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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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eben gedacht hatte. Dass Adamsberg aus seinen Wolken herabgestürzt wäre. Er nahm sich Zeit, schwieg nachdenklich. Der Form halber, das wusste er.
    »Gut«, sagte er.
    Das kürzeste Wort, das er gefunden hatte, um seine Kapitulation auszudrücken.
    »Sie erinnern sich an die Turnschuhe?«, fragte Adamsberg. »An die Schnürsenkel?«
    »Sie haben Momos Größe. Und weiter?«
    »Ich spreche von den Schnürsenkeln, Danglard. Die Enden sind auf mehreren Zentimetern von Benzin durchtränkt.«
    »Ja und?«
    »Es sind diese Turnschuhe, die für junge Leute gemacht sind, mit besonders langen Senkeln.«
    »Ich weiß, meine Kinder haben die gleichen.«
    »Und wie binden Ihre Kinder sie zu? Denken Sie genau nach, Danglard.«
    »Indem sie die Schnürsenkel hinter dem Knöchel entlangführen und dann vorn zusammenknoten.«
    »Genau. Es gab mal die Mode mit den offenen Senkeln, jetzt sind sehr lange Senkel modern, die man erst hinter dem Hacken entlangführt, bevor man sie vorn zusammenbindet. So dass die Enden nicht auf dem Boden schleifen. Außer wenn ein vorsintflutlicher Alter diese Schuhe trägt, der nicht weiß, wie man sie zubindet.«
    »Verdammt.«
    »Ja. Dieser vorsintflutliche Alte, sagen wir zwischen fünfzig und sechzig Jahren, sagen wir, einer der Clermont-Brasseur-Söhne, hat sich Turnschuhe für junge Leute gekauft. Und hat die Schnürsenkel nur vorn zusammengebunden, wie zu seiner Zeit. Und die Enden sind ins Benzin getaucht. Ich habe Mo gebeten, die Schuhe anzuziehen. Erinnern Sie sich?«
    »Ja.«
    »Und er hat sie auf seine Weise geschnürt, hintenrum und dann nach vorn. Wenn Mo das Feuer gelegt hätte, fände sich Benzin unter seinen Sohlen, das ja. Aber nicht an den Enden der Schnürsenkel.«
    Danglard füllte aufs Neue sein Glas, kaum dass er es ausgetrunken hatte.
    »Ist es das, Ihr Detail?«
    »Ja, und es ist Gold wert.«
    »Genau. Aber Sie haben schon vorher begonnen, uns Ihr Theater vorzuspielen. Sie wussten es vorher.«
    »Mo ist kein Mörder. Ich habe nie die Absicht gehabt, ihn in das aufgespannte Netz fallen zu lassen.«
    »Welchen der Clermont-Söhne verdächtigen Sie?«
    »Christian. Er ist ein eiskalter Schurke seit seiner Jugend.«
    »Man wird Sie aber nicht machen lassen. Die werden Mo kriegen, wo immer er sich aufhält. Das ist ihre einzige Chance. Wer hat ihn im Wagen abgeholt?«
    Adamsberg trank sein Glas aus, ohne zu antworten.
    »Wie der Vater, so der Sohn«, schloss Danglard und stand schwerfällig auf.
    »Wir haben schon eine kranke Taube, da können wir auch zwei haben.«
    »Sie werden ihn nicht lange bei sich behalten können.«
    »Das ist auch nicht vorgesehen.«
    »Sehr gut. Also, was machen wir?«
    »Wie gewöhnlich«, sagte Adamsberg und wand sich aus den Geweihstangen hoch. »Einen Bericht, wir machen einen Bericht. Und das können Sie am besten, Danglard.«
    In diesem Augenblick klingelte sein Telefon, auf dem Display leuchtete eine Nummer auf, die er nicht kannte. Adamsberg sah auf seine beiden Uhren, 22 Uhr 05, und runzelte die Brauen. Danglard machte sich schon an den gefälschten Bericht, den unerschütterlichen Rückhalt verfluchend, den er dem Kommissar immer wieder gab, bis in eine Extremsituation wie diese.
    »Adamsberg«, sagte der Kommissar mit Vorsicht.
    »Louis Nicolas Émeri«, antwortete der Capitaine mit hohler Stimme. »Habe ich dich geweckt?«
    »Nein, einer meiner Verdächtigen ist entkommen.«
    »Na, wunderbar«, sagte Émeri, ohne zu begreifen.
    »Ist Léo gestorben?«
    »Nein, noch hält sie durch. Aber ich nicht. Ich bin meines Postens enthoben, Adamsberg.«
    »Offiziell?«
    »Noch nicht. Ein Kollege von der Generalinspektion hat mich im Voraus verständigt. Es soll morgen geschehen. Hyänen sind das, Hurensöhne.«
    »Es war vorauszusehen, Émeri. Suspendiert oder versetzt?«
    »Vorübergehend suspendiert, in Erwartung des Berichts.«
    »Der Bericht, jaja.«
    »Hyänen sind das, Hurensöhne«, wiederholte der Capitaine.
    »Warum rufst du mich an?«
    »Ich will lieber krepieren als mit ansehen, wie der Capitaine von Lisieux die Leitung der Ermittlung übernimmt. Selbst die heilige Thérèse würde ihn ohne Zögern dem Wütenden Heer vorwerfen.«
    »Eine Sekunde, Émeri.«
    Adamsberg legte die Hand auf sein Telefon.
    »Danglard, der Capitaine von Lisieux?«
    »Dominique Barrefond, ein richtiger Scheißkerl.«
    »Was willst du tun, Émeri?«, sagte Adamsberg, indem er sich wieder einschaltete.
    »Ich will, dass du den Fall übernimmst. Schließlich ist es ja

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