Die Nacht, in der er zurueckkehrte
Unwetters zum reißenden Strom geworden war.
Bevor sie hinlaufen und ihn festhalten konnte, war er schon ins Wasser gefallen. Obwohl sie nicht schwimmen konnte, sprang sie hinterher. Es gelang ihr, ihn zu packen und zu einer Ablaufsteuerungsanlage zu ziehen. Wie durch ein Wunder schaffte es der kleine Junge, sich an dem Gitter festzuhalten, bis Hilfe kam. Doch Mariana wurde von den Fluten mitgerissen.
Er rieb sich die Augen. Wenn er sich anstrengte, erhaschte er einen Erinnerungsfetzen an eiskaltes Wasser und Todesangst und totale Verwirrung, als seine Mutter nicht mehr wiederkam.
Sein Vater hatte ihm nie die Schuld am Tod seiner Mutter und, wie er später erfuhr, seiner ungeborenen Schwester gegeben. Doch als Cisco heranwuchs, gab er sich selbst die Schuld. Welches Kind hätte das nicht getan?
Für ihn war sonnenklar, dass sein Drang, Menschen in Not zu retten, mit diesem Ereignis zusammenhing.
Anscheinend hatte sein Singen und Streicheln Belle beruhigt, denn sie schlief wieder tief und fest.
Er selbst war nach dem tagelangen Schlafen hellwach. Er trat ans Fenster und zog die Vorhänge zurück. Die Aussicht war fast dieselbe wie aus seinem Fenster und hatte sich in all den Jahren kaum verändert. Im Mondlicht erkannte er am Horizont die malerische Bergsilhouette, davor die weitläufigen Rinderweiden mit den gepflegten Holzzäunen.
Er liebte die Winder Ranch. Sie war sein erstes und einziges Zuhause. Der einzige Ort, an dem er länger als ein paar Wochen gelebt hatte.
Als er hier ankam, konnte er seinem Glück kaum trauen. Wieso sollten Jo und Guff sich um den aufsässigen Jungen von Wanderarbeitern kümmern? Ständig sorgte er dafür, dass er im Notfall wieder verschwinden konnte. Er hatte sogar ein Zelt vom Dachboden geklaut für den Fall, dass er wieder in die Berge flüchten musste.
Doch bald merkte er, dass er endlich ein Zuhause gefunden hatte. Eine Familie, in der er sich aufgehoben fühlte. Pflegeeltern, die ihn wie ihr eigenes Kind behandelten, und Ziehbrüder wie Quinn und Brant, mit denen er die meiste Zeit verbrachte.
Und da war auch noch Easton, die wie eine kleine Schwester für ihn war. Das hübscheste Mädchen, das er je gesehen hatte. Und das war heute, nach zwanzig Jahren, noch ganz genauso. Nur, dass seine Gefühle mittlerweile nicht mehr geschwisterlicher Natur waren.
Er zog die Vorhänge wieder zu und verließ das Zimmer. Plötzlich schmerzte ihn seine Wunde wieder so heftig, dass er beschloss, eine Schmerztablette zu nehmen. Da er in seinem Zimmer keine mehr hatte, musste er in der Küche suchen.
Auf leisen Sohlen ging er die Treppe hinunter. Dummerweise vergaß er, auf die knarrende Stufe zu achten, die ihn und die anderen Jungs früher öfters verraten hatte. Deshalb waren sie meistens aus dem Fenster geklettert, wenn sie nachts ausbüxen wollten, um im See zu angeln.
Einmal, als Guff sie erwischte, stellte er sie nicht zur Rede, sondern ritt mit ihnen zum See und zeigte ihnen seinen Lieblingsangelplatz.
Wie er seinen Pflegevater vermisste. Die Nachricht von seinem Tod hatte ihn völlig erschüttert. So schnell es ging, war er hergekommen und hatte es gerade noch zur Beerdigung geschafft. Es waren schreckliche Tage voller Trauer gewesen.
An das, was danach passiert war, wollte er lieber nicht denken.
In der Küche öffnete er den Wandschrank, in dem Jo immer die Arznei aufbewahrt hatte. Er durchsuchte den Schrank, fand jedoch kein Schmerzmittel.
Als er den Schrank wieder zumachte, hörte er hinter sich ein Geräusch und fuhr erschrocken herum. Aus alter Gewohnheit griff er nach der erstbesten Waffe, die er zu fassen bekam, ein Schlachtermesser.
Gleich darauf erkannte er seinen Fehler, denn im Türrahmen stand Easton. Sie trug eine Schlafanzughose und ein weites T-Shirt, und das Haar fiel ihr lose über die Schultern.
Schnell hängte er das Messer wieder an seinen Platz. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“
Sie kam herein und holte sich ein Glas aus dem Schrank.
Durch den dünnen Schlafanzugstoff zeichneten sich verlockend ihre Rundungen ab, und er konnte den Blick nicht von ihr wenden.
Nachdem sie Wasser in das Glas gefüllt hatte, drehte sie sich zu ihm um und lehnte sich mit der Hüfte an die Anrichte. „Eins würde mich interessieren.“
Im schwachen Licht der Herdlampe konnte er ihre Brustspitzen unter dem dünnen T-Shirt-Stoff erkennen. Schnell blickte er weg. „Und das wäre?“, fragte er, während sich unterhalb seines Hosenbunds etwas
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