Die Nacht Hat Viele Augen -1-
herauszufinden.«
Sie zuckte zusammen, als hätte er sie gebissen. »Sag so etwas nicht!«
Das Wasser schwappte bedrohlich nah bis zum Rand der Wanne. Er zog sich zurück. Sein abwesender Tonfall ließ sie wieder an den Traum denken. Ihr Vater auf dem Boot, seine Augen so eingesunken und umschattet, während er weiter und weiter davontrieb.
»Bitte sag so etwas nicht«, wiederholte sie und kämpfte gegen die Tränen.
»Versuch bitte, nicht so eine Angst davor zu haben«, sagte er leise. »Der Engel des Todes mit einer schwarzen Skimaske kann einen jederzeit aus der Dunkelheit anspringen. Man kann nur aufpassen und den Moment nutzen. So wie ich jetzt diesen Moment nutze.«
Er drückte sie zurück in die Wanne. Raine biss sich auf die bebende Lippe, ließ sich ins Wasser gleiten und gab sich ganz der Liebe hin, die sie in seinen großen Händen verspürte. Er hatte recht. Wenn das alles war, was sie bekommen konnte, sollte sie jeden Moment der Zärtlichkeit genießen, den er ihr schenkte.
Sie ließ sich gehen und kam seiner sanften Liebkosung entgegen. Er wusch sie von Kopf bis Fuß und strich über ihre Kurven wie ein Töpfer, der Ton formt. Er zog sie auf die Knie, damit er sie zwischen den Beinen waschen konnte, und sie hielt sich an seinen muskulösen Schultern fest, damit sie nicht rutschte. Seine feuchten, seifigen Finger glitten durch ihre Spalte und wuschen sie gründlich, wobei er sich die intime Kenntnis ihres Körpers zunutze machte. Sie lehnte sich gegen ihn und zitterte, so intensiv waren ihre Gefühle.
Dann ließ Seth sie wieder zurück ins Wasser gleiten und wusch die Seife ab, die das Wasser inzwischen milchig weiß gefärbt hatte. Erneut glitt er mit der Hand zwischen ihre Beine und sah ihr in die Augen, schob die Hand unter ihren Po und hob sie aus dem Wasser, bis er ihre Spalte sehen konnte, rosig und geschwollen. Er berührte sie, wie nur er es konnte, mit einer geradezu zauberhaften Sensibilität; er wusste immer, wann er vordringen musste, wann sich zurückziehen und wann er sich am besten der gleichen Stelle widmete. Er drückte und liebkoste und streichelte sie, bis die Lust sie überschwemmte. Gewaltig, mitreißend und wunderschön. Ein Feuersturm aus Liebe und Begehren, der jede Angst verdrängte.
Sie trieb in dem kühler werdenden Wasser und fühlte sich wie neugeboren.
Viel zu bald zog er sie auf die Füße und trocknete sie ab, nahm die Decke vom Haken über dem Heizlüfter und wickelte sie darin ein. Er nahm sie auf die Arme, und sie entspannte sich wie ein müdes Baby. Ohne jeden Protest oder Widerstand.
Er legte sie auf die Matratze und streifte seine durchweichten Jeans ab. Dann beugte er sich über sie und bedeckte sie mit der nackten, brennenden Hitze seines Körpers.
»Okay. Es ist die Zeit der Illusion«, sagte er. »Das ist der Teil der Geschichte, in dem du mir zeigst, wie sehr du mich liebst.«
Sie griff nach ihm. »Seth …«
»Bitte nicht. Je weniger du sagst, desto glaubhafter wird es.«
Sie starrte in seine grimmigen Augen. Weiter würde er sich ihr nicht nähern. Sie waren so weit jenseits der normalen, der alltäglichen Welt, dass sie nichts mehr als selbstverständlich hinnahm. Eine Million möglicher Dinge trafen vielleicht zu, eine andere Million absoluter Wahrheiten waren vielleicht reine Illusion. Aber eins war sicher. Sie liebte ihn. Er hatte ihr das Leben gerettet. Er war schön und tapfer und kühn. Heute Abend hatte er ihr gesagt, dass er sie liebte, und er hatte es auch aus vollem Herzen so gemeint. In ihrem ganzen Leben hatte noch nie jemand so viel für sie getan.
Was wahr war, würde wahr bleiben, ob er sich das nun eingestand oder nicht. Und wenn er ihr nicht erlaubte, Worte zu benutzen, um es ihm zu sagen, dann würde sie es eben in der Sprache tun, die ihr noch zur Verfügung stand.
Sie streckte die Arme aus. Sie würde es ihm erklären.
Vor dem Fenster war noch alles schwarz, als es leise an der Tür klopfte.
Seth hob den Kopf, als hätte er überhaupt nicht geschlafen. »Ja?«
»Es geht los«, sagte jemand.
»Ich bin gleich unten.« Er schaltete das Licht ein und zog sich schnell an.
Raine setzte sich auf und überlegte, was sie sagen sollte. Seth ignorierte sie und schlüpfte in sein Hemd. Blut war über Nacht in den Verband gesickert. Er warf einen kurzen, desinteressierten Blick darauf und knöpfte das Hemd wortlos zu.
Panik stieg in ihr auf. »Du verfolgst die Waffe, stimmt’s?«
Er antwortete nicht.
Bilder schossen ihr durch
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