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Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Titel: Die Nacht Hat Viele Augen -1- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Mckenna
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sehr wenige von den Anwohnern hier sind jemals dazu eingeladen worden, aber alle haben gern irgendwelche Geschichten erzählt. Das meiste davon war reiner Blödsinn, da bin ich mir sicher, aber Sie wissen, wie die Leute sind. Und Alix hat immer für Furore gesorgt mit ihren glamourösen Kleidern und ihrem Auftreten wie eine Prominente. Alle haben es geliebt, über sie zu tratschen.«
    »Haben Sie sie gekannt?«, erkundigte sich Raine vorsichtig.
    »Vom Sehen«, erwiderte die Ärztin mit einem Achselzucken. »Sie hatte ihre Ärzte in der Stadt.«
    Raine zögerte. »Diese Agenten …« Sie wagte sich erneut vor. »Erinnern Sie sich an ihre Namen?«
    Um die Augen von Dr. Fischer bildeten sich kleine Fältchen. »Sie haben Glück. Die Karte, die sie mir gegeben haben, ist zwar vor Jahren verschwunden, aber ich erinnere mich an einen der beiden Namen, weil er so ähnlich klang wie der eines alten Kommilitonen von mir. Haley. Bill Haley.«
    Raine ergriff die Hand der Frau. »Vielen Dank. Sie waren sehr freundlich.«
    Die Ärztin drückte ebenfalls ihre Hand, ließ sie aber nicht los. Sie sah Raine tief in die Augen, bis es Raine unangenehm wurde. »Ich nehme an, Ihre Identität ist ein großes, dunkles Geheimnis?«
    Raine öffnete den Mund, aber nichts kam heraus.
    Die Ärztin berührte den schweren blonden Zopf, der auf Raines Schulter lag. »Sie hätten sich wirklich das Haar abschneiden und es färben sollen, meine Liebe.«
    »Woher wissen Sie … wie …?«
    »Ach, kommen Sie. Wer sonst sollte sich jetzt noch derart für Peter Lazar interessieren?«, erklärte die Ärztin sanft. »Außerdem sind Sie das Ebenbild Ihrer Mutter. Obwohl Sie auf mich irgendwie … wärmer wirken.«
    »Oh Gott«, flüsterte sie. »Würde jeder, der sie kennt, die Ähnlichkeit sehen?«
    »Das hängt von seiner Beobachtungsgabe ab.«
    Raine schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit. Sie hatte es zuerst mit einer braunen Perücke versucht, aber der Kontrast zwischen dem dunklen Haar und ihrem blassen Gesicht war so offensichtlich künstlich gewesen, dass sie beschlossen hatte, auf diese Weise nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Außerdem war die dunkelblonde Mähne, die ihre Mutter 1986 getragen hatte, so weit entfernt gewesen von ihrem eigenen glatten Zopf. Und ihre Mutter hatte oft bemerkt, dass nie jemand auf die Idee kommen würde, sie sei Alix’ Tochter, weil Raine so völlig stillos sei. Hinter ihrer dicken Hornbrille hatte sie sich daher sicher gefühlt. Wie dämlich. Victors Beobachtungsgabe war überdurchschnittlich.
    »Ich habe Sie mal untersucht, wissen Sie«, bemerkte Dr. Fischer.
    Raine sah sie mit offenem Mund an. »Haben Sie?«
    »Die Schulschwester in der Grundschule in Severin war eine Freundin von mir. Am Nachmittag waren Sie oft mit bösen Kopfschmerzen auf der Krankenstation und haben ihr wilde Geschichten über Geister und Kobolde und Albträume erzählt. Sie hat sich Sorgen um Sie gemacht. Sie dachte, Sie sollten mal von einem Psychiater oder einem Neurologen untersucht werden oder von beiden.«
    »Oh«, murmelte Raine und versuchte, sich daran zu erinnern.
    »Sie hatte sich bereits mit Ihrer Mutter in Verbindung gesetzt, war dort aber auf Granit gestoßen.« Bei der Erinnerung daran runzelte die ältere Frau die Stirn. »Deswegen bat sie mich, mal vorbeizukommen und einen Blick auf Sie zu werfen.«
    Raine wartete. »Und?«
    »Meine Diagnose lautete, dass Sie eine intelligente, sensible Zehnjährige mit einer lebhaften Fantasie sind, die in einer sehr anstrengenden Familiensituation lebt.« Dr. Fischer tätschelte Raines Schulter und ließ ihre Hand dann dort liegen. »Ihr Vater tat mir so leid. Und Sie auch. Das ganze andere Gesindel draußen auf der Insel allerdings nicht, wenn Sie meinen Ausdruck entschuldigen wollen.«
    »Das ist schon in Ordnung.« Raine blinzelte die Tränen fort, die in ihr aufstiegen. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie niemandem etwas über mich sagen würden.«
    »Gütiger Himmel, nein«, erklärte Dr. Fischer entschieden. »Ich freue mich, dass ich Gelegenheit habe, Ihnen nun zu helfen, da ich es damals nicht konnte. Viel Glück, Ms Cameron. Lassen Sie mich wissen, wie es weitergeht. Und … seien Sie vorsichtig.«
    Raine ging rasch zurück zum Taxi. »Das werde ich«, rief sie noch.
    Verlegen stieg sie in den Wagen. Sie war vielleicht eine schöne Piratenkönigin, die gleich losplapperte, weil jemand mal ein bisschen nett zu ihr war. Es bedeutete aber nicht, dass sie

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