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Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Titel: Die Nacht Hat Viele Augen -1- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Mckenna
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die Ferien wichtig gewesen, sie waren eine Art emotionaler Verbindung zu seiner lange verstorbenen Frau. Also hatten Jesse und er mitgespielt, wenn auch murrend. Jedes Jahr hatten sie einen vorgebackenen Truthahn, Kürbiskuchen und all den anderen Kram gekauft. Sie hatten das Zeug von Papptellern gegessen und die ganze Nacht Hanks alte Weihnachtsalben von Julie Andrews und Perry Como gehört, während sie sich einen Jack Daniel’s nach dem anderen hinter die Binde gossen, bis Hank sentimental wurde, was seine verstorbene Gladys anging. Das war dann ihr Stichwort gewesen, ihn unter den Achseln zu packen und ins Bett zu schleppen. Am Ende wurde es immer traurig und chaotisch, wenn Hank sich so schlecht fühlte, aber es war das Einzige, was einer Art Familie gleichkam. Keiner von ihnen hatte etwas Besseres, und sie waren alle drei dankbar dafür.
    In den vergangenen Jahren, nachdem Hank gestorben war, hatten Jesse und er auch weiterhin aus irgendeinem Grund die Feiertage zusammen verbracht. Meistens entschieden sie sich für mexikanisches Essen oder thailändisches statt für das fade traditionelle Zeug; aber die Gläser Jack Daniel’s, die sie bis spät in die Nacht tranken, waren eine Erinnerung an Hank. Das erste Weihnachten nach seinem Tod war sehr bedrückend gewesen, aber sie hatten es überstanden. Sie hatten eine Menge lahmer Witze gerissen, die Zähne zusammengebissen, den Whiskey runtergekippt und sich der Sache gemeinsam gestellt.
    Seth hatte keine Ahnung, wie er die Tage allein durchstehen sollte.
    Der fleißige Mensch in dem Ladenfenster ordnete gerade das lange gelbe Haar der Pilgerin. Seth verglich das Kunsthaar mit dem warmen Gold von Raines Locken, als ihm die Idee kam. Die perfekte Möglichkeit, Weihnachten unversehrt zu überstehen.
    Er würde Raine entführen und mit ihr an die Küste fahren. Sie würden sich ein Hotelzimmer mit Seeblick und einem Whirlpool nehmen und die gesamten Ferien in einem endorphinschwangeren Dunstschleier verbringen. Er würde sie mit Champagner verwöhnen, mit Muscheln füttern und dazwischen immer wieder zu heißem, feuchten Sex verführen, während der Regen gegen die Fenster prasselte und die Brandung ans Ufer donnerte. Weißer Schaum würde rhythmisch und äußerst sinnlich über den Sand gleiten.
    Zum Teufel, ja. Er hätte vor Freude fast laut aufgeschrien. Das wäre endlich mal eine echte Ablenkung. Jesse wäre stolz auf ihn gewesen.
    Er würde sie überreden können. Er konnte auf ihr spielen wie auf einem Instrument. Sie war so süß, so liebevoll. Es würde wunderbar werden. Er konnte es kaum erwarten. Allein der Gedanke daran erregte ihn so sehr, dass er für eine oder zwei Minuten vollkommen vergaß, worum es eigentlich ging.
    Jesse, Lazar, Novak. Blutige Rache. Herrgott noch mal, was dachte er sich nur. Alles diente nur diesem einen Ziel. Alles.
    Trotzdem konnte er die Vorstellung von ihm und Raine im Whirlpool und von der donnernden Brandung nicht verdrängen. Vielleicht hatte er seinen verdammten Albtraum ja bis dahin erledigt, und Weihnachten mit ihr an der Küste zu verbringen, könnte seine Belohnung sein. Wenn man davon ausging, dass er dann noch lebte.
    Hinter ihm wurde gehupt. Irgendjemand brüllte ihm eine Obszönität zu. Die Ampel war inzwischen grün, und er starrte immer noch mit eingefrorenem Lächeln auf die junge Pilgerin. Er trat das Gas durch und zwang sich, daran zu denken, wie Jesses Körper ausgesehen hatte, als Novak mit ihm fertig gewesen war.
    Es war genau das richtige Bild, um die Prioritäten eines Mannes wieder in die richtige Reihenfolge zu bringen.
    »Könnten Sie wohl auf mich warten?«, erkundigte sich Raine bei dem Taxifahrer. »Ich werde nicht lange brauchen.«
    Der Fahrer ließ sich in seinen Sitz zurücksinken und kramte nach einem Taschenbuch. »Die Uhr läuft aber«, erklärte er.
    »Das ist okay«, versicherte sie ihm.
    Sie überprüfte noch einmal, ob sie dort in Lynnwood an der richtigen Adresse war, dann steckte sie das Stück Papier weg und ging langsam zu dem Bungalow hinüber. Sie klingelte. Die Tür wurde geöffnet, und eine weißhaarige Frau spähte hinter vorgehängter Kette heraus. »Ja?«
    »Dr. Fischer?«
    »Das bin ich.«
    »Mein Name ist Raine Cameron. Ich habe Sie heute Morgen wegen des Autopsieberichts von Peter Lazar angerufen.«
    Die ältere Frau zögerte kurz, dann hakte sie die Kette aus. »Kommen Sie herein.«
    Die Ärztin führte sie in einen kleinen Salon, ließ sie Platz nehmen und brachte Kaffee

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