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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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den Sechs-Siebenern?«
    »Fünf. Der Gnom, Baby, Trisha, Shannon, und ich wurde durch einen Jungen namens Cassius ersetzt. Über ihn weiß ich nicht viel, aber nehmt euch vor Trisha in Acht, sie hat ein Messer. Shannon kann auch gut kämpfen, aber am meisten müsst ihr auf den Gnom aufpassen. Er kann überall raufklettern, sogar an Wänden, die so aussehen, als könnte man sich nirgends festhalten.«
    Das klingt, als wären sie keine Kinder, sondern Superhelden. Wolfboy faltet die Karte zusammen und steckt sie in die Hosentasche.
    Ich kann noch ein paar Fragen anbringen. »Wenn wir einen von ihnen bestechen wollen, was können wir am besten anbieten? Gibt es etwas, das sie haben wollen und nicht kriegen können?«
    »Bestechen hat keinen Zweck. Sie brauchen nichts von Fremden.«
    »Aber was bedeutet ihnen am meisten? Womit können wir ihnen drohen?«
    »Willst du eine ehrliche Antwort?«, fragt Blake. »Sie sind absolut furchtlos. Sie interessieren sich für niemanden außer sich selbst. Drohungen sind sinnlos. Bestechungen auch. Ich hoffe, ihr habt Glück und findet sie gar nicht erst. Aber wenn ihr ihnen über den Weg lauft, dann stellt euch darauf ein, mit allen Mitteln kämpfen zu müssen.«

16
    Wir arbeiten schnell, ohne nachzudenken. Ich tausche mein kariertes Hemd gegen ein schwarzes T-Shirt und suche eine Jeans, einen schwarzen Rollkragenpulli und eine marineblaue Mütze für Wildgirl heraus.
    Dann hole ich mein altes Fahrrad aus der Garage. Es ist verstaubt und voller Rostflecken, aber ansonsten sieht es in Ordnung aus. Während Wildgirl die Reifen aufpumpt, die Kette ölt und die Reflektoren abreißt, packe ich ein paar Sachen aus der Garage in meinen Rucksack: eine Taurolle, eine Plane, Gummiseile, eine Zange, Klebeband, eine Eisenstange. Ich schnappe mir Dads altes Angelmesser und wickele es in einen Lappen.
    Es ist, als würde ich mir selbst dabei zusehen, wie ich all das mache. Ich darf nur nicht nachdenken, sonst gehen mir die Nerven durch. Der Plan war, dass Wildgirl nach einem Blick auf Blakes Narben ganz schnell einen Rückzieher machen würde, aber sie hat nicht mal mit der Wimper gezuckt.
    Aus der Küche nehme ich mir eine Tüte Mini-Schokoriegel, die ich vor Monaten von einem Kumpel bekommen habe, nachdem ich ihm geholfen hatte, seine neue Bleibe zu streichen. Ich stehe nicht mehr auf Süßes. Ich packe die Schokoriegel in eine Plastiktüte,dann schütte ich ein Glas italienische Kräuter dazu, um den Geruch zu übertünchen.
    Blake bleibt im Haus – wenn es mit dem Gnom schiefläuft, will ich nicht, dass sie auf der Straße ist –, und Wildgirl nimmt Blakes Rad. Wir müssen den Sattel etwas höher stellen, aber abgesehen davon passt es gut. Als wir losgehen, schläft Blake schon auf dem Sofa, die Arme über dem Kopf verschränkt.
    Wir drehen ein paar Proberunden in der Einfahrt, dann sausen wir auf die verlassene Straße.
    Ich bin seit Jahren nicht Rad gefahren. Ich weiß nicht mehr, wann Paul und Thom und ich damit aufgehört haben. Wir müssen ungefähr fünfzehn gewesen sein, als es plötzlich total uncool wurde, auf einem Fahrrad gesehen zu werden. Jetzt, wo Wildgirl nicht mehr in meinem Haus rumgeistert, Sachen anfasst und Fragen stellt, kann ich wieder aufatmen. Aber hundertprozentig glücklich bin ich nicht über das, was wir vorhaben. Wir haben die Sache nicht gründlich genug durchdacht.
    »Ich fühle mich wie mit zwölf!«, ruft Wildgirl. Ihre Tasche schaukelt am Lenker. Sie flattert mit den Armen wie ein Vogel, während sie um einen Verkehrskreisel fährt, bis mir schwindelig wird. Ich wollte sie überreden, die Handtasche zu Hause zu lassen, aber sie hat mich angeguckt, als hätte ich gesagt, sie soll sich einen Arm abschneiden. Sie hat darin herumgekramt und als Kompromiss eine Flasche Wasser, ein zerlesenes Buch, einen MP3-Player und eine Sonnenbrille herausgenommen. Nichts konnte sie dazu bringen, die Ukulele dazulassen, vor allem als sie feststellte, dass sie in die Tasche passte.
    »Nicht so laut«, mahne ich. Sie benimmt sich, als wollte sie extra auffallen.
    Jetzt müssten wir noch in dem Chill-out-Room im Little Death sitzen, unsere Gesichter nah beieinander, wir beide die einzigen Menschen auf der Welt. Stattdessen spielen wir Räuber und Gendarm in den Seitenstraßen. Klar will ich das Feuerzeug wiederhaben, aber es ist nicht alles nur schwarzweiß, wie Wildgirl denkt. Das ist keine leichte Entscheidung. Ich könnte Blake in Gefahr bringen, und vielleicht gibt es ja eine

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