Die Nacht in mir: Roman (German Edition)
lügen? Ich war Althea Dale und ihrer Firma nichts schuldig«, meinte Lisa, darum bemüht, vernünftig und aufrichtig zu klingen. »Ich habe Ihre Organisation um meines Vaters willen aus den Polizeiberichten herausgehalten. Ich habe seine Schuld, so gut ich konnte, zurückbezahlt. «
»Ja, Ihr Vater. Ich höre, es geht ihm nicht gut.« Sie kämpfte gegen die Anwandlung von Panik an, die bei diesen Worten in ihr aufkam. Nein, es geht ihm nicht gut, dachte sie wütend. Er liegt im Sterben. Lassen Sie ihn in Frieden sterben. Sie leckte sich über die Lippen, sagte aber nichts, aus Sorge, ihre Stimme könnte sie verraten. »Aber Ihren Brüdern geht es gut, und Ihren Neffen. Wenn einer von ihnen eine kleine Tour mit uns unternehmen würde, würden Sie vielleicht eine andere Geschichte erzählen.«
»Falls Sie meine Familie bedrohen, erzähle ich Ihnen, was Sie gerne hören wollen. Aber das macht es noch lange nicht zur Wahrheit. Ich habe Ihnen heute bereits die Wahrheit gesagt. «
»Dann sagen Sie sie mir noch einmal.«
Sie erzählte die Geschichte viermal, während die Limousine durch die Straßen von Vancouver und durch stille Straßen jenseits der Stadtgrenzen glitt. Bei jedem Mal wuchs ihre Zuversicht. Er stellte Fragen, gerissene, sich immer wiederholende Fragen, die darauf abzielten, sie unsicher zu machen und sich zu verraten. Aber es waren nicht die wirklich gefährlichen Fragen, die sie befürchtet hatte. Er machte Andeutungen über die Dinge, denen sie aus dem Weg gehen wollte, aber er sprach sie nicht unmittelbar an.
Während sie redete, schlich sich allmählich eine verräterische Erleichterung in ihren Geist. In gewisser Weise war sie froh, dass dieser Augenblick endlich gekommen war, nach so vielen Wochen, die sie darauf gewartet hatte. Vielleicht würde das jetzt endlich das Ende des Alptraums bedeuten. Sie machte sich bewusst, dass es keinen Sinn hatte, darauf zu vertrauen, und antwortete weiterhin sorgfältig und bedächtig und ließ sich weder von seinen subtilen Fragen noch von ihrer eigenen Hoffnung ablenken.
Erst nach Mitternacht hielt die Limousine schließlich an. Lisa sah zum Fenster hinaus und erblickte ihren Wagen ganz alleine mitten auf dem Universitätsparkplatz.
»Darf ich jetzt gehen?«, fragte sie. Yamagata beugte sich vor, und ein Lichtschein huschte über sein Gesicht und erreichte seine schmalen, schwarzen Augen.
»Für den Augenblick. Aber ich denke, wir müssen uns noch einmal unterhalten.« Seine Hand griff nach vorne und umfasste ihr Handgelenk. »Ich bin nicht unvernünftig, Dr. Takara.« Sein Griff wurde fester. Lisa biss die Zähne zusammen, um nicht zusammenzuzucken. »Ich brauche nur die Wahrheit von Ihnen, sonst nichts. Bitte machen Sie es nicht unangenehm für uns beide. Oder für sonst jemanden.«
Er hielt ihr Handgelenk noch eine Weile fest, bis der Druck seiner Finger sie dazu veranlasste, schmerzerfüllt das Gesicht zu verziehen, ließ sie dann los und lehnte sich zurück.
Die Tür neben ihr öffnete sich. »Meine Sachen«, sagte Lisa, und Yamagata lächelte dünn und reichte sie ihr. Sie stieg mit allem Selbstbewusstsein, das sie aufbringen konnte, aus dem Wagen und ignorierte gezielt den Gangster mit der Bodybuilder-Figur, der ihr die Tür aufhielt.
Sie hatte die Hälfte des Weges zu ihrem Wagen zurückgelegt, als sie sich umzusehen wagte, in der Hoffnung, das Nummernschild zu erkennen. Aber die Limousine war bereits verschwunden.
Ihre Wagentür war nicht abgesperrt. Sie setzte sich hinter das Steuer, steckte den Schlüssel ins Zündschloss und ergriff mit beiden Händen das Steuer.
Yamagata war nicht sicher, ob er ihr glauben sollte oder nicht, so viel war offenkundig. Die Fragen, die er ihr nicht gestellt hatte, waren bedeutsam – entweder wusste er wesentlich weniger, als sie erwartet hatte, oder er hatte seine eigenen Geheimnisse und Angst, diese zu verraten.
Wie lange wirst du durchhalten können?, fragte sie sich und wurde sich dann bewusst – aber auf eine Art und Weise, als beträfe es einen anderen Menschen –, dass sie am ganzen Körper zitterte und ihre Hände sich fest um das Steuer krampften. Wenn er Robert oder Derek bedroht oder einen von den kleinen Jungs … was wirst du dann tun? Was, wenn er die Worte ausspricht, die du fürchtest? Rossokow, Ardeth, Vampir. Wenn er so viel weiß, kannst du dann immer noch lügen? Kannst du ihm sagen, dass sie im Feuer gestorben sind, und sicher sein, dass er dir glaubt?
Zitternd kämpfte sie gegen die
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