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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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hinausschreien, allein darum geht es ihm. Und er wird bekommen, was er will!«
    »Lucero muss seine Schuld bekennen. Dazu werden wir ihn zwingen!«
    »Kind, Kind, was redest du da? Nichts als Lügen, wird der Inquisitor behaupten und alles, was Gaspar euch preisgegeben hat, als unbrauchbares Geständnis eines Mannes abtun, den eine Übermacht gewaltsam in die Enge getrieben hat. Wer in Granada würde schon wagen, gegen einen Lucero aufzustehen? Darüber willst du unsere Freunde in Kenntnis setzen?« Er leerte seinen Becher in einem Zug. »Vergiss es! Die Mauern des Kerkers sind zu dick. Verloren sind wir, Lucia, nicht anders als sie, und gemeinsam mit ihnen werden auch wir untergehen.«
    Seine Hand griff erneut zum Weinkrug, um sich abermals nachzuschenken, doch dieses Mal war sie schneller gewesen und stieß den Krug angeekelt weg.
    »Dann müssen wir den Stein eben finden, bevor der Prozess beginnt!« Lucia hasste sich dafür, dass ihre Stimme nicht fest genug geklungen hatte. »Für jedes Rätsel gibt es eine Lösung. Wenn man nur lange genug nachdenkt …«
    Kaum hatte sie sich diese Szene wieder vergegenwärtigt, da setzte sie sich ruckartig in ihrem Bett auf.
    Fuego, der jetzt Nacht für Nacht an ihrer Seite schlief, als würde er spüren, wie wohl ihr seine Nähe tat, erhob sich eher widerwillig. Er streckte sich ausgiebig und ließ anschließend einen Katzenbuckel folgen, dann jedoch entdeckte er auf dem Boden eines jener bunten kleinen Wollbällchen, die Nuris geschickte Finger für ihn gefertigt hatten, sprang hinunter und begann hingebungsvoll damit zu spielen.
    Wie sehr sie die liebste Freundin vermisste!
    Doch was Lucia soeben durch den Kopf geschossen war, brachte sie vielleicht des Rätsels Lösung ein gutes Stück näher – und damit auch Nuris ersehnter Freiheit.
    Padre Manolo hatte ihr in Kindertagen oft vom Bischof von Myra erzählt, seinem und schon bald auch ihrem Lieblingsheiligen, mit dem der Priester die Liebe für die Armenpflege teilte. Besonders gut in Erinnerung geblieben war Lucia jene Geschichte der drei goldenen Bälle, die der fürsorgliche Nikolaus des Nachts drei jungen Mädchen ins offene Fenster geworfen hatte, damit sie genügend Mitgift bekamen und sich nicht als Straßendirnen verkaufen mussten.
    Drei goldene Bälle – der Mann, von dem sie geträumt hatte, war kein anderer als der heilige Nikolaus!
    Das Kostbarste im Heiligsten. Dort, wo niemand jemals danach suchen wird. Da ist der Schatz am sichersten aufgehoben. Beim Bischof der Mildtätigkeit – beinahe meinte Lucia Gaspar leibhaftig vor sich zu sehen, so peinlich genau hatte sie sich seine Worte eingeprägt.
    Das konnte nur San Nicolás bedeuten, die Kirche, die den Namen des Heiligen trug!
    Doch das Kirchenschiff war groß. Und der kostbare Edelstein konnte überall versteckt sein. Lucia brauchte dringend geeignete Verbündete, wollte sie auch nur eine winzige Aussicht auf Erfolg haben.
    Nach kurzem Nachdenken verwarf sie die Idee, zu Rashid zu laufen, obwohl doch alles in ihr danach drängte, ihm sofort von ihrer nächtlichen Eingebung zu berichten. Aber hatte er sie beim Abschied nicht noch einmal eindringlich beschworen, nur im äußersten Notfall sein Versteck aufzusuchen, da die Söhne Allahs nichts von ihrer verbotenen Verbindung wissen durften?
    Dann kamen nur noch zwei andere Personen infrage und zu denen wollte sie auf der Stelle.
    Jetzt hielt Lucia nichts mehr im Bett.
    Sie sprang heraus, griff im Laufschritt nach ihren Kleidern und rannte zum Brunnen, um sich mit frischem, kaltem Wasser auch noch den letzten Rest von Müdigkeit aus den Augen zu waschen.
    Die Stadt wimmelte auf einmal von Bewaffneten, jedenfalls kam es Lucia so vor, als sie durch die engen Gassen zum Haus von Tante Pilar lief. Aber sie sahen ganz anders aus als die Rotkappen des Inquisitors, trugen keine bunten Fetzengewänder und fielen auch nicht durch mangelnde Sprachkenntnisse auf. Die Farben ihrer Kleidung waren gedeckt, Haare und Bärte hatten sie sorgfältig gestutzt, und die Waffen, die sie am Gürtel trugen, wirkten so neu, als wären sie frisch geschmiedet. Sogar Fuego, der bislang vor nichts und niemandem Angst gezeigt hatte, schien der ungewohnte Stechschritt der Männer einzuschüchtern, die mit ihren Stiefeln auf dem holprigen Pflaster polterten, denn obwohl er wie gewohnt an Lucias Seite von zu Hause aufgebrochen war, war der Kater plötzlich irgendwo im Gewühl spurlos verschwunden.
    Einer der Männer machte, während er an

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