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Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Titel: Die Nacht Hat Viele Augen -1- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Mckenna
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den Kopf. Rot, verspritzt auf Weiß, das Blut auf Seths Verband. Sein rotes Hemd. Tulpen auf dem Boden. Der Fluch der Corazon.
    »Okay, du hast gewonnen, Seth«, stieß sie entsetzt hervor. »Ich gebe es zu. Ich habe Victor alles erzählt. Geh nicht. Es ist eine Falle.«
    Er lächelte, als er sich neben die Matratze kniete, doch sein Blick war düster. »Du bist unberechenbar, Süße. Man weiß nie, was du als Nächstes tust.«
    »Seth, ich …«
    Er unterbrach sie mit einem schnellen, harten Kuss. »Sei brav.«
    Er nahm das Vorhängeschloss und schenkte ihr noch ein Grinsen – es war schief und irgendwie süß. Dann zog er die Tür hinter sich zu. Raine hörte das Schloss klappern, mit einem Klicken rastete es ein.
    Seine leichten Schritte entfernten sich die Treppe hinunter, dann vernahm sie das entfernte Murmeln von Männerstimmen. Es war immer dasselbe. Die Panik, der Frust. Das Boot, das davontrieb, und sie selbst zu klein und zu hilflos, um etwas unternehmen zu können. Scheinwerfer tanzten über die Bäume, als der Wagen davonfuhr. Sie vergrub das Gesicht in den Händen und weinte.
    Nach langer Zeit glitt sie wieder in einen unruhigen Dämmerzustand. Sie sah Bilder, die schließlich mit dem Wasser zu verschmelzen schienen, das sich vor Stone Island erstreckte.
    Donner rumpelte, entfernt und unheilvoll. Windböen blähten das Segel ihres Vaters und ließen es flattern. Er würde sie nicht mitnehmen. Er wollte allein sein; immer das gleiche halb entschuldigende Lächeln. Tut mir leid, Katya, aber mir fehlt die Energie, um unterhalten zu werden. Ich brauche Ruhe, damit ich nachdenken kann. Lauf zurück ins Haus zu deiner Mutter, ja? Sie braucht dich.
    Was für ein Witz. Als ob Alix sie bräuchte, ha! Das Boot trieb weiter davon. Ihr Vater winkte ihr zu, und sie erinnerte sich an den Traum, den sie in jener Nacht gehabt hatte. Sie rief ihm nach, und ihre Worte überschlugen sich vor Panik, aber er setzte nur die Segel und fuhr weiter. Wenn sie solche Träume hatte, geschah immer etwas Schlimmes. Und wenn Alix sie mit roten Augen sah, würde sie nur sagen: »Oh, um Himmels willen, Katie, hör auf zu heulen, ich verliere bald die Geduld.«
    Sie kauerte sich unter die Wurzeln eines toten Baums, die hinaus über das Wasser ragten. Die Wellen hatten einen Platz darunter ausgewaschen, der gerade groß genug war, damit ein elfjähriges Mädchen Platz hatte und dem weit entfernten Segel zusehen konnte, wie es über die Wellen tanzte. Solange sie es noch sah, konnte nichts Schlimmes geschehen. Sie wagte nicht einmal zu blinzeln.
    Sie hörte schwere, polternde Schritte auf dem Anlegesteg. Ed Riggs war der Einzige, der so ging. Katya hatte Ed nie gemocht, auch wenn er ein guter Freund ihrer Mutter war. Er redete immer mit Daddy, als sei Daddy blöd, wo doch Daddy der klügste Mann auf der Welt war, außer vielleicht Victor. Ed tat immer so, als wäre er nett, aber das war er nicht. Und in letzter Zeit hatte sie von ihm geträumt. So wie vergangene Nacht.
    Er stand vor ihr auf dem Steg, beobachtete das Segelboot, wie es durch die Wellen brach, so zart und zerbrechlich wie ein weißer Schmetterling. Er sah dem Boot lange nach, als müsste er eine Entscheidung treffen. Äußerlich war sie ganz ruhig, aber ihr Herz schlug wie wild, als er das andere Boot losband, den Motor ins Wasser hängte und davonfuhr. Dieselwolken trieben zu ihr herüber in ihr kleines Versteck, und ihr wurde beinah schlecht. Er nahm direkt Kurs auf das weiße Segel, ein schwarzer Punkt, der sich immer weiter entfernte, bis er nicht mehr zu sehen war. Der Wind nahm zu, die Wellen wurden höher und bildeten weiße Schaumkronen. Manchmal spülte das Wasser über ihre Füße. Der Himmel war nicht mehr weiß. Er war bräunlich, gelblich grau, wie ein Bluterguss. Donner rollte, jetzt näher. Es begann zu regnen.
    Sie ließ den weißen Schmetterling nicht aus den Augen und hatte Angst zu blinzeln, um ihn nicht zu verlieren. Aber es funktionierte nicht mehr, Ed hatte den Zauber gebrochen. Sie tat so, als wären ihre Augen ein Seil, mit dem sie ihren Vater zurückziehen konnte, aber der weiße Schmetterling hüpfte über die Wellen und widersetzte sich ihr.
    Der schwarze Fleck wurde langsam wieder größer.
    Sie kletterte aus ihrem Versteck und watete hinüber zu der Leiter aus Wurzeln. Sie huschte hinauf zum Weg. Sie wollte nicht zwischen Ed und das Wasser geraten, nicht nach ihrem Traum in der vergangenen Nacht. Es war so dunkel. Dann merkte sie, dass sie immer

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