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Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Titel: Die Nacht Hat Viele Augen -1- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Mckenna
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schwach war, erinnerte sie sich. Nur gestresst. Sie schluckte und versuchte, den Kloß in ihrer Kehle zu vertreiben.
    »Wohin?«, wollte der Taxifahrer wissen.
    »Ich sage es Ihnen sofort«, erwiderte sie.
    Sie benutzte das Handy, das Seth ihr gegeben hatte, um sich nach dem Weg zu erkundigen, und machte sich auf die Suche nach Bill Haley. In großen Kreisen fuhren sie durch das Viertel und warteten darauf, irgendwo hingeschickt zu werden. Schließlich informierte man sie darüber, dass er eine Sonderkommission in einer anderen Gegend leitete. Sie wählte die Nummer, die die Rezeptionistin ihr gegeben hatte, und bat die Telefonzentrale, sie mit Bill Haley zu verbinden. Dann lehnte sie sich zurück und presste eine Hand auf ihren Bauch, um die Schmetterlinge zu beruhigen.
    Ihr Glück verließ sie. Sie spürte es. Heute Morgen hatte sie Harriet ins Gesicht geblickt und ihr, ohne mit der Wimper zu zucken, eine glatte Lüge erzählt: Sie habe einen Arzttermin, es täte ihr leid wegen der Unannehmlichkeiten und Tschüss. Das eigentlich Erschreckende daran war, dass ihr der Gesichtsausdruck von Harriet gefallen hatte. Vielleicht war es das köstliche Frühstück gewesen, das Seth ihr zubereitet hatte. Offenbar hatte er ihre Eier mit Feenstaub gewürzt.
    Bei dem Gedanken an Seth versetzte ihr schlechtes Gewissen ihr sofort einen Stich. Sie hatte ihm versprochen, ihn über jede ihrer Bewegungen zu informieren, aber seine Aufforderung war herrisch und paranoid gewesen. Er war heute ohnehin damit beschäftigt, das Lagersystem zu inspizieren, warum sollte sie ihn also damit belästigen? Sie konnte es sich nicht leisten, ihre Energie in einem Streit darüber zu verschwenden, ob sie nun begleitet werden musste oder nicht. Außerdem war ihr Vorhaben sowieso vollkommen harmlos. Sie traf sich ja nicht mit einem Fremden um Mitternacht unter einer Brücke.
    Durch Seths beschützende Art fühlte sie sich verhätschelt und wertgeschätzt, aber er hatte auch ein eigenes Leben und weit Besseres zu tun, als sich ständig in ihrer Nähe herumzutreiben. Sie musste kühn sein und auf dieser Welle frischen Mutes reiten, so weit es eben ging.
    Die Fahrstuhlmusik der Warteschleife wurde abrupt unterbrochen. »Hier ist Bill Haleys Büro«, meldete sich eine Frauenstimme. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Mein Name ist Raine Cameron. Ich habe einige Fragen zu einem Fall, den Mr Haley vor vielen Jahren bearbeitet hat. Es ging um Peter Marat Lazar, im August 1985.«
    »Und was verbindet Sie mit diesem Fall?«
    Raine kam einen Moment ins Schlingern, dann folgte sie ihren Instinkten, so wie sie es in der vergangenen Nacht bei Seth getan hatte. »Ich bin Peter Lazars Tochter.«
    »Bleiben Sie bitte dran«, sagte die Frau.
    Raine umklammerte das Telefon, während ihr ganz schwindlig wurde. Zum ersten Mal seit siebzehn Jahren hatte sie einer gesichtslosen Frau am Telefon die Wahrheit gesagt. Jetzt kannten drei Leute auf der Welt, einschließlich ihrer Mutter und Dr. Fischer, ihre wahre Identität. Wenn Bill Haley sie erfahren würde, waren es vier.
    Die Fahrstuhlmusik wurde erneut unterbrochen. »Mr Haley würde gern mit Ihnen sprechen. Wann könnten Sie kommen?«
    »Jetzt gleich?«
    »Das ist machbar. Beeilen Sie sich bitte trotzdem. Er hat um 12:30 Uhr ein Meeting.«
    Ihre Hand zitterte, während sie die Wegbeschreibung auf einen Zettel kritzelte. Sie war wie elektrisiert von dem Gedanken, dass vielleicht bald der Tag kommen würde, ab dem sie nicht mehr jeden in jeder Hinsicht anlügen musste.
    Oh Gott, das würde ein so wunderbares Gefühl sein.
    Er hätte niemals geglaubt, dass dieses Engelsgesicht in der Lage sei zu lügen. Die gequälte Aufrichtigkeit in ihrer zitternden Stimme letzte Nacht – er hatte sie ihr vollkommen abgekauft. So was passierte einem Mann nun mal, wenn er anfing, mit seinem Schwanz zu denken. Andere Männer waren vielleicht daran gewöhnt. Für ihn war es eine unangenehme Neuheit.
    Er rief McCloud an, während er auf die blinkenden Positionen der Peilsender auf dem kleinen Bildschirm starrte. Raine befand sich nicht im Hauptquartier von Lazar Import und Export . Sie fuhr auf der Interstate 5 nach Süden und durchquerte gerade Shoreline. Er war schnell zu Hause vorbeigefahren, um in frische Sachen zu schlüpfen und noch einige Ausrüstungsgegenstände mitzunehmen, dabei hatte er das Programm aufgerufen, mit dem er die Peilsender sehen konnte. Um sich zu entspannen. Ha!
    McCloud hob nach dem dritten Klingeln ab. »Warum hast du

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