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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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mehreren geschlossenen Türen vorbei, an einem leeren Zimmer und einer Toilette. Am Ende des Flurs befinden sich eine Küche und ein großer Wohnbereich. Hinter der Küche ist rechts die Treppe.
    Wolfboy überholt mich und stellt sich mir in denWeg. »Ich will nicht, dass du in meinen Sachen rumschnüffelst.«
    Ich packe ihn an der Schulter. »Mann, Wolfboy, deine Sachen interessieren mich doch überhaupt nicht. Ich will nur mal Orphanland sehen.«
    »Orphan ville .« Ich höre ihm an, dass er ganz schön sauer ist, aber er lässt mich durch.
    Die obere Etage ähnelt eher einem Loft. Sie ist rappelvoll mit Verstärkern, Boxen, Tischen mit Knöpfen zum Drehen und diesen Dingern, die man hoch und runter schiebt, und auf dem Boden befindet sich ein Gewirr aus Kabeln und Steckerleisten. In einer Ecke steht ein Schlagzeug rum, an einem Stuhl lehnt eine Gitarre. Durch ein offenes Dachfenster schiebt sich ein dickes schwarzes Kabel hinaus in die Nacht. Hier muss Krempel im Wert von mehreren tausend Dollar rumstehen.
    Es stinkt nach Jungsschweiß, etwa so, als würde man zwanzig halbwüchsige Typen auskochen und ihre Essenz destillieren. Eau de Mief. Ich steige über leere Bierdosen und fettige Papiertüten, über Klebeband und zerknüllte Papiertaschentücher bis zum Ende des Raums. Dort ist eine Tür, die zu Wolfboys Zimmer führen muss.
    So schlimm wie im Proberaum sieht es in seinem Zimmer nicht aus, aber es ist trotzdem eine ziemliche Rummelbude. Das Bett besteht aus einer Matratze auf dem Boden mit einer Steppdecke, Klamotten quellen aus Mülltüten und ein Getränkekasten dient als Nachttisch. Jemand hat angefangen, die Wände schwarz zu streichen, und dann mittendrin aufgehört. An den Wänden hängen handgemalte und fotokopierte Poster der Long Blinks. Überall stehen wacklige Bücher- und CD-Stapelherum. Ich sauge jedes Detail auf. Hier verbringt er seine Zeit, hier schläft und träumt er. Nur so kann ich herausfinden, wer er ist: durch das, was andere mir erzählen, und indem ich die Augen offen halte.
    »Ich wollte nicht, dass du das siehst.«
    Sofort tue ich so, als hätte ich mich gar nicht umgeschaut. Hier riecht es nicht so schlimm, wahrscheinlich weil direkt das Fenster geöffnet wurde.
    »Mach dir keinen Stress, du müsstest mal mein Zimmer sehen«, lüge ich und gehe zum Fenster. Die frische Luft von draußen streicht über mein Gesicht.
    Wolfboy stellt sich neben mich. Er beugt sich zu mir herüber und streckt den Arm aus. »Wenn du die Linie der Bäume nach rechts verfolgst. Siehst du? Das ist Orphanville.«
    Es ist nicht schwer, die Gebäude in der Dunkelheit auszumachen: vier schwarze, mit gelben Lichtern gesprenkelte Klötze, die aus der Skyline von Shyness herausragen. Sie erinnern ein wenig an die Plexus-Bauten.
    »Da sind sie also hin.«
    »Vielleicht. Hundertprozentig sicher bin ich mir nicht.«
    »Warum war der Gnom dann im Club?«
    »Keine Ahnung.« Wolfboy seufzt.
    »Meinst du, er ist uns nach, um zu sehen, wann wir merken, dass das Feuerzeug weg ist?«
    Wenn das stimmt, wissen sie, dass das Feuerzeug für Wolfboy einen ideellen Wert hat. Das macht mich so wütend, dass ich den Gnom am liebsten hier vor mir hätte, damit ich … Worte würden da nicht ausreichen.
    Ich sehe Wolfboy an, aber er antwortet nicht. Ich binviel wütender als er. Ich beiße mir auf die Lippe, damit ich ihn nicht frage, wie das sein kann, und gucke stattdessen raus zu den Hochhäusern.
    Wenn ich unser Haus abends von draußen betrachte, finde ich es jedes Mal seltsam, dass jedes Licht für eine Familie und ihr tägliches Einerlei steht, Leute, die fernsehen, zu Abend essen oder streiten. Aus der Ferne wirkt das einzelne Licht so unbedeutend, nur ein Stern in einer ganzen Galaxie.
    Wolfboys Handy piepst. Er steht so nah neben mir, dass ich spüre, wie es in seiner Hemdtasche vibriert.
    »Gut«, sagt er, nachdem er die Nachricht gelesen hat. Schnell fährt er sich mit der Hand über die Haare, obwohl sie immer noch perfekt aussehen. »Sie ist da.«

fünfzehn
    Es ist schwer zu sagen, wie alt das Mädchen ist. Ihr T-Shirt ist viel zu groß und sie weicht meinem Blick beharrlich aus. Von Weitem könnte man kaum erkennen, ob sie ein Junge oder ein Mädchen ist.
    Ich zucke zusammen, als Wolfboy mich als Wildgirl vorstellt. Am Anfang war ich hier vielleicht so was wie eine Comicfigur, aber je mehr Stöcke mir in Shyness zwischen die Beine geworfen werden, desto schwieriger lässt sich das Theater aufrechterhalten.
    Sie heißt

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