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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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stabilsten aussieht, und halte mich mit der freien Hand an dem Restgeländer fest. Wildgirl macht es genauso. Die Brücke ist so stark gewölbt, dass ich nicht sehen kann, was uns auf der anderen Seite erwartet.
    Wir haben den Scheitelpunkt gerade überschritten, als unter der Brücke drei Gestalten hervortreten.
    Das ist gar nicht gut.
    Wildgirl lässt ihr Rad los und geht wie in Trance weiter. Ich halte das Rad fest, bevor es umfällt.
    Sämtliche Muskeln in meinem Körper spannen sich an, zu allem bereit.

17
    Sie sind schwarz, weiß und rot gekleidet, das fällt mir als Erstes auf. Zwei Mädchen, ein Junge. Um die dreizehn oder vierzehn, aber mit den Kostümen lässt sich das schwer sagen. Alle drei tragen Rüschenhemden und schwarze Puffhosen. Die Einheiten haben oft eine Kleiderordnung, so wie Träumer gern Weiß tragen und Nekros kahlrasiert sind. Ich lege unsere Räder vor dem Brückenbogen ab. Ich hab jedem von denen mindestens zwanzig Zentimeter und fast genauso viele Kilo voraus. Wenn sie unbewaffnet und nicht auf Zucker sind, müsste ich mit ihnen fertig werden.
    »Wer seid ihr?«, ruft Wildgirl ihnen zu.
    Das größere der Mädchen antwortet. Sie ist ganz offensichtlich die Anführerin, trägt einen großen Napoleonhut und steht vor den anderen beiden. Die Hände hat sie in die Seiten gestemmt. »Holde Maid, die Frage ist wohl eher: Wer rumpelt und pumpelt da über meine Brücke?«
    Keine Sekunde später antwortet Wildgirl: »Also, Wackersteine sind wir nicht, falls du das dachtest. Und wer seid ihr, die drei jungen Geißlein?«
    Die Anführerin verzieht die Lippen. Sie wirft die Zöpfe über die Schultern. Ihr Gesicht ist schmal, sommersprossig und hat einen wachsamen Ausdruck. »Wirsind Trolle, weißt du das nicht? Wir bewachen die Brücke.«
    »Für mich seht ihr eher aus wie Piraten.«
    Wildgirl hat recht. Ich kann dem Gespräch zwar nicht ganz folgen, aber die Kidds sehen wirklich wie Piraten aus. Das kleinere der beiden Mädchen hat sogar eine Augenklappe. Allerdings trägt sie die nicht auf dem Auge, sondern auf der Stirn.
    Augenklappe spricht mit einer schrillen Stimme, die zu ihren spirreligen Armen und den dünnen Haaren passt. »Nei-hein. Wir sind Trolle.«
    Die sind alle nicht ganz dicht, Wildgirl inklusive.
    Die Anführerin geht auf Wildgirl zu und schaut ihr direkt in die Augen. Wildgirl zuckt nicht mit der Wimper, das muss man ihr lassen. Sie starren sich an, bis sie wortlos übereinkommen, sich nicht zu Brei zu schlagen.
    »Wir sind Söldner«, sagt die Anführerin. »Pilzhändler und Brückenwärter.«
    Ich checke, ob die Piraten bewaffnet sind, aber ich kann nichts entdecken. Meine Muskeln entspannen sich und ich gebe die leichte Kauerstellung auf, die ich unbewusst eingenommen habe. Augenklappe trägt einen Weidenkorb, der mit einem Geschirrtuch bedeckt ist.
    »Was zahlen die Kidds euch dafür, dass ihr die Brücke bewacht?«, frage ich die Anführerin.
    Augenklappe tritt einen Schritt vor. »Wir sind keine Sklaven. Wir arbeiten auf eigene Rechnung.« Das soll wohl empört klingen, aber mit der hohen Stimme hört sie sich eher an wie ein kleines Mädchen, das hinten im Garten Feen entdeckt hat.
    »Wir auch«, sagt Wildgirl. »Ich und Bigfoot. Wir sind ausgebildete Ninja. Wir haben drei Jahre lang beim Großen Meister auf einem Berggipfel trainiert.«
    Sie sieht mich verstohlen an und ich verdrehe die Augen. Ein Gespräch unter Irren. Genau das, was wir jetzt brauchen.
    Die beiden Mädchen schauen mich gleichgültig an, dann wenden sie sich wieder Wildgirl zu. Offenbar ziehen sie ihre abwegige Geschichte nicht in Zweifel. Sie haben kapiert, dass Wildgirl nicht von hier ist, und damit ist sie viel interessanter als ich. Der Piratenjunge bleibt zögerlich etwas zurück und beobachtet uns. Um den Kopf hat er einen Schal mit einem Totenkopf und gekreuzten Knochen geschlungen. Ich nicke ihm zu, aber er zeigt keinerlei Regung.
    Wildgirl und die Anführerin haben jetzt beide die Hände in den Taschen, wie bei einem netten Plausch.
    Wildgirl macht eine Kopf bewegung zu Augenklappes Korb. »Was ist da drin?«
    Augenklappe zieht das Geschirrtuch herunter. »Mitternachtspilze. Willst du welche?«
    Wildgirl schüttelt den Kopf, also deckt Augenklappe das Geschirrtuch wieder über den Korb.
    »Was macht ihr hier am Fluss? Solche wie ihr sind sonst nie hier in der Gegend.«
    Zu meiner Überraschung sagt Wildgirl nach dem Ninja-Geschwafel jetzt die Wahrheit. »Wir wollen in Orphanville einbrechen. Die

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