Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)
wahr?«
»Nein. Deshalb wollte ich ja das neue System«, sagt Paul und dreht sich zum Techniker um. »Kann sie einen Schlag bekommen?«
Der Techniker lächelt mich gutmütig an. »Nee. Die Batterie hat nur neun Volt. Da kann nicht viel passieren. Und Ihre Tochter ist alt genug, um den Melder nicht in Wasser zu tauchen. Außerdem schadet ein kleiner Stromschlag nicht. Wäre nur eine gute Lehre.«
Paul sieht mich an, den Mund zu einer Seite verzogen. »Amy wird das missfallen«, sagt er, »neun Volt hin oder her.« Er seufzt. »Am besten, du tust den Melder in dein Geheimversteck und wir erzählen Amy einfach nichts davon. Was meinst du?«
Ich strahle ihn an.
Paul grinst. »Gut zu wissen, dass ich, wenn du wieder mal betrübt bist, nur batteriebetriebenen Elektroschrott besorgen muss, um dich aufzuheitern. Aber Gott bewahre, dass du am Ende Raketen konstruierst.« Er erschaudert. »Versprich mir, dass du es bei kleinen Schwachstromgeräten belässt, ja, mein Liebes? Keine Explosivstoffe. Keine Kokelei. Und auf gar keinen Fall Raketentreibstoff.«
Ich lege einen Arm um seine Taille und drücke ihn. »Kein Raketentreibstoff«, verspreche ich.
Paul und ich hocken im Schneidersitz auf dem Fußboden und spielen lachend Scrabble. Wir spielen es beide nicht gern auf normale Art und haben uns deshalb eigene Regeln ausgedacht. Eigentlich sind sie gar nicht so anders, nur dass man die Wörter nicht normal buchstabieren darf. Man muss sie stattdessen so buchstabieren, wie man sie ausspricht. Oder man muss Wörter erfinden, die zweifellos im Wortschatz fehlen. Wie Dummköpfigkeit oder arschlöcherig.
»Wie schön, bei der Heimkehr mit einem Lachen begrüßt zu werden«, sagt Amy, als sie die Küche betritt und ihre Schlüssel in die Schale auf dem Sideboard klimpern lässt. »Was habt ihr ausgeheckt, dass ihr so fröhlich seid?«, fragt sie.
Ich schaue Paul an und ziehe die Augenbrauen hoch.
»Vorhang auf!«, sagt er und kommt auf die Beine. »Wir haben eine kleine Überraschung für dich.«
»Eine Überraschung? Für mich ?«, sagt Amy lächelnd, als Paul einen Arm um ihre Taille legt.
»Nur eine Kleinigkeit. Damit du dir keine Sorgen mehr machst. Schau mal nach oben«, sagt er und zeigt auf den neuen Rauchmelder in der Küche.
Amy hebt stirnrunzelnd den Blick. »Du hast die Rauchmelder austauschen lassen«, sagt sie verwirrt.
»Wir haben jetzt ein topmodernes System mit dem neuesten Schnickschnack, und alle Rauchmelder sind an das Stromnetz angeschlossen. Kein Batteriewechsel mehr«, sagt er stolz und strahlend und will ihr einen Kuss geben.
Doch Amy weicht ihm aus, und ihr Stirnrunzeln wird immer stärker, während sie den Rauchmelder anstarrt.
»Die Leute haben hervorragend gearbeitet. Blitzsauber. Kein Dreck. Nur ein kleines Kabel zwischen Lampe und Melder«, erklärt Paul hastig. »Die Sache war ein Kinderspiel.«
Amy beißt die Zähne zusammen und dreht ihren Ehering so rasant mit dem Daumen, dass es klingt, als würde sie mit den Fingern schnippen.
»Ich dachte, du würdest dich freuen«, sagt Paul. Er hebt eine Hand, als wollte er Amy berühren, lässt sie aber wieder sinken, und mir wird bewusst, dass er nicht enttäuscht, sondern verletzt ist. »Du hast ständig Trara wegen der alten Rauchmelder gemacht, und …«
»Trara«, sagt Amy leise, doch ihr Unterton ist das Gegenteil von freundlich. Ich weiche einen Schritt zurück, denn das ist nicht Amys Stimme, und das ist nicht Amys Gesicht, und es gefällt mir gar nicht, wie sie unablässig den Daumen über den Ring sausen lässt. »Ich mache mir Sorgen um die Sicherheit meiner Familie, und du nennst das ›Trara‹?«
»Ich weiß, dass du um unsere Sicherheit besorgt bist. Genau deshalb habe ich das neue System einbauen lassen«, wendet Paul leise ein. Seine Miene verrät mir, dass er es bereut, das Wort »Trara« benutzt zu haben. »Jetzt besteht nicht mehr die Gefahr, dass die Batterien alle sind, und es gibt keinen Grund zur Sorge …«
»Und bei Stromausfall?«, unterbricht Amy ihn. »Haben diese Dinger eine Energiereserve? Piepen sie wie die alten, wenn sie eine Macke haben?«
»Amy …«
»Und was, wenn die Sicherungen rausfliegen? Das ist genau der Moment, in dem ein Brand entstehen könnte, und dann wären alle Melder lahmgelegt.«
»Ich rufe die Firma am Montag an und erkundige mich. Wir können gemeinsam dort anrufen und alles klären, und wenn noch etwas eingebaut werden muss, wird das geschehen. Wir werden alles Nötige tun,
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