer ein.«
    »Aber er ist nicht eingeschlafen, Kommissar.«
    »Widersprich mir nicht. Er ist eingeschlafen, du hast ihmseine Waffe und sein Telefon abgenommen, hast beides fest in deine Gesäßtaschen geschoben. Mercadet hat nichts bemerkt.«
    »Und wenn er schwört, dass er seine Waffe immer bei sich gehabt hat?«
    »Dann irrt er sich, denn ich werde sie ihm abnehmen, und das Handy dazu. Über dieses Telefon hast du einen deiner Komplizen gebeten, draußen auf dich zu warten. Die Waffe hast du mir in den Nacken gedrückt, hast mich gezwungen, dir die Handschellen abzunehmen und sie mir anzulegen. Dann dir den Hinterausgang des Kommissariats zu öffnen. Jetzt hör mir gut zu: Es stehen zwei Posten auf der Straße, links und rechts vom Tor. Du gehst raus, indem du die Waffe auf mich gerichtet hältst, aber knallhart. So hart, dass sie gar nicht erst versuchen einzugreifen. Kriegst du das hin?«
    »Vielleicht.«
    »Gut. Ich sage den Jungs, dass sie sich nicht rühren sollen. Du musst ziemlich kaltblütig aussehen, zu allem entschlossen. Haben wir uns verstanden?«
    »Und wenn ich nicht kaltblütig genug aussehe?«
    »Dann setzt du dein Leben aufs Spiel. Sieh zu, dass du das schaffst. An der Ecke der Straße steht ein Verkehrsschild, ein Parkverbotsschild. Dort biegst du rechts ab, verpasst mir eine unters Kinn, ich geh zu Boden. Du rennst los, immer geradeaus. Dann siehst du einen geparkten Wagen, dessen Scheinwerfer in dem Moment aufleuchten, vor einer Fleischerei dreißig Meter weiter. Wirf deine Knarre weg und spring rein.«
    »Und das Handy?«
    »Das lässt du hier. Ich werde es zerstören.«
    Mo hob seine schweren Lider und sah Adamsberg fassungslos an.
    »Warum machen Sie das? Man wird sagen, dass Sie nicht mal in der Lage sind, einem kleinen Vorstadtwichser die Stirn zu bieten.«
    »Was man über mich sagen wird, ist mein Problem.«
    »Man wird Sie verdächtigen.«
    »Nicht, wenn du deine Rolle gut spielst.«
    »Es ist keine Falle?«
    »Zwei Jahre Gefängnis, acht Monate, wenn du dich gut führst. Und sollte es mir gelingen, bis zu dem tatsächlichen Mörder vorzustoßen, musst du dich zumindest für bewaffneten Überfall auf einen Kommissar und Flucht verantworten. Zwei Jahre. Was Besseres kann ich dir nicht bieten. Nimmst du an?«
    »Ja«, hauchte Mo.
    »Pass auf. Es ist ebenso gut möglich, dass sie eine so hohe Verteidigungsmauer um den Mörder aufrichten, dass ich niemals an ihn rankommen werde. In dem Fall musst du noch viel weiter abhauen, bis über den Ozean.«
    Adamsberg sah auf seine Uhr. Wenn Mercadet sich getreu seinem Rhythmus verhalten hatte, musste er eingeschlafen sein. Adamsberg öffnete die Tür und rief Estalère.
    »Überwach mir den Kerl, ich komme gleich wieder.«
    »Hat er was gesagt?«
    »Beinah. Ich verlass mich auf dich, lass ihn nicht aus den Augen.«
    Estalère lächelte. Er mochte es, wenn Adamsberg von seinen Augen sprach. Einmal hatte der Kommissar über ihn gesagt, dass er hervorragende Augen habe, dass er alles sehen könne.
    Adamsberg schlich leise in die obere Etage hinauf, sich erinnernd, dass er die neunte Stufe auslassen musste, über die jeder stolperte. Lamarre und Morel wachten am Empfang, keine Frage, sie durften nichts davon mitkriegen. In dem Raum mit dem Getränkeautomaten lag Mercadet wie erwartet schlafend auf seinen Kissen, zugedeckt vom Kater, der sich quer über seinen Beinen ausgestreckt hatte. Der Lieutenant hatte sein Holster freundlicherweise aufgeschnallt, die Waffe war in Reichweite. Adamsberg strichdem

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