Die Nacht mit dem Wuestenprinzen
Tiffany. Manchmal dachte er daran, was passieren würde, wenn sich das Ganze doch noch als Lügenmärchen entpuppte.
Falls Tiffany ihn angelogen hatte, würde sie den Tag bereuen, an dem sie sich begegnet waren, das schwor er sich.
Die Nacht schien endlos zu dauern. Tiffany war rastlos, und an Schlaf war nicht zu denken.
Soll ich?
Soll ich nicht?
Ja oder Nein?
Was war die Antwort, die sie Rafiq geben sollte?
Tiffany rollte sich zusammen, schlang die Arme um ihren Körper und starrte in die Nacht. Wenn sie sich weigerte, Rafiq zu heiraten, und abreiste, dann würde ihre Tochter später zwar eine Mutter, aber keinen Vater haben. Möglich war auch, dass Rafiq später, wenn das Mädchen älter war, nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Wäre sie, Tiffany, mit Rafiq verheiratet, würde er das Baby jeden Tag sehen und eine Bindung aufbauen. Ganz bestimmt.
Also, welche Wahl blieb ihr schon?
Seufzend rollte sich Tiffany auf den Rücken. Sie war nach Dhahara gekommen, um Kontakt zu einem Bankier aufzunehmen, und hatte festgestellt, dass dieser Bankier ein Scheich königlicher Abstammung war.
Rafiq war viel beschäftigt und oft unterwegs. Würde er Zeit für eine Familie erübrigen – eine Familie, die er sich nicht ausgesucht hatte? Für eine Tochter statt für den erhofften männlichen Erben? Oder würde es so sein wie früher bei ihr zu Hause – mit einer leidenden Mutter und einem abwesenden Vater?
Sie schaute aus dem Fenster und entdeckte Myriaden funkelnder Sterne am Nachthimmel. Der Mond war noch nicht voll, und sie dachte: Wenn ich Rafiq heirate, bin ich sein Mond, und er ist meine Sonne. Wir werden auf ewig getrennt durchs Universum reisen.
Diese Vorstellung erleichterte ihr die Entscheidung. Sie wollte keine Ehe, die nicht aus Liebe geschlossen wurde. Daher würde sie seinen Heiratsantrag ablehnen und ihr Glück auf eigene Faust suchen. Eines Tages würde sie ihrer Tochter erzählen, wer ihr Vater war. Sie brauchten Rafiq nicht, um eine Familie zu sein.
Mit diesem Vorsatz schlief Tiffany endlich ein.
Am nächsten Morgen sah sie sich in ihrer Entscheidung bestätigt, als sie zum Frühstück erschien und bemerkte, wie Lily hastig die Tageszeitung schloss. Zuvor jedoch hatte Tiffany noch einen Blick auf das Foto werfen können. Es zeigte Rafiq, gut aussehend und arrogant wie immer.
„Darf ich?“ Sie gönnte Lily ein grimmiges Lächeln und griff nach der Zeitung.
Die Ältere breitete hilflos die Hände aus. „Sie müssen das verstehen – meinen Neffen trifft keine Schuld. Schon als Teenager haben sich ihm die Frauen an den Hals geworfen.“
Lily schien also das Märchen, das Rafiq ihr von Tiffany, der Geschäftsfreundin, aufgetischt hatte, keinen Moment geglaubt zu haben. Offensichtlich interpretierte sie die Beziehung zwischen ihnen ganz anders.
Was Lily gesagt hatte, beruhigte Tiffany aber keineswegs. Sie starrte auf die Fotoserie, die Rafiq mit einer bildschönen dunkelhaarigen Frau auf einer Veranstaltung zeigte. Deshalb also war er am Vorabend nicht zum Essen erschienen.
Die meisten Frauen finden mich charmant, hatte Rafiq behauptet. Das stimmte offensichtlich.
„Sie ist sehr schön“, bekannte Tiffany ausdruckslos und fühlte, wie ihr leicht übel wurde. Rafiq ist wie mein Vater, dachte sie. Immer wird es andere Frauen geben. Und dieser Gedanke tat so weh, wie sie es niemals erwartet hätte.
„Der Artikel berichtet über die Eröffnung eines neuen Kliniktrakts“, erklärte Lily. „Die Dame an seiner Seite stammt aus einer angesehenen Familie von Dhahara. Ich bin sicher, Rafiq hat sich mit ihr fotografieren lassen, weil ihr Vater großzügig für das neue Krankenhausgebäude gespendet hat.“
So besitzergreifend, wie die Frau ihre Hand auf Rafiqs Arm legte, hatte das nichts mehr mit einer Geschäftsbeziehung zu tun. Die Art, wie sie ihn aus kajalumrandeten Augen ansah, ihr strahlendes Lächeln, ihre ganze Haltung verrieten, dass sie sich des Mannes an ihrer Seite sicher war. Tiffany hatte noch nie Interesse an Männern der guten Gesellschaft gehabt, weil diese ständig von einem Schwarm schöner Frauen umgeben waren. Sie wollte kein Leben führen, wie es ihre Mutter getan hatte.
Rafiq zu heiraten entsprach ungefähr ihre Vorstellung von der Hölle.
Deshalb würde sie Nein sagen. Nicht nur, weil sie ihrer Tochter einen ständig abwesenden Vater ersparen wollte, sondern auch, weil sie keine Lust hatte, morgens die Zeitung aufzuschlagen und zu lesen, mit wem Rafiq sie nun wieder
Weitere Kostenlose Bücher