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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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endlich etwas!«
    »Er ist Nuris Bruder«, sagte Miguel leise. »Der Bruder des Mädchens, dem mein Herz gehört.« Er wandte sich an Lucia. »Hast du ihm denn nicht gesagt, dass wir drei hier bereits alles durchsucht haben – vergebens?«
    »Ihr habt – was?«, quäkte Gaspar, der sich wieder ein wenig zu bewegen wagte. »Mein Neffe macht gemeinsame Sache mit diesen Verbrechern? Ich glaube, ich höre nicht richtig! Und welche Nuri überhaupt? Du liebst eine Muslima, anstatt dir eine anständige christliche Braut zu suchen? Bist du denn ganz von Sinnen?«
    »Liebe fragt doch nicht nach Religion«, sagte Miguel kopfschüttelnd. »Oder danach, ob etwas erlaubt ist. Liebe ist ein himmlisches Geschenk.« Wieder glitt sein Blick zu Lucia. »Wir müssen Nuri da so schnell wie möglich rausholen. Sie darf nicht im Kerker bleiben!«
    »Nein, das darf sie nicht«, bekräftigte Rashid. »Ebenso wenig wie meine Mutter und mein Vater, die beide vollkommen unschuldig sind. Niemals würde der beste Schleifer von Granada einen Edelstein stehlen.« Er trat einen Schritt auf Gaspar zu, der vor seiner erhobenen Faust ängstlich zurückwich. »Wo ist der Hyazinth?«, sagte er. »Rede endlich!«
    »Man hat Euch in der Werkstatt gesehen, kurz bevor der Stein verschwand. Und ich habe Euch in San Nicolás gehört«, mischte sich nun Lucia ein. »Als Ihr die Beichte ablegen wolltet. Ihr habt von einem Verbrechen gesprochen, Seňor Ortíz. Im Namen meiner toten Mutter: Wenn Ihr etwas über den Stein wisst, dann sagt es uns! Soll denn unschuldiges Blut seine Schönheit für immer besudeln?«
    Sein Ausdruck veränderte sich plötzlich, verlor all seine Härte und Verschlagenheit.
    »Du redest genauso, wie sie auch geredet hätte«, sagte Gaspar leise. »Miriam, das schönste Mädchen des ganzen Judenviertels, dessen Vater aus Sorge vor dem, was da kommen würde, ihre christliche Taufe betrieben hat. Ein junger Goldschmied warb um sie, Christ auch er, und er dachte, die Heirat mit ihm würde noch mehr Sicherheit für Maria bedeuten, wie sie von da an hieß. Alles schien auf dem besten Weg, sie hatte ihm ihr Jawort schon fast gegeben, da tauchte eines Tages ein zweiter Bewerber auf, der alles veränderte – Antonio Álvarez.«
    Er griff an sein Herz, als könnte er die alten Schmerzen noch wie damals spüren.
    »Monate zärtlichen Werbens, das Vertrauen, die Nähe – alles mit einem Mal verflogen! Sie brannte, brannte lichterloh für diesen neuen Mann, und ich war plötzlich unsichtbar für sie, als hätte es mich niemals gegeben …«
    »Und deshalb habt Ihr Euch so bitter an Vater gerächt?«, unterbrach ihn Lucia. »Aber warum dann auch noch Kamal – und seine ganze Familie dazu?«
    Gaspar schien immer mehr in sich zusammenzusinken.
    »Um Maria doch noch für mich zu gewinnen, habe ich damals eine große Dummheit begangen. Damit hatten sie mich in der Hand. Lucero konnte mich dazu zwingen. Ich hatte keine andere Wahl!«
    »Aber jetzt hast du eine Wahl, Onkel!«, rief Miguel, der die ganze Zeit fassungslos gelauscht hatte. »Du musst ihnen helfen, wenn du kannst! Ich darf Nuri nicht verlieren. Soll sich denn die Geschichte von damals noch einmal auf grausamste Weise wiederholen?«
    Gaspars Lippen öffneten sich und schlossen sich wieder, ohne dass auch nur ein einziger Laut herauskam.
    »Sie werden mich töten, wenn das bekannt würde«, flüsterte er schließlich. »Sie sind zu allem fähig!«
    »Und ich auch, wenn du nicht endlich redest!«, rief Rashid.
    »Bitte, Seňor Ortíz«, flehte Lucia. »Ihr müsst uns helfen. Zögert nicht länger!«
    Seine Augen gingen weit auf.
    »Lucero hat den Stein«, sagte Gaspar. »Er hat darauf bestanden, dass ich ihn ihm sofort aushändige. Verstehst du nun? Jedes Aufbegehren gegen ihn wäre zwecklos!«
    Lucero, der Inquisitor! Lucias Zuversicht, die eben noch zart gekeimt hatte, sank zurück ins Bodenlose. Wie sollten sie sich den Hyanzinth vom Inquisitor beschaffen?
    Vollkommen unmöglich! Jetzt schien erst recht alles verloren.
    »Er lachte, als er ihn an der Hand hielt«, fuhr Gaspar fort. »Lachte und lachte, als könne er gar nicht mehr damit aufhören, und gab mir zum Abschied ein Rätsel auf, über dem ich bis heute vergeblich grüble. Das Kostbarste im Heiligsten , hat er gesagt. Dort, wo niemand jemals danach suchen wird. Da ist der Schatz am sichersten aufgehoben. Beim Bischof der Mildtätigkeit. «
    »Wir werden das Rätsel lösen – und wenn ich keine einzige Stunde mehr schlafe, bis es

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