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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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begonnen. Ich habe keine Lust, den Rest meines Lebens damit zu verbringen, in einem geheimen Yakuza -Labor Ungeheuer zu erzeugen. «
    »Ich glaube nicht, dass Mr. Yamagata das vorhatte«, gab Fujiwara zu. »Und ich glaube, dass vielleicht in der Geschichte, die Sie mir gerade erzählt haben, meinesgleichen gar nicht die schlimmsten Ungeheuer gewesen sind.«
    »Nein«, gab Lisa zu. »Dimitri Rossokow hätte mich töten sollen, weil ich weiß, was er und Ardeth sind. Er hat mich am Leben gelassen. Dafür stehe ich in seiner Schuld. Und jetzt, wo Sie die Wahrheit kennen – was wollen Sie jetzt damit anfangen?«
    »Seit ich das letzte Mal jemanden meines Blutes gesehen habe, sind viele Jahre vergangen«, sagte er leise. »Sie können es die Sentimentalität eines alten Mannes nennen.«
    »Und Mr. Yamagata?«
    »Der wird Sie nicht mehr belästigen.« Die ruhige Zuversicht in seiner Stimme ließ sie bitter auflachen. Wie ein Vater, der seinem Kind verspricht, dass unter dem Bett keine Ungeheuer hausen, dachte sie. Und dann fragte sie sich, ob sein Versprechen vielleicht genauso viel wert war, wie es das ihres Vaters einmal gewesen war. »Ich könnte mehr tun, wenn Sie das wünschen.« Sie blickte ruckartig auf und studierte sein glattes, faltenloses Gesicht und die uralten Augen. »Ich könnte die Lüge in Wahrheit verwandeln.«
    »Für mich, meinen Sie.«
    »Für Sie«, bestätigte er. Sie dachte darüber nach, wie es wäre, das wiederzuhaben, was die Yakuza ihr genommen hatten. Das war mehr als ihre Freiheit, mehr als ihre Sicherheit – sie hatten ihr ihre Sicherheit bezüglich der Welt genommen, ihren Glauben daran, das Universum rational erfassen zu können. Wenn Vampire existierten, dann war alles möglich.
    »Wie?«
    »Sie brauchen mir bloß in die Augen zu sehen. Das ist alles.«
    »Dann werde ich vergessen?«
    »Ja, dann werden Sie Rossokow vergessen, ebenso wie Ardeth. Und mich«, versprach er. Sie schluckte und zwang sich, ihn anzusehen. Die Augen in ihrem Bett aus faltigem Fleisch wirkten schwarz und unergründlich. Es würde nicht schwerfallen, dachte sie distanziert, all die Alpträume und Erinnerungen und schrecklichen Zweifel in jenen lockenden Abgründen zu ertränken. Sie spürte, wie seine Hände sich über den ihren schlossen und ein Finger über ihr Handgelenk strich, der Vene folgte. Sie malte sich aus, sie stehe am Rand eines unergründlichen Teichs und spanne jeden Muskel im Körper vor dem langen Sprung ins kühle Vergessen an.
    Wenn Vampire existierten, dann konnte alles Mögliche das auch.
    Aber sie konnte ihre Augen nicht bewusst vor der Wahrheit verschließen. Sie konnte nicht so tun, als wäre das Universum weniger kompliziert, als es war. Das hieße, alles zu verleugnen, woran sie glaubte.
    Plötzlich wurde ihr bewusst, dass nicht das Wissen ihr Angst machte, sondern die Unsicherheit. Sie glaubte, dass Rossokow und Ardeth Vampire sein mochten … aber sie wusste es nicht mit Sicherheit. Sie wusste nicht, weshalb ihr das so viel bedeutete. Sie glaubte an Neutronen und Quarks und die Chaos-Theorie. Sie glaubte an dunkle Materie und Neurotransmitter. Sie glaubte an tausend Dinge, die sie noch nie berührt hatte, und an vieles, das noch niemand je gesehen hatte. Waren Vampire da so etwas völlig anderes? Ihr Verstand sagte ihr Nein, aber etwas anderes, Tieferes widersprach.
    »Nein, bringen Sie mich nicht dazu, zu vergessen«, sagte sie schließlich. »Ich will wissen.« Etwas in den dunklen Augen flackerte wie halberloschene Glut, die von einem Hauch Sauerstoff zu neuem Leben entfacht wurde. Er drehte ihre Hand in der seinen herum.
    Sie beobachtete sorgfältig klinisch jede Empfindung: Das schwache, rote Glühen in seinen Augen, als er ihr Handgelenk hob, seine kühlen Lippen an ihrer Haut, den Augenblick des Saugens, das Zerren an ihrer Vene, den kurzen scharfen Stich, das unbeschreibliche Gefühl, als ihr Blut ihren Körper verließ und in den seinen floss. Mit distanziertem Staunen spürte sie, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte, wie ihr Atem stockte. Als der kurze Augenblick der Nahrungsaufnahme vorbei war, betastete sie die winzigen Male an ihrem Handgelenk und registrierte mit brutaler wissenschaftlicher Ehrlichkeit eine weitere Erkenntnis: Sie verspürte ein schier unerträgliches Gefühl der Erregung.
    »Wissen Sie es jetzt?«
    »Ja«, hauchte sie und griff sich an den Puls. »Jetzt weiß ich es.«

13
     
    Ardeth schlängelte sich zwischen den vielen Fahrzeugen hindurch, die den

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