Die Nacht Hat Viele Augen -1-
als besäße er nur noch ein Hirn ohne Körper. Nicht wirklich friedvoll, aber doch nahe daran. So hatte er seine gesamte Energie in die Ermittlungen stecken können. Dann war Raine aufgetaucht, und plötzlich wollte seine Libido all die verlorene Zeit wieder aufholen.
Das Handy klingelte, und er zuckte zusammen, als hätte ihn ein Stromstoß getroffen. Er warf einen Blick auf die Nummer im Display, verärgert darüber, dass seine Hand zitterte.
Connor McCloud. Na toll. Genau der Richtige, um ihn aufzumuntern. Er startete den digitalen Zerhacker, tippte den Code ein, der Connors Gespräch dechiffrieren würde, und nahm das Gespräch mit einem resignierten Grunzen an. »Ja.«
»Ich habe gerade gehört, dass die Waffe von dem Mord an der Corazon gestern verschwunden ist«, erklärte Connor ohne jede Einführung.
Seth wartete auf weitere Informationen, aber die kamen nicht. »Corazon?«, wiederholte er.
Connor gab einen ungeduldigen Laut von sich. »Guckst du jemals Nachrichten?«
»Ah …«
»Schon gut«, erwiderte Connor scharf. »Bildhübsches Supermodel, ist im letzten August in ihrem Penthouse an der Küste umgelegt worden. Klingelt es jetzt bei dir?«
»Oh. Die . Ja.« So ungefähr. Er hatte ihr niedliches Gesicht auf fast jedem Magazin an den Supermarktkassen gesehen. Belinda Corazon, 1980–2002. Jesus, sie war jung gewesen. Nur einem Zombie hätte der Mord an der Corazon entgehen können. Er hatte sich fast dafür qualifiziert, aber nicht ganz. »Was hat ein totes Supermodel mit uns zu tun?«
»Hör doch einfach mal genau zu, um Himmels willen. Erinnerst du dich noch daran, als ich dir gesagt habe, dass Jesse und ich Gerüchte verfolgt haben, dass Lazar mit gestohlenen Mordwaffen aus berühmten Gerichtsverfahren handelt?«
Seth verzog das Gesicht. »Ich kann einfach nicht glauben, dass Menschen so ein Zeug wirklich kaufen.«
»Glaub es nur. Die Welt ist voller kranker Bastarde, die viel zu viel Geld haben. Der Punkt ist, die Chancen stehen nicht schlecht, dass unser Mann diesen Diebstahl in Auftrag gegeben hat. Und ich kann mir auch vorstellen, wen er geschickt hat.«
»Wen?«, wollte Seth ungeduldig wissen.
Aber Connor zierte sich und gab sich geheimnisvoll. »Wo ist Lazar?«
»Auf Stone Island«, erwiderte Seth, ohne zu zögern. Er hatte persönlich in jedes Fahrzeug von Victors Flotte einen starken ferngesteuerten Mikrowellensender eingebaut. Lazars silberner Mercedes war um 6:59 Uhr am Jachthafen eingetroffen. Die Kamera am Kai hatte festgehalten, wie er das Boot bestieg, und der Sender im Boot hatte seine Ankunft um 8:19 Uhr auf der Insel bestätigt.
»Du verfolgst ihn den ganzen Tag?«
»Ja«, erwiderte Seth. »Im Büro ist er bis 14:45 Uhr gewesen, dann hatte er ein zweistündiges Mittagessen im Jagdklub mit der Laurent-Gruppe, eine Besprechung mit Embry und Crowe von 17:30 Uhr bis 18:35 Uhr, und dann ist er direkt zum Jachthafen gefahren.«
»Ist heute sonst noch jemand zur Insel gefahren?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Seth.
»Wie meinst du das, du weißt es nicht? Du hast da doch Kameras installiert. Oh, warte mal, jetzt begreife ich. Du hast stattdessen beobachtet, was in Barbies Traumhaus vor sich geht, wie?«
»Leck mich!«, stieß Seth zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
»Jesus, Mackey. Du bist ein sexbesessener Idiot. Kann ich mich jetzt auf dich verlassen oder nicht?«
»Ich kann die Insel nicht in Echtzeit überwachen«, knurrte Seth. »Sie ist fünfundachtzig Meilen entfernt. Ich habe keine tragbaren Energiequellen, die eine solche Entfernung mehr als zwei Tage lang überbrücken können, und die Sicherheitsvorkehrungen drüben sind zu stark, als dass ich den Strom vor Ort anzapfen könnte. Wenn du wissen willst, wer zu der verdammten Insel gefahren ist, muss ich rausfahren und selbst nachsehen, die Daten überspielen, sie hierherbringen und bearbeiten.«
Connor schnalzte mit der Zunge. »Meine Herren, du bist aber empfindlich.«
»Wie ich dir schon mal gesagt habe, McCloud …«
»Ja, ja. Leck mich. Ich hab es auch beim ersten Mal schon mitbekommen. Dann beweg deinen Arsch da raus und besorg die Daten. Wir müssen wissen, ob Lazar zwischen 21 und 22 Uhr Besuch hatte. Das würde dazu passen, was meine Quelle mir gesagt hat.«
»Was hat dir deine Quelle sonst noch erzählt?«, wollte Seth wissen.
»Neugierig, neugierig …«, stichelte Connor.
»Sei jetzt kein Arschloch«, fuhr Seth ihn an.
Connor stieß einen schnaubenden Laut aus, der auch ein Lachen
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