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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Jahrhunderte maurischer Herrschaft.«
    »Jahrhunderte, in denen sie ihren Glauben behalten durften, genauso wie die Juden, die nun von diesen Christen erbarmungslos aus dem Land getrieben wurden. Nachdem die Christen mit dem Geld der Juden Granada zurückerobert, nein, zurückgekauft hatten! Und jetzt sind wir an der Reihe. Weißt du, was sie als Nächstes vorhaben?« Seine Augen brannten, so erregt war er auf einmal.
    »Nicht so laut, Junge!«, rief Kamal. »Sonst hört man dich ja bis hinüber zu den Palästen, und dort verstehen sie Arabisch, das kann ich dir versichern! Salzedo, der Hofmeister von Erzbischof Cisneros, hasst uns Mauren aus tiefstem Herzen. Willst du ihn unbedingt auf dich aufmerksam machen?«
    »Ich werde es dir verraten! Wie Vieh wollen sie uns in ihre Kirchen treiben, dann die Türen verschließen und uns mit ihrem Dämonenwasser zwangsweise taufen.«
    »Das ist nicht dein Ernst!« Kamal vergaß für einen Augenblick, die Stimme zu senken. »Jemand muss dir einen Bären aufgebunden haben. Das würden die Christen nicht wagen!«
    »Jedes einzelne Wort davon ist wahr!« Rashid sprang auf, stieß dabei den Topf um und verschüttete den Rest des Eintopfs. »Aber so einfach werden wir es ihnen nicht machen. Zum Glück gibt es nämlich noch ein paar Muslime, die bereit sind, bis zuletzt für ihren Glauben zu kämpfen. Bist du dabei, Vater? Wirst du uns Söhne Allahs unterstützen?«
    Rostiges Bimmeln ertönte und rief sie zur Arbeit zurück, Kamal zu seinem Misthaufen, Rashid zum Steineklopfen, damit der Hof vor dem Nordpavillon noch vor der Ankunft von Erzbischof Cisneros gepflastert wurde. Die wenigen Christen in der Truppe sprachen von nichts anderem. Der asketische Franziskaner, der jeden Tag in Granada eintreffen musste, hatte sich einer Unterbringung in den behaglicheren, wohnlich ausgestatteten Palastteilen hartnäckig verweigert. Nur auf ausdrücklichen Wunsch der Königin war er schließlich bereit gewesen, ein paar bescheidene Räume in der Generalife zu beziehen, die nun unter der kritischen Aufsicht seines Hofmeisters eiligst auf Hochglanz gebracht werden mussten.
    »Wir reden später weiter«, rief Kamal seinem Sohn nach, der sich mit großen Schritten bereits entfernte. »Und du machst nichts ohne meine Erlaubnis, hast du mich verstanden?«
    Rashid ging weiter, als hätte er nichts gehört.
    Eine kalte Hand griff nach Kamal. Und wenn er ihn längst verloren hatte?
    Ein Gedanke, der sein Herz in Finsternis tauchte und ihn nicht mehr losließ, bis der letzte Misteimer geleert war.
    Lucia hatte die halbe Nacht von Fuego geträumt. Im Traum war er kein kleiner, zerzauster Kater mehr mit kaum verheilten Wunden, sondern ein großes, gut genährtes Tier, das im Schatten der Pappeln auf Beutezug ging.
    Wie geschmeidig er sich bewegte! Und wie aufgeregt sein buschiger Schwanz zuckte!
    Die Ohren angelegt, setzte er zum Sprung an und nagelte mit schweren Tatzen das Opfer unter sich fest. Sein Fell schimmerte in allen erdenklichen Rottönen; die Augen waren gleißend grün.
    Sie erschrak, als er sich plötzlich umdrehte und sie eingehend musterte.
    Eine ganze Weile standen sie regungslos, der Kater und das Mädchen, dann veränderte sich sein Ausdruck, und mit einem hellen Fiepen kam er langsam näher.
    Nichts wünschte Lucia sich mehr, als ihn zu berühren, und als ob er ihre Sehnsucht gespürt hätte, stupste er sie sanft mit der Schnauze an. Gehorsam ließ sie sich auf dem Boden nieder, der warm und trocken war.
    Und tatsächlich kletterte Fuego auf den Schenkel und ließ sich dann auf ihrem Schoß nieder. Ihre Finger berührten sein seidiges Fell. Wohliges Schnurren ertönte …
    »Träumst du schon wieder im Stehen? Eines Tages wirst du noch über deine eigenen Füße fallen, wenn dein Kopf stets in den Wolken steckt!«
    Manchmal konnte Djamila eine Nervensäge sein!
    Lucia hasste es ebenso, wenn sie sich in ihre Fantasien mischte, wie wenn Djamila ungebeten ihr Zimmer betrat. Dass es in der ersten Zeit anders gewesen war, wussten sie beide, ohne jemals ein Wort darüber zu verlieren.
    Damals war Lucia überzeugt gewesen, in der jungen Maurin, von der sie nur zehn Jahre trennten, eine Freundin und Verbündete zu finden. Doch nach den ersten Nächten, die Djamila mit Antonio verbracht hatte, musste sie schweren Herzens Abschied von dieser Illusion nehmen. Djamila wollte nicht länger Dienerin sein, sondern am liebsten die Herrin des Hauses, das ließ sie Lucia immer wieder spüren.
    Djamila

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