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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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gehasst hatte, und sie wollte ihm wehtun, wollte ihn wenigstens einen Bruchteil der Pein spüren lassen, die sie empfunden hatte.
    Sie hatte keine Waffen, und ihre beiden Hände waren damit beschäftigt, den um sich schlagenden Mann festzuhalten. So schien es ihr in ihrer bitteren Wut die natürlichste Sache der Welt, ihre Zähne in seinen Hals zu graben, der sich vor ihrem Gesicht darbot.
    Das Blut, das ihr in einem kräftigen Strahl in den Mund schoss, überraschte sie. Fast wäre sie zurückgefahren, aber dann erfasste sie seine berauschende Süße, fuhr ihr wie ein elektrischer Stromschlag durch alle Nerven. Benommen schluckte sie, und Wärme erfüllte sie. Petersons erstickten Schrei hörte sie kaum, noch spürte sie seine verzweifelte Gegenwehr. Sie ertrank förmlich in dem Blut, das über ihre Wut hinwegspülte, sie nährte und zugleich die Leere füllte, die sie empfand.
    Langsam verebbten Petersons Zuckungen, seine Füße beruhigten sich. Ardeth hob den Kopf und atmete in tiefen Zügen. Der Geschmack des Blutes verweilte süß in ihrem Mund. Was hab ich getan?, fragte sie sich, kannte aber die Antwort. Sie hätte entsetzt sein müssen. Die Person, die sie einmal gewesen war, wäre es gewesen. Aber sie verspürte keinen Schrecken und kein Bedauern. Sie fühlte nur Befriedigung und die Wärme des gestillten Feuers in ihr.
    Sie musste die Leiche wegschaffen. Sie fand die Schlüssel unter ihm und sperrte die Eisentür zum Keller auf. Mit ihrer neu gewonnen Kraft kostete es sie keine Mühe, Petersons Körper durch die Tür zu wuchten. Sie warf ihn über den Treppenrand und wartete auf das schwere, befriedigende Klatschen, als er unten auftraf. Dann blieb sie stehen, zog die Tür hinter sich zu und blickte hinab.
    Er war da, stand in seiner Zelle, er wartete auf sie. Er hatte jetzt in ihrem Geist einen Namen, und sie erinnerte sich, was er war. Was sie war. Ardeth ging langsam die Treppe hinunter, spürte Rossokows argwöhnischen Blick. Sie ging auf die Zelle zu, in der er wartete, und beugte sich dann vor, um den Schlüssel ins Schloss zu schieben. Als die Tür aufschwang, blickte sie zu ihm auf.
    »Ardeth.« Ihr Name war nicht mehr als ein Flüstern, und doch fühlte er sich wie ein Ruf der Zustimmung an.
    »Ich bin zurückgekommen«, sagte sie langsam. Er nickte und trat auf sie zu. Sie konnte ihn immer noch in ihrem Bewusstsein fühlen, wie die Erinnerung an einen Duft, der in der Luft hing.
    Als er sie küsste, fühlte sie nichts von dem Begehren, das sie in der vergangenen Nacht fast umgeworfen hätte, sondern vielmehr eine tiefere, süßere Befriedigung. Sie klammerte sich an seinen Kuss. Als er von ihr abließ, sah sie etwas von Petersons Blut auf seinen Lippen. Die Erinnerung daran, wie es ihren Mund ausgefüllt hatte, ließ sie die Lippen zu einem kalten, tigerhaften Lächeln verziehen. Rossokows Grinsen folgte dem ihren, aber langsam, als wäre es das Symptom einer Krankheit, die mit Petersons Blut übertragen worden war, und als beginne er gerade erst, die Wirkung des Fiebers zu spüren, das in ihren Venen brannte.
    »Die anderen«, sagte er.
    »Die anderen …«, kam es wie ein Echo von ihr, und dann lächelte sie wieder, entzückt von dem Gefühl, als sich ihre Lippen von ihren scharfen Zähnen zurückschoben.

13
     
    Roias war in der Regiekabine, seiner ganz persönlichen Zuflucht. Draußen im Studio wanden sich zwei Frauen auf dem mit roten Laken bezogenen Bett, während Kameraleute sie wie gierige Haie umkreisten. Roias nahm die Szene kaum wahr. Die alltägliche Treiben der Firma hatte jeglichen Reiz für ihn verloren, seit er seine »speziellen Filmchen« entdeckt hatte.
    Aber auch das neigte sich dem Ende zu. Rookes Anruf in jener Nacht hatte daran keinen Zweifel gelassen. Sie würden ›die Ware‹ in zwei Tagen abholen. Das bedeutete, dass er gut daran tat, den Grafen zu füttern. Er sah zu den Frauen hinaus. Er würde wieder einen Riesen auf den Tisch legen müssen, um Greg eines der Mädchen abzukaufen, aber das war ein kleiner Preis, wenn er damit verhindern konnte, dass Rooke zornig wurde. Zum Teufel, schließlich war es Rookes Geld.
    Wenigstens war dieses Miststück Alexander tot. Wenn Rooke gekommen wäre, so lange sie noch am Leben war … Roias schob den Gedanken beiseite. Seine Anweisungen hatten eindeutig gelautet, das Mädchen sofort zu töten. Aber es wäre wirklich jammerschade gewesen, auf diese Chance zu verzichten. Es war einfacher gewesen, sie zu benutzen, statt Greg wieder

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